Vernissage im Museumsforum:Derbe Typen in Lederhosen

"Der Dachauer Bauer in der Karikatur" verspottet das ehemalige Landleben

Von Dorothea Friedrich, Altomünster

Aktuell zeigt Robert Gasteiger, Volkskundler aus und mit Leidenschaft, im Augustiner Chorherrenmuseum zu Markt Indersdorf in der Ausstellung "Statussymbol Trachtenschmuck" wertvolle Stücke aus seiner umfangreichen Sammlung (bis zum 29. September). Das war dem Brauchtumsexperten aber noch nicht genug. Im Museumsforum Altomünster sind seit dem vergangenen Sonntag Exponate zum nicht immer lustigen Thema "Der Dachauer Bauer in der Karikatur" zu sehen (bis zum 6. August). Zusammen mit Historiker Wilhelm Liebhart, dem Vorsitzenden des Museumsvereins Altomünster, hat Gasteiger die sehenswerte Ausstellung gestaltet und einen umfangreichen Katalog erstellt. Gezeigt werden grafische, bildliche und figürliche Arbeiten, darunter viele wertvolle und seltene Originale von renommierten Künstlern. Teils plakatgroße Reproduktionen ziehen die Blicke magisch an.

So hätte man beispielsweise dem feinsinnigen Ignaz Taschner gar nicht zugetraut, eine so boshafte Fratze zu Papier zu bringen wie die, die den Besucher übergroß angrinst. Ein dickes, fettes Schweinegesicht ist das. Hässlich, unsympathisch, geradezu verschlagen schaut dieses üble Klischee eines Herrenbauern aufs Vernissagenpublikum, darunter Bezirkstagspräsident Josef Mederer, der CSU-Landtagsabgeordnete Anton Kreitmair in seiner Eigenschaft als oberbayerischer Bezirkspräsident des Bayerischen Bauernverbandes, die drei Bürgermeister der Marktgemeinde, Anton Kerle, Josef (Fips) Wiedmann und Wolfgang Graf, die Kreisheimatpflegerin Birgitta Unger-Richter und Edgar Forster in Dachauer Tracht als Vertretung von Landrat Stefan Löwl.

Ansonsten waren am Sonntag, dem Anlass angemessen, Dirndl und Trachtenjanker angesagt. Was perfekt mit der Musik des Trios "Grod no" und dem Auftritt des Dachauer Gebirgstrachtenerhaltungsvereins "d'Schloßbergler harmonierte. Bezirksheimatpfleger Norbert Göttler ging den Ursprüngen der weit verbreiteten Fama vom dümmlich-gerissenen Dachauer Bauern nach, der so gerne als kleiner Mann mit dickem Kopf und dürren Beinen, als sauf- und rauflustig und ohne Manieren beschrieben wurde und gewissermaßen zum Synonym für ein rückständiges Land wurde. So schrieb der Preußenkönig Friedrich II., genannt der Große: "Bayern ist das fruchtbarste Land Deutschlands, und das mit dem geringsten Geist ... es ist das irdische Paradies, bewohnt von wilden Tieren." Kein Wunder, denn zu jener Zeit waren sich die beiden Länder nicht nur in herzlicher Abneigung verbunden, allen Tatsachen zum Trotz galt Bayern immer noch als Entwicklungsland. Aber auch die Wittelsbacher trugen mit ihren höfischen Komödien zur Verfestigung des Klischees bei: War ein derber Typ gefragt, konnte es nur ein Bauer aus dem Hinterland sein. Schließlich sei man seinerzeit "eher in den Norden der Landeshauptstadt orientiert gewesen", sagte Göttler. Das setzte sich fort mit den Sommertheatern für die Touristen, die nach dem Bau der Eisenbahn in Bayerns Süden strömten, steigerte sich fast exzessiv bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert, als Münchner Künstler zuhauf die Freilichtmalerei entdeckten und ins Dachauer Land und ins Moos kamen.

So inspirierend die Landschaft für sie war, wie gerade in der Dachauer Gemäldegalerie in der Ausstellung "125 Jahre Münchner Secession" zu sehen ist, so dreist persiflierten die Maler die Menschen der Region, ihre Traditionen und ihre Kleidung auf ihren Festen in der Landeshauptstadt. Der Dachauer Taschner entwarf für die "Bauern-Kirta" des Vereins Deutscher Kunststudierender das Plakat. Andere Künstler ließen das Individuum zum Stereotyp verkommen. "Original Dachauer Bauernkapellen" aus Wien, derbe Gassenhauer und geschmacklose Couplets trugen das Ihre dazu bei. Das ging noch bis in den ersten Weltkrieg hinein, als sogenannte Witzpostkarten die Soldaten an der Front aufmuntern sollten.

"Ein Klischee verkauft sich gut", sagte Göttler, "aber es ist eine Gratwanderung, es kann zu Ausgrenzung führen. Insofern ist "Der Dachauer Bauer in der Karikatur" nicht nur eine gelungene Spurensuche mit hochwertigen Exponaten, sondern zugleich auch eine Mahnung, die Grenzen zur Respektlosigkeit nicht zu überschreiten.

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