Eine Schulklasse steht auf dem Pausenhof der Verbandsgrundschule, alle halten sie bunte Heliumballons in der Hand und warten gespannt auf das Signal, diese steigen lassen zu dürfen. In ihrem Hintergrund sieht man das Projekt, das an diesem Dienstagnachmittag im Mittelpunkt steht: das neu entstandene Schulhaus. Vertreterinnen und Vertreter der Landeshauptstadt München, der Gemeinde Karlsfeld und des Landkreises Dachau sind gekommen, um die Einweihung ihres Gemeinschaftsprojektes zu feiern. Unter dem Applaus der anwesenden Gäste enthüllen sie feierlich zwei Einweihungstafeln, die Übergabe des Baus ist damit offiziell. Die Schülerinnen und Schüler lassen ihre Ballons gen Himmel steigen, die meisten schaffen es an den großen Baumkronen der auf dem Pausenhof stehenden Eichen vorbei. Die Menschenmenge begibt sich für den Festakt in die Turnhalle der Schule.
Es ist ein Vorzeigeprojekt, das hier entstanden ist. Zwei dreigeschossige, würfelförmige Gebäudeteile, verbunden im Erdgeschoss, bilden den Gebäudekomplex. Die weitgehend aus großen Fensterfronten bestehende Fassade, die in allen Stockwerken rundum Balkone hat, macht einen offen und freundlichen Eindruck. Das Gebäude selbst ist umgeben von drei Pausenhöfen und einem Schulgarten, es gibt zwei Lichthöfe mit Kunst am Bau, den lebensgroßen Bildern zweier Eschen, die für den Neubau weichen mussten. Das Grundstück bietet zudem Zugang zur Würm. Beide Flachdächer sind begrünt und mit Photovoltaikanlagen versehen, das Regenwasser wird direkt auf dem Gelände versickert. „Es ist, glaube ich, an alles gedacht worden, an was man nur denken kann“, sagt Detlev Langer, Stadtdirektor Hochbau der Landeshauptstadt München.



Seit Herbst vergangenen Jahres bereits läuft nun der Schulbetrieb der Grundschule wieder im Neubau, nach sechs Jahren baubedingtem Unterricht im nebenstehenden Container-Ausweichquartier. Der entstandene Neubau ist das Ergebnis jahrelanger Planung und Arbeit. Er entspringt dem ersten Schulbauprogramm der Stadt München und geht auf eine Entscheidung vor etwas mehr als zehn Jahren zurück: Ein Neubau der Verbandsgrundschule sollte her, der den 1965 entstandenen Vorgängerbau ersetzen sollte; aufgrund des festgestellten Sanierungsbedarfs und des prognostizierten Anstiegs der Schülerzahl. Ein entsprechender Beschluss von Gemeinde- und Stadtrat ebnete schließlich den Weg.
Herausforderungen gab es mehr als genug. Zum einen sollte der Schulbetrieb trotz großer Baustelle durchgehend auf dem Schulgelände fortgeführt werden. Man entschied sich daher für eine Realisation in zwei Bauphasen, beginnend 2019. Zudem musste der alte Baumbestand sowie die Würm in die Planungen einbezogen werden. Die Corona-Pandemie war allerdings eine der größten Herausforderungen, die letztlich auch für ein Jahr Verzögerung sorgte. Nun, am Tag der Einweihung scheinen alle Beteiligten stolz auf das allen Unwägbarkeiten zum Trotz umgesetzte Projekt zu sein. Sogar im finanziellen Rahmen sei man geblieben, merkt Detlev Langer an.
Die Grundschule ist nach dem Münchner Lernhauskonzept gebaut
Entstanden ist eine sechszügige Grundschule mit Ganztagsbetreuung, die auf dem sogenannten „Münchner Lernhauskonzept“ beruht. Die rund 600 Schülerinnen und Schüler – zwei Drittel Karlsfelder, ein Drittel Münchner – lernen in besagten Lernhäusern, in denen die Klassenzimmer transparent und überblickbar gestaltet und um einen zentralen großen Raum angeordnet sind. Große, bewusst farbenfroh und hell gestaltete Räume sollen das Lernklima unterstützen. Im Gegenzug zu „herkömmlichen Flurschulen“, wie Stadtschulrat Florian Kraus sie nennt, biete dieses Konzept neue pädagogische Möglichkeiten: Lehrkräfte könnten gezielt auf die Bedürfnisse einzelner Schüler eingehen, um so dem Ziel von Bildungsgerechtigkeit näherzukommen. Das Lernhauskonzept stehe zudem für gelebte Demokratiebildung durch Partizipation im gemeinsam genutzten Raum in der Mitte, so Kraus. Der Plan scheint aufzugehen: Man verzeichne bei Gebäuden dieser Art weniger Vandalismus sowie weniger Mobbing, erklärt er.
Julia Schönfeld-Knor, SPD-Stadträtin aus München, die bei dem Festakt Oberbürgermeister Dieter Reiter vertritt, lobt die gute Zusammenarbeit der verschiedenen Ebenen, „Karlsfeld und München ziehen an einem Strang“, sagt sie. Auch die anderen Redner loben die gute Kooperation über Stadtgrenzen hinweg, wie es nun in diesem Projekt, sowie seit über 60 Jahren im Schulverband Karlsfeld zwischen der Landeshauptstadt München, der Gemeinde Karlsfeld und dem Landkreis Dachau geschehe. Für das momentan entstehende Gymnasium Karlsfeld - ebenfalls eine interkommunale Kooperation - wolle man ebenfalls diesem Weg erfolgreicher Zusammenarbeit folgen, so Landrat Stefan Löwl (CSU).
Ursula Weber, Direktorin seit 2002, hat den gesamten Entstehungsprozess begleitet. Die Zusammenarbeit sei über die Jahre immer besser geworden, „in den letzten Jahren hat es hervorragend geklappt“, sagt sie. Die nun entstandene Schule sei modern und innovativ und damit „ein sichtbares Zeichen dafür, dass Bildung Zukunft bedeutet“. Und, das ist ja vielleicht das Wichtigste bei einer Schule: „Man merkt, dass die Kinder sich wohlfühlen.“