Verkehrsstudie:Flaschenhals Karlsfeld

44 000 Kraftfahrzeuge werden täglich auf der Münchner Straße an der Stadtgrenze zu München gezählt. Der Durchgangsverkehr macht fast die Hälfte aller Autofahrten im Gemeindegebiet aus.

Von Walter Gierlich

Verkehrsstudie: Ein gewohntes Bild: Autos stauen sich im Berufsverkehr durch Karlsfeld.

Ein gewohntes Bild: Autos stauen sich im Berufsverkehr durch Karlsfeld.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Keine andere Gemeinde im Landkreis Dachau ist so vom Verkehr geplagt wie Karlsfeld. Schon lange sucht man nach Lösungsmöglichkeiten - bisher vergeblich. Daher hatte die Gemeinde dem Münchner Büro Gevas, Humberg und Partner den Auftrag für einen umfassende Verkehrsentwicklungsplan erteilt. Umfassendes Datenmaterial wurde jetzt den Gemeinderäten vorgelegt. Bis zum kommenden Frühjahr werden die Gevas-Experten daraus ein Verkehrsmodell entwickeln, das Grundlage für Konzepte sein soll. "Ein riesengroßer Datensatz ist notwendig, weil kleinteilig nichts zu machen ist", sagte der Verkehrsreferent des Gemeinderats, Bernd Wanka (CSU) der SZ. Er hatte seinerzeit den Antrag für einen Verkehrsentwicklungsplan gestellt.

Der enorme Datenberg, den die Experten des Verkehrsbüros zusammengetragen haben, stammt aus Zählungen und Befragungen an einem Stichtag im Mai. Das Auffälligste an den Ergebnissen war für Christoph Hessel, der zusammen mit Julia Brummer die Ergebnisse präsentierte, "die sehr hohe Belastung auf der Münchner Straße". 33 000 Fahrzeuge täglich werden auf der Bundesstraße 304 am nördlichen Ortseingang gezählt, 44 000 sind es im Süden an der Münchner Stadtgrenze. Unter diesen Verkehrsteilnehmern fahren 73 beziehungsweise 68 Prozent lediglich durch. Dieser Durchgangsverkehr ist in Hessels Augen das Hauptproblem. "Das ist wie eine Sanduhr": Der Berufsverkehr aus Dachau und dem Hinterland müsse sich durch Karlsfeld quetschen, um sich dann in München wieder zu verteilen.

Doch nicht nur auf der B 304 ist der Durchgangsverkehr stark: Rechnet man alle etwa 77 000 Autofahrten täglich im Gemeindegebiet zusammen, so sind mehr als 37 000 oder 48 Prozent reiner Durchgangsverkehr. Im Gesamtverkehr, der täglich knapp mehr als 100 000 Fahrten per Kraftfahrzeug, Fahrrad oder Bus ausmacht, ergibt das eine Quote von 37 Prozent. Fast 22 000 Verkehrsbewegungen täglich führen nicht über die Gemeindegrenzen hinaus. Diese Binnenfahrten machen 21 Prozent aus. "Da müssen sich die Karlsfelder auch selber an die Nase fassen", sagte Christoph Hessel.

Deutlich weniger als das Auto benutzen die Karlsfelder Fahrrad oder Bus. Lediglich 17 Prozent aller Strecken werden mit dem Fahrrad zurückgelegt, wobei die Zählungen ergaben, dass entlang der Münchner Straße die meisten Radler unterwegs sind: 1210 wurden in einem Zeitraum von acht Stunden in Höhe der Allacher Straße gezählt, 1020 in der Rothschwaige.

Das Büro Gevas hat jedoch nicht nur Zählungen durchgeführt und Verkehrsteilnehmer direkt auf der Straße interviewt, sondern auch eine Haushaltsbefragung gemacht. 3700 Fragebogen wurden verschickt, fast ein Drittel (29,3 Prozent) kamen zurück. Die Verkehrssituation in Karlsfeld beurteilen Fußgänger am besten: 60 Prozent halten sie für gut, 32 Prozent für befriedigend. Weniger positiv fallen die Beurteilungen von Radfahrern und Busfahrgästen aus: 15 Prozent der Radler und sogar 25 Prozent der Busbenutzer halten die Verkehrssituation für schlecht.

Die Karlsfelder wurden auch nach Verbesserungsmöglichkeiten im Verkehrssystem gefragt. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) wünscht sich eine Untertunnelung der Münchner Straße. Fast die Hälfte (49 Prozent) will mehr Parkmöglichkeiten in zentralen Ortsbereichen, 47 Prozent einen Ausbau des Radwegenetzes. Da 46 Prozent der Befragten sich auch mehr Parkmöglichkeiten für Anwohner wünschen, sieht Hessel den ruhenden Verkehr als wichtiges Thema, das durch die Neue Mitte künftig noch an Bedeutung gewinnen werde.

"Für Politiker wird es spannend, wenn im Frühjahr das Verkehrsmodell vorliegt", meinte Wanka. Reinhard Pobel (SPD) nannte es wichtig, "auf der Grundlage von gesicherten Daten zu einem ordentlichen Konzept zu kommen". Und für Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) können mit dem Datenmaterial Forderungen bei entsprechenden Stellen untermauert werden.

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