Versuchte Vergewaltigung:Ein Ventil für seine Wut

Hat ein 28 Jahre alter Mann versucht, eine junge Frau zu vergewaltigen? Nein, sagt der Angeklagte - das habe er nicht gewollt. Das Gericht sieht die Sache anders.

Daniela Gorgs

Am Ende trägt der Angeklagte, ein 28-jähriger Mann, das Urteil mit Fassung. Er sieht angestrengt aus. Am Samstag ist er Vater geworden. In einer Verhandlungspause erzählt er stolz von der Geburt. Jetzt, nach der Urteilsverkündung, erkundigt er sich, wo er die 200 Sozialstunden, die er bekommen hat, ableisten kann. Die gemeinnützige Arbeit ist Teil der Bewährungsauflage. Das Schöffengericht hat ihn gestern wegen versuchter sexueller Nötigung und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe von 15 Monaten verurteilt.

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Ein 28 Jahre alter Mann ist wegen versuchter Vergewaltigung verurteilt worden.

(Foto: ag.ddp)

Die Verhandlung zieht sich über fünfeinhalb Stunden hin. In dieser Zeit betont der Angeklagte immer wieder, dass er niemals eine Vergewaltigung im Sinn gehabt habe. Hätte er sexuelle Handlungen geplant gehabt, hätte er im Gewerbegebiet zugeschlagen, nicht in einer Wohngegend. Vor Gericht erklärt er, er habe nur ein Ventil für seine Wut gesucht und das Opfer gepackt und geschubst.

Es war in einer Juni-Nacht vor einem Jahr, als der 28-Jährige mit einem Bekannten nach einer Zechtour in einer Spielothek im Landkreis Dachau gelandet war. Dort war auch die 20-Jährige zu Gast, das spätere Opfer des Angeklagten. Wie der Bekannte bestätigt, sprach der 28-Jährige kurz mit der jungen Frau, die nach einem Streit mit ihrem Freund einsam an einem Tisch saß. Kurz nach halb eins verließ die 20-Jährige das Lokal. Nicht mal fünf Minuten später ging auch der 28-Jährige.

"Meine Wut hätte jeden treffen können"

Was dann passierte, darüber gibt es zwei Versionen. Laut Anklageschrift soll der 28-Jährige die junge Frau verfolgt, sie an den Armen gepackt und zu Boden gedrückt haben. Er soll sich zwischen ihre Beine gekniet und ihr den Mund zugehalten haben. Dies bestätigt das Opfer. Vor Gericht erzählt die 20-Jährige, dass ein Mann sie auf ihrem Heimweg verfolgte. Er überholte sie und packte plötzlich zu. Sie kämpfte, biss den Peiniger in die Hand und schrie. Eine Anwohnerin kam ihr sofort zu Hilfe, der Mann flüchtete. Wie eine Videoaufzeichnung sowie ein DNA-Abgleich ergaben, war der Peiniger der 28-jährige Angeklagte.

Vor der Polizei gab er freimütig zu, dass er der Gesuchte sei. Auch jetzt erklärt er, dass er damals ein Ventil für seine Wut gesucht habe. Er hatte die Zeche nicht zahlen können, sich zuvor mit der Freundin am Telefon gestritten, dann den Bekannten aus den Augen verloren. "Meine Wut hätte jeden treffen können." Er spricht von einer "Frustaktion", die ihm sehr leid tue. Ein medizinisch-psychologisches Gutachten gibt Auskunft über neurotische bis dissoziale Züge seiner Persönlichkeit. Nach einer schweren Kindheit ist wohl sein bislang einziges Lebensglück die Geburt seines Kindes.

Die Staatsanwältin hält ihn für unglaubwürdig. Er habe sein Opfer sexuell nötigen wollen und sei im Versuch stecken geblieben. Für den Verteidiger ist der Vorwurf der versuchten Vergewaltigung nicht nachweisbar. Doch das Schöffengericht hat daran keinen Zweifel. Vorsitzender Richter Lukas Neubeck spricht von einer Spontantat, die beim Opfer zu großen psychischen Verletzungen geführt habe. Das Opfer leidet seit dem Vorfall unter Angstzuständen.

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