Süddeutsche Zeitung

Urnengang in Dachau:Der Bürger hat die Wahl

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Am Sonntag sind in den 17 Gemeinden des Landkreises Dachau etwa 115 000 Stimmberechtigte aufgerufen, über ihre politischen Vertreter zu entscheiden. Mehr als ein Viertel hat Briefwahl beantragt

Von Julia Putzger UND MONA MARKO, Dachau

An diesem Sonntag stimmen die Wähler über neue Rathauschefs, den künftigen Landrat oder die Landrätin und ihre politischen Vertreter in den Gemeinderäten und im Kreistag ab. Nicht überall wird es gleichermaßen spannend - denn in fast der Hälfte der Gemeinden steht schon jetzt fest, wer künftig auf dem Rathaussessel sitzt. Doch vor allem bei der Wahl des Landrats, des Dachauer Oberbürgermeisters und der Gemeindechefs in Petershausen und Schwabhausen ist Nervenkitzel programmiert.

Etwa 115 000 Landkreisbürger werden zu einer der 131 Wahlurnen gebeten. Bei den Kommunalwahlen 2014 machten aber nur rund 54 Prozent aller Wahlberechtigten von ihrem Stimmrecht Gebrauch. Ob das Interesse an der Lokalpolitik heuer größer ist, ist schwer abzusehen. Auch inwiefern das Coronavirus die Wahlbeteiligung beeinflussen wird, sei kaum abschätzbar, sagt der Karlsfelder Wahlamtsleiter Francesco Cataldo im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung: "Es ist schwierig, dafür eine Prognose aufzustellen. Ich persönlich denke, dass COVID-19 keinen allzu großen Einfluss auf die Beteiligung haben wird". Auch am Wahlprozess selbst würde das Virus nichts verändern: "Wir haben natürlich unsere Wahlhelfer sensibilisiert und Verhaltensregeln aufgestellt, um die Hygiene in den Wahllokalen zu gewährleisten. Außerdem können die Wähler ihren eigenen Kugelschreiber verwenden." Ansonsten verlaufe jedoch alles wie gewohnt.

Jedenfalls aber wird der Anteil der Briefwähler im Landkreis im Vergleich zu vergangenen Wahlen weiter steigen - mehr als ein Viertel aller Wahlberechtigten hat Briefwahlunterlagen beantragt. Vorerst wurden deshalb 95 Briefwahlstimmbezirke eingerichtet, bei Bedarf können weitere hinzukommen. Insgesamt gibt es somit 226 Wahllokale - für jedes werden mindestens fünf Wahlhelfer benötigt. Das heißt, dass sich am Sonntag insgesamt mehr als 1130 Menschen für den Wahlgang engagieren. Die Stimmzettel werden dann von 18 Uhr an, also nach Schließen der Wahllokale, ausgewertet. Für die Gemeinderäte und den Kreistag passiert das elektronisch, die Stimmen für die Bürgermeister und den Landrat werden von Hand von den Wahlhelfern ausgezählt. Da die Stimmzettel so umfangreich sind - für den Kreistag treten beispielsweise insgesamt 601 Kandidaten auf elf verschiedenen Listen an - werden manche Ergebnisse, besonders aus großen Kommunen, erst am Montag vorliegen.

Auffallend ist, dass die Kommunalpolitik - zumindest in Führungspositionen - weiterhin männlich dominiert sein wird. Unter den 34 Bürgermeisterkandidaten, die sich im gesamten Landkreis zur Wahl stellen, sind gerade einmal drei Frauen. Birgit Piroué (Bündnis für Karlsfeld) macht Stefan Kolbe (CSU) den Rathaussessel streitig, in Haimhausen kandidiert Sabrina Spallek (Grüne) und in Pfaffenhofen ließ sich Susanne Vedova (Grüne) als einzige Gegenkandidatin zu Helmut Zech aufstellen.

Unter den Landratskandidaten ist Dagmar Wagner (FW) die einzige Frau. Das Gerangel um diesen Posten ist sehr groß, sieben Kandidaten haben sich aufstellen lassen. Eine Stichwahl erscheint wahrscheinlich. Als besonders aussichtsreich gilt neben Amtsinhaber Stefan Löwl (CSU) der grüne Kreisrat Achim Liebl. Ihm dürfte der gegenwärtige Aufwind seiner Partei nutzen. Von diesem wollen auch Gemeinderatskandidaten profitieren, so zum Beispiel in Markt Indersdorf. Der einzige - und unerwartete - Gegenkandidat zum amtierenden Bürgermeister Franz Obesser (CSU) ist dort Hubertus Schulz von den Grünen.

In der Stadt Dachau hingegen unterstützen die Grünen in einer Allianz mit dem Bündnis für Dachau Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) und hoffen, dass Hartmann einer Stichwahl entgeht. Sein stärkster Herausforderer ist Peter Strauch (CSU), der zudem mit Peter Gampenrieder (ÜB), Markus Erhorn (FW) und Wolfgang Moll (Wir) konkurriert. Mit vier Herausforderern muss sich im Landkreis außer Hartmann nur der Petershausener Bürgermeister Marcel Fath (FW) herumschlagen, eine Stichwahl scheint hier wahrscheinlich.

Besonders schwer abzusehen ist auch das Ergebnis der Bürgermeisterwahl in Schwabhausen: Welcher der drei Kandidaten die Nachfolge von Bürgermeister Josef Baumgartner (FW) antritt, ist noch völlig unklar. Hingegen ist in Odelzhausen, Hebertshausen, Weichs, Vierkirchen, Sulzemoos und Bergkirchen schon sicher, wer nach der Wahl die Geschicke der Gemeinde lenken wird. In diesen Kommunen gibt es zu den amtierenden Bürgermeistern nämlich keinen Gegenkandidaten oder nur jeweils einen Nachfolgekandidaten.

Ebenfalls nichts verändern wird sich in den Büros der Bürgermeister in Erdweg und Hilgertshausen-Tandern. Denn sowohl Christian Blatt (CSU) als auch Markus Hertlein sind erst seit 2017 im Amt und müssen sich erstmals 2023 zur Wahl stellen. Langweilig dürfte die Kommunalwahl aber auch für die Bürger dieser Gemeinden keineswegs sein, denn in Erdweg kandidiert beispielsweise über die Hälfte der bisherigen Gemeinderäte gar nicht mehr oder nur noch auf hinteren Listenplätzen. Außerdem treten in Erdweg acht verschiedene Gruppierungen an - das ist fast rekordverdächtig. Für den Dachauer Stadtrat ließen sich gleich zwölf Listen aufstellen.

Insgesamt gibt es in den 17 Landkreisgemeinden 342 Sitze in den Gemeinderäten und im Dachauer Stadtrat zu ver- geben.

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SZ vom 14.03.2020
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