Verkehrsunfallstatistik 2017:Aggressives Verhalten auf den Straßen

Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Verkehrsunfälle im Jahr 2017 gesunken, doch über die Jahre gesehen steigt sie deutlich an. Die Polizei setzt auf Prävention, gefährliche Kreuzungen werden entschärft

Von Benjamin Emonts, Dachau

Weniger Tote und weniger Unfälle: Die Verkehrsunfallstatistik der Polizeiinspektion Dachau für das Jahr 2017 zeigt eine erfreuliche Tendenz. Die Zahl der Verkehrsunfälle im Landkreis Dachau ist demnach im Vergleich zum Vorjahr um 172 gesunken - auf insgesamt 4833. Im Vergleichsjahr 2016, das muss jedoch berücksichtigt werden, hatte die Polizei mit erstmals mehr als 5000 Unfällen einen absoluten Negativrekord verbucht. Über die Jahre betrachtet steigt die Zahl der Unfälle im Landkreis deutlich an. Der Dachauer Verkehrpolizist Richard Wacht sagt dementsprechend pessimistisch: "Wir gehen davon aus, dass sich der Anstieg in den kommenden Jahren weiter fortsetzt."

Wacht sollte wissen, wovon er spricht, er ist schon dabei, seit die Unfallstatistik im Jahr 1975 zum ersten Mal erhoben wurde. Allein in den vergangenen 20 Jahren habe sich die Zahl der Unfälle im Landkreis verdoppelt, betont er. Die Gründe sind offensichtlich. Mit der rasant zunehmenden Bevölkerungszahl im Ballungsraum München habe auch der Verkehr und damit die Zahl der Unfälle zugenommen. Die Zahl der zugelassenen Kraftfahrzeuge steige kontinuierlich an. Die Straßen und Verkehrswege aber wuchsen nicht schnell genug mit. Um die Unfälle auf Dauer reduzieren zu können, appelliert Wacht deshalb an die Bürger: "Steigen Sie auf die öffentlichen Verkehrsmittel um."

Der Landkreis Dachau zählt zu den verkehrsreichsten Bayerns, insofern kann der Rückgang der Unfallzahlen durchaus als Erfolg gewertet werden. Die Dachauer Polizei und die Kommunen setzten verstärkt auf Geschwindigkeitskontrollen als Präventivmaßnahme. Unfallschwerpunkte wurden durch Sichtverbesserungen, Tempo-Limits oder Ampelanlagen bewusst entschärft. Die Anzahl der Verkehrsunfälle, die sich durch zu hohe Geschwindigkeit ereigneten, ist dadurch von 187 im Vorjahr auf 165 gesunken. Wegen überhöhter Geschwindigkeit kam niemand zu Tode im vergangenen Jahr. Die Zahl der Verkehrstoten sank von neun auf vier. Bei den Verstorbenen handelte es sich um einen gestürzten Radfahrer, um eine Beifahrerin, die bei einem Auffahrunfall auf der B 471 ums Leben kam, einen Autofahrer, der einen Frontalzusammenstoß auf der B 13 nicht überlebte sowie eine Radfahrerin, die beim Überqueren der Gleise von einer S-Bahn erfasst wurde.

In der Stadt Dachau krachte es deutlich seltener. Die Zahl der Unfälle dort sank von 1887 im Vorjahr auf 1773, das entspricht einem Rückgang von immerhin sechs Prozent. Verkehrsexperte Wacht lobt, dass bekannte Unfallschwerpunkte und -strecken konsequent verbessert oder beseitigt worden seien. Als Beispiel führt er zwischen Dachau und Hebertshausen die viel befahrene Kreuzung der Alten Römerstraße mit der Freisinger- und der Prittlbacher Straße an. Seit vergangenem Jahr regelt dort eine Ampelanlage den Verkehr. Die Zahl der Unfälle ist seither von 20 auf einen einzigen gesunken.

Besorgt blickt die Dachauer Polizei auf die weiterhin sehr hohe Zahl der Unfallfluchten, die im Vergleich zum Vorjahr (957) nur marginal auf 933 gesunken ist. Verkehrspolizist Wacht appelliert an den Anstand der Verkehrsteilnehmer, sich ihrer Verantwortung zu stellen, falls sie ein anderes Fahrzeug angefahren haben. Die meisten Unfallfluchten ereigneten sich im Parkverkehr. Wacht macht deutlich, dass es sich bei einer Unfallflucht nicht um eine Bagatelle, sondern um eine Straftat handelt. "Sie wird meistens mit einem halben bis zu einem dreiviertel Jahr Führerscheinentzug geahndet", warnt er. Um den Flüchtigen auf die Schliche zu kommen, fordert Wacht die Mithilfe und Zivilcourage der Bürger. "Melden Sie sich als Zeuge. Bei der nächsten Unfallflucht könnten Sie selbst das Opfer sein."

Ebenso auffällig ist laut Wacht das zunehmend aggressive Verhalten der Verkehrsteilnehmer, die offenbar ihren Alltagsstress auf der Straße abbauen. Auf der B 471, das war der Extremfall, stiegen zwei Fahrer kurzerhand aus ihren Autos und prügelten aufeinander ein. Ansonsten entluden sich die Aggressionen meist in Nötigungen durch dichtes Auffahren, in Beleidigungen durch diverse Handzeichen oder unnötiges Hupen und Aufblenden bis hin zu gegenseitigem Ausbremsen.

Ein leichter Rückgang ist bei Wildunfällen festzustellen; ihre Zahl sank von 1016 im Vorjahr auf 979. In den meisten Fällen kommt es zu Kollisionen zwischen Autos und Rehen, meist in den Morgenstunden zwischen 5 und 9 Uhr oder abends oder nachts zwischen 17 und 24 Uhr. Grundsätzlich mahnt die Polizei, die vorgeschriebene Geschwindigkeit einzuhalten. Sie kündigt an, die Kontrollen weiter zu verschärfen. Ein Mann, der im Oktober zwischen Indersdorf und Langenpettenbach mit 226 Kilometern pro Stunde geblitzt wurde, erhielt bereits mehrere Monate Fahrverbot und einen vierstelligen Bußgeldbescheid.

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