Versammlung in Sulzemoos:Selbstvergewisserung

Mehr als 50 Jahre nach seinem Tod gedenkt die Bayernpartei unverdrossen ihres ehemaligen Vorsitzenden Joseph Baumgartner. Im Herbst will die Partei nach Jahrzehnten wieder in den Landtag einziehen

Von Renate Zauscher, Sulzemoos

Es dürfte kaum einen bayerischen Politiker geben, dem mehr als ein halbes Jahrhundert nach seinem Tod noch so viel Ehre erwiesen wird wie Joseph Baumgartner. Alljährlich zu seinem Todestag am 21. Januar kommen Vertreter der Bayernpartei (BP), deren langjähriger Vorsitzender Baumgartner war, nach Sulzemoos, um eine Gedenkmesse zu feiern und am Grab des Politikers an den Mann zu erinnern, der, aus kleinen Verhältnissen kommend, nach dem Krieg hohe Ämter in der bayerischen Regierung inne hatte, um zuletzt in der sogenannten "Spielbankaffäre" zu Fall zu kommen.

Am Samstag, einen Tag vor seinem Todestag, kamen sie in Sulzemoos aus dem ganzen Freistaat zusammen: Hubert Dorn, Generalsekretär der BP, der Landesvorsitzende Florian Weber und Josef Paintner, der kommissarische Kreisvorsitzende der BP in Dachau. Hartwig Obermüller, Pfarrer in Ruhestand und selbst BP-Mitglied, feierte wie in all den Jahren vorher die Messe und predigte davon, wie wichtig es sei, aufrecht zu seinen Idealen zu stehen.

Das Fähnlein der Aufrechten allerdings, die bei der Gedenkfeier immer noch dabei sind, ist über die Jahre kleiner geworden. Und es sind deutlich weniger Trachtenjanker und Gamsbärte als früher zu sehen, die in anderen Jahren noch das Bild beherrscht haben. Nur etwa ein knappes Dutzend Menschen aus dem Ort saß diesmal in den Kirchenbänken, die meisten von ihnen ältere Leute, darunter auch noch Nachkommen aus der Familie Baumgartner. Immerhin: Eine Abordnung der Blaskapelle Odelzhausen lieferte die richtige musikalische Begleitung und zum Ende der Messe sang man gemeinsam die Bayernhymne.

Bayernpartei Gedenkfeier

Aus dem ganzen Freistaat reisen jährlich Mitglieder der Bayernpartei in den Landkreis Dachau, um Joseph Baumgartner zu ehren. Geboren 1904 in Sulzemoos, starb Baumgartner mit 59 Jahren 1964 an einem Schlaganfall in München. Beerdigt ist er in seinem Heimatort.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Vergessen ist der Name Baumgartner in Sulzemoos trotz der kleiner werden Zahl der Menschen, die ihn noch gekannt haben, nicht. Schließlich war und ist man stolz auf den Mann, der aus einem kleinen landwirtschaftlichen Betrieb stammte, nach dem Krieg die CSU mit gegründet hat und 1948 zur neuen Bayernpartei wechselte, um bald auch den Vorsitz der Partei zu übernehmen. Baumgartner lehrte nicht nur an der landwirtschaftlichen Hochschule in Freising, sondern bekleidete mehrfach das Amt eines Landwirtschaftsministers und war zeitweilig stellvertretender Ministerpräsident. Die "Spielbankaffäre", bei der es um den Vorwurf von Korruption und Falschaussage ging und in deren Verlauf Baumgartner - zu Unrecht, wie Hubert Dorn betont - verurteilt wurde, hat, vor dem Hintergrund des Zerwürfnisses zwischen CSU und BP, Baumgartners letzte Lebenszeit überschattet und wohl auch zu seinem frühen Tod mit nur 59 Jahren 1964 beigetragen.

So tragisch Joseph Baumgartners Ende auch gewesen sein mag: Für die Bayernpartei ist die Feier seines Todestags immer auch eine willkommene Gelegenheit zur Selbstdarstellung. "Wenn Joseph Baumgartner heute auf uns herunterschauen könnte, dann würde er mit Wohlgefallen betrachten, wie sich seine Partei entwickelt hat", sagt der BP-Landesvorsitzende Weber am Grab. 6000 Mitglieder habe die Partei heute, so Weber, und nach der vergangenen Wahl habe man statt bislang nur einen jetzt sechs Vertreter in die bayerischen Bezirkstage schicken können. Noch ist die BP nicht im Landtag vertreten, aber "das fehlende Prozent, das holen wir auch noch", ist sich Hubert Dorn sicher.

Bayernpartei Gedenkfeier

Eine Abordnung der Blaskapelle Odelzhausen liefert die musikalische Begleitung in der Pfarrkirche Sulzemoos.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Beim gemeinsamen Mittagessen im Schlossbräustüberl Odelzhausen stellte Dorn seine Vision von der Zukunft vor. Er wünscht sich ein souveränes, christlich geprägtes Bayern in einem europäischen Bund föderaler Staaten, der allerdings nicht so zentralistisch ausgerichtet sein dürfe wie das heutige Europa, das "umgestaltet" werden müsse. Was die künftige Bundesregierung angeht, so gehört seiner Meinung nicht nur Angela Merkel "weg", sondern ebenso auch Schulz von der SPD und Seehofer von der CSU: "Neue, kreative Kräfte" müssten ans Ruder kommen. Was das Verhältnis zur CSU angeht, so ist dieses ohnehin gespalten: Einerseits soll "Schluss sein" mit der "schwarzen Vergangenheit" zugunsten einer "weiß-blauen Zukunft", andererseits aber "freut" sich Dorn schon auf Markus Söder. Der nämlich habe die Forderung nach einem bayerischen Migrationsgesetz und nach Polizei an Bayerns Grenzen "direkt von der BP abgeschrieben". Dorn bestreitet, "braun" oder "fremdenfeindlich" zu sein. Seine eigenen Vorstellungen, wie mit Flüchtlingen umgegangen werden solle, fasst er in kurzen, markigen Sätzen zusammen: Recht müsse Recht bleiben und "wer nicht hierher gehört, muss wieder heim". Von dem guten halben Dutzend seiner Parteifreunde im Raum bekommt Dorn kräftigen Beifall.

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