Süddeutsche Zeitung

Verabschiedung:Der beispiellose Gerhard Weber

Fraktionssprecher, Bürgermeister und Vertreter von Behörden ehren den Verwaltungsfachmann zum Abschied. Als engster Mitarbeiter des Altlandrates Hansjörg Christmann hat er 39 Jahre lang den Landkreis mitgestaltet

Von Wolfgang Eitler, Dachau

Vielleicht ist der Trick von Maria Weber für alle gestressten Ehefrauen ein richtig guter Tipp. Also: Nehmen Sie das Handy oder den Terminkalender ihres Gatten und tragen Sie die Termine ihrer Wahl einfach ein. Beispiel: Babysitten, Mittwoch, 18 Uhr. Essen gehen, Freitag, 20 Uhr. Sie ersparen sich auf diese Weise die ständigen Debatten darüber, was geht oder angeblich nicht geht - wegen beruflicher Termine und so. Denn einmal eingetragene Daten wirken bekanntlich unmittelbar, scheinen unumstößlich. Eben dieses Geheimnis seiner funktionierenden Beziehung verriet der scheidende Verwaltungsdirektor des Dachauer Landratsamts, Gerhard Weber, auf seiner Verabschiedung im Großen Sitzungssaal den Fraktionsvorsitzenden des Kreistags, den Bürgermeistern des Landkreises (alle waren gekommen) und Vertretern zahlreicher Behörden des Freistaats Bayern.

Landrat Stefan Löwl und sein Vorgänger Hansjörg Christmann (beide CSU) würdigten die Verdienste Webers für den gesamten Landkreis. Denn nicht erst als Verwaltungsdirektor, sondern schon als Pressesprecher des Landratsamtes war er bei allen Entscheidungen maßgeblich eingebunden. Hansjörg Christmann schätzte besonders das Verwaltungswissen und kommunalpolitische Geschick seines jahrelangen engsten Mitarbeiters und knüpfte denn auch eine lange Girlande der Verdienste von Gerhard Weber. Hätte Weber, sagte Christmann, Jura studieren dürfen, wäre er heute nicht nur von einem Landrat verabschiedet worden, sondern von einem Minister. Weber sei eine beispiellose Karriere gelungen, vom kleinen Beamtenanwärter im Landkreis Aichach-Friedberg über die Gemeinde Markt Indersdorf zu einem Gestalter des Landkreises Dachau, sagte der Altlandrat.

39 Jahre lang war Gerhard Weber im Landratsamt tätig, und er war die graue Eminenz des Landkreises, der Mann im Hintergrund. Das wollte er selbst so. Und ein geflügeltes Wort unter den Mitarbeitern der Behörde lautete, dass der Landrat immer da sei, auch wenn er nicht anwesend sei. Nach der Wahl von Stefan Löwl als Christmanns Nachfolger im Jahr 2014 zog sich Weber aus der Öffentlichkeitsarbeit zurück und übernahm die Aufgabe eines Verwaltungsdirektors. "Er hielt die Fäden zusammen", hieß es unisono auf dem Empfang am Dienstagabend im Landratsamt in der Stadt Dachau. Jetzt will Weber erst einmal seinen ältesten Sohn in New York besuchen, dann dem Jüngeren beim Hausbau helfen und sich überhaupt mehr der Familie widmen. Gut möglich, dass seine Frau dann ihre Termine nicht mehr im Handy des Gatten speichern muss. Seinen Abschied wollte er unbedingt in der Behörde selbst feiern. Er erinnerte an den Wandel der Arbeit in den vergangenen 39 Jahren. Damals habe der Kreistag darüber beraten, ob der Landrat ein Autotelefon benötige. Und eine elektrische Schreibmaschine habe schon als technische Errungenschaft gegolten. Einen Wunsch gab er dem Kreistag noch mit: "Meinen Siebzigsten würde ich gerne im neuen Landratsamt feiern." Dazu müssen sich Kreistag, Kreisbauamt und ganz besonders sein Nachfolger Gerd Müller ranhalten. Der Finanzchef des Landkreises rückt für Weber nach. Der sprach von einer "sehr guten Wahl".

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SZ vom 23.05.2019
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