Versöhnungskirche Dachau:"Über Dachau geht der Himmel auf"

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Gila Stolzenfuss und Andreas Kloker zeigen am heutigen Donnerstag eine Performance zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus.

Anna Schultes

Der Künstler Andreas Kloker vergleicht seine Arbeit mit der eines Musikers. Mit Wasser macht er Spuren, Bilder und Worte auf einer Schiefertafel sichtbar. "Ich übe mit dem Pinsel wie ein Musiker mit seinem Instrument", sagt Kloker. An diesem Donnerstag gestaltet er gemeinsam mit der Lyrikerin Gila Stolzenfuss eine Performance zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in der Evangelischen Versöhnungskirche auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Dachau. Die beiden Künstler haben ihrer Präsentation den Titel "Wer euch antastet, tastet meinen Augapfel an" aus dem biblischen Buch Sacharja gegeben.

Andreas Kloker malt eigens Bilder für seine Performance mit der Dichterin Gila Stolzenfuss in der Versöhnungskirche. (Foto: oh)

Stolzenfuss hat drei Jahre lang in Dachau gelebt. Unter den Eindrücken ihres Wohnorts hat sie Gedichte geschrieben, in denen sie sich der Frage nach der Existenz Gottes angesichts des entsetzlichen Leids im Konzentrationslager Dachau annähert. Ausgewählte Texte wird Stolzenfuss in der Kirche vortragen. "Orte wie die Gedenkstätte bedürfen kultureller Pflege", sagt sie. Deshalb ist sie gemeinsam mit ihrem Künstlerkollegen an die Evangelische Versöhnungskirche herangetreten. Die Performance haben sie eigens für die Aufführung in Dachau konzipiert. Sie haben sich getroffen und darüber gesprochen, an welchen Punkten die Gedichte und die Wasserzeichnungen sich miteinander verzahnen; wie sich die ganz unterschiedlichen künstlerischen Ausdrucksformen zu einer gemeinsamen Performance verbinden lassen.

Der Kalligraf und Plastiker Andreas Kloker hat sich intensiv mit Dachau als Gedenkort befasst. Er hat nach einem Weg gesucht, die Gräueltaten der Nazis in seiner Kunst zu thematisieren, ohne dabei Bitterkeit aufkommen zu lassen. An sich selbst hat er eine gewisse Empfindlichkeit im Umgang mit der Vergangenheit bemerkt, die ihn auch erschüttert hat. Als er einmal die KZ-Gedenkstätte Dachau besuchte, wurde auf dem Gelände Unkraut entfernt und direkt vor Ort verbrannt. "Das hat mich zunächst irritiert", sagt Kloker. Sein Werk steht auch für eine Verwandlung in der Art, mit der Vergangenheit umzugehen. Die Performance der beiden Künstler soll etwas Positives zum Ausdruck bringen. Oder wie Gila Stolzenfuss sagt: "In der Gedenkstätte geht der Himmel auf." Kloker bezeichnet seine Technik als Elementarzeichnung. 2011 hat der Künstler, der in Schondorf am Ammersee lebt, dafür den Kunstpreis Kloster Benediktbeuern erhalten. In diesem Jahr ist er für den Tassilo-Kulturpreis der Süddeutschen Zeitung nominiert. Bis ins Detail lässt sich sein Werk nie planen - deshalb ist die Vorführung auch für Kloker selbst immer wieder spannend.

Durch das Wasser, das der Künstler mit dem Pinsel aufträgt, erscheinen Spuren auf der Schiefertafel. Wärme und Luft lassen neue Bilder entstehen, die sich dann wieder verflüchtigen. Es ist ein Zyklus von Werden und Vergehen. "Wenn das Bild verschwunden ist, bleibt trotzdem etwas, das weiterlebt", beschreibt es Kloker selbst. Auch hier zieht er einen Vergleich mit der Musik heran: Es sei wie ein Lied, das verklungen, aber nicht vergessen ist.

Die Gedenk-Performance beginnt an diesem Donnerstag, 14. Juni, 19.30 Uhr in der Evangelischen Versöhnungskirche. Es besteht die Möglichkeit, nach der Vorführung zur S-Bahn zu kommen. Parkmöglichkeiten gibt es an der Kirche, Einfahrt durch das Tor nach dem dritten Wachturm an der Alten Römerstraße.

© SZ vom 14.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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