Vernissage im Museum Altomünster:Eintauchen in eine eiskalte Welt

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Ernst Bachmeier verarbeitet seine Reiseimpressionen in großformatigen Aquarellen, Tuschezeichnungen und Radierungen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Der Künstler Ernst Bachmaier nimmt die Besucher des Museums Altomünster mit auf eine faszinierende Reise an entlegene Orte

Von Dorothea Friedrich, Altomünster

Die Arktis oder Spitzbergen sind gerade bei Reise-Trendsettern absolute Hotspots, das russische Kamtschatka dagegen eher weniger. Einer, der diese Länder und noch viele weitere mit anderen Augen gesehen hat und sieht, ist Ernst Bachmaier. Ihm hat der Heimat- und Museumsverein Altomünster nun eine große Ausstellung gewidmet. Am Sonntag war Vernissage im Museumsforum.

Ihr Titel "Reisebilder" suggeriert womöglich, dass hier jede Menge Fotos zu sehen sind. Doch weit gefehlt. Großformatige Aquarelle, Tuschezeichnungen und Radierungen beherrschen die Szenerie, lenken den Blick ab von den kunstvollen kleinen Radierungen, die sich fast in den Vitrinen im oberen Stockwerk verstecken. An der Entstehung aller Arbeiten des mittlerweile 79-jährigen Bachmaier haben allerdings Fotos ihren Anteil - ebenso wie am Zustandekommen dieser Schau. Bachmaier schreibt dazu im Ausstellungskatalog: "Ich fotografiere schon viel, aber anders als die meisten. Ich brauche keine Sonne, keine Personen im Vordergrund, Perspektive, und wo die Schärfe ist, interessiert mich nur wenig. Was kann ich daraus machen, wie wird das Foto zum Bild, was habe ich gesehen? Was habe ich empfunden, wie war die Lichtstimmung? Wie die Farbstimmung?" Zusätzlich hat er auf seinen Reisen immer einen Zeichenblock und Wasserfarben dabei. Fotos und Aquarelle benutzt er nicht als Vorlagen, sondern als Inspiration. So entstehen eindrückliche "Reisebilder" der anderen Art. "Grauer Eisberg" etwa spielt nicht mit den ansonsten so wortreich beschriebenen und verharmlosenden Schattierungen von Weiß und Blau, sondern entfaltet ein bedrohliches Szenario. Und dennoch oder gerade deshalb möchte man in diese eiskalte Welt eintauchen, in ihr versinken. Ein "Totenschiff" in Mischtechnik führt unweigerlich zum Nachdenken - nicht unbedingt über das eigene Ende, eher darüber, dass womöglich das Schiff selbst tot ist, gestrandet an irgendeiner leergefischten Bucht, verlassen und dem Verfall preisgegeben. Also doch so etwas wie das Sinnieren über die nur zu gerne verdrängten letzten Dinge. Geradezu heiter mit seinen pastosen Farben wirkt dagegen der Jahreszeiten-Zyklus an seinem prominenten Platz - und ist doch ein forderndes Verwirrspiel, auf den ersten Blick eine Art Vexierbild, auf den zweiten so etwas wie ein Kalendarium der Jahreszeiten und der Emotionen, wie es eine Fotoserie nicht wiedergeben könnte.

Fotografie war auch der Auslöser für die aktuelle Bachmaier-Ausstellung. Auf einer Wolga-Schiffsreise haben die Altomünsterer Brigitte Gasteiger und ihr Mann Rolf den Künstler kennengelernt. Er habe so gar nichts Künstlerhaftes an sich gehabt, sagt Brigitte Gasteiger in ihrer Ansprache bei der Vernissage. Ihr sei lediglich aufgefallen, dass er statt der üblichen Touristenmotive "Fotos von Rostfahnen und Flechtenbewuchs an den ganz nah vorbeiziehenden Schleusenwänden" gemacht habe, "ein genießerisches Lächeln auf den Lippen". Doch bald sei ihr klar geworden: "Da hat einer ein echtes Anliegen, den Augenblick festzuhalten." Ihr eigenes Anliegen war schnell offensichtlich: Sie wollte eine Bachmaier-Ausstellung in Altomünster und stieß beim Heimat- und Museumsverein auf offene Ohren und Augen. Dass ein Ensemble des Alto-Chors dann auch noch zur Eröffnung Russisch singt und "What a wonderful World", darf durchaus als Reverenz an den Künstler verstanden werden.

Dieser wirkt kein bisschen alterweise, sondern lebenssprühend und dynamisch. "Ich mache, was mir Spaß macht und nehme keine Rücksicht auf den Geschmack der anderen. Ich male, wenn ich das Bedürfnis habe", ist ebenfalls im Katalog bei den vielen "Gedanken von Ernst Bachmaier" zu lesen. Gut nur, dass Bachmaier sich zudem einen Appell des großen HAP Grieshaber zu eigen gemacht hat und am Wörthsee eine eigene Druck- und Radierwerkstatt betreibt: "Drucken ist der Rausch des Machens und gleichzeitig Kontrolle darüber. Spannung, Gewalt des Ausdrucks, Triebkraft, Radikalität, die uns das Gesetz des Computers für immer wegnehmen will. Drucken ist stets eine junge Kunst gewesen. Lasst sie euch nicht nehmen!" In diesem Sinne: Bleiben Sie jung und radikal, Herr Bachmaier.

Die Ausstellung "Reisebilder" ist noch bis zum 28. April im Museum Altomünster zu sehen. Öffnungszeiten: Donnerstag bis Samstag von 13 Uhr bis 16 Uhr, Sonntag von 13 Uhr bis 17 Uhr.

© SZ vom 12.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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