Unterweilbach: Altes Gemäuer:Ein Tag im Schloss

Unterweilbacher lernen ihren Schlossherren von seiner privaten Seite kennen - und entdecken viel Neues im sanierten Gebäude aus dem Frühmittelalter.

Petra Schafflik

"Interessant, auch viel heller als früher." Anerkennend schauen sich einige ältere Unterweilbacher in der Eingangshalle des Schlosses um. Noch ist die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes nicht abgeschlossen.

Unterweilbach: Altes Gemäuer: Beim Tag der offenen Tür im Schloß Unterweilbach konnten die Besucher auch die Alte Kapelle besichtigen.

Beim Tag der offenen Tür im Schloß Unterweilbach konnten die Besucher auch die Alte Kapelle besichtigen.

(Foto: region.dah)

Doch seit bei den Bauarbeiten im Winter 2008 Mauerreste eines mittelalterlichen Bergfrieds gefunden wurden, gibt es ein großes Interesse im ganzen Landkreis an dem Schloss, das wohl 500 Jahre älter ist als bisher vermutet wurde. Auch Experten reisen seit dem Fund nach Unterweilbach. Schlossherr Clemens von Trebra-Lindenau hat jetzt die Dorfbewohner zu einer privaten Besichtigung eingeladen.

Persönlich hat er alle "Weilbecker" angeschrieben, also 270 Einwohner von Reipertshofen, Unter- und Oberweilbach. Fast alle sind gekommen. Und so sitzen am Sonntag junge Leute, Familien und Alte dichtgedrängt auf Bierbänken im Schatten der mächtigen Hofkastanie.

Der ehemalige Gemeindepfarrer Pater Josef Königer, der zur Nachbarschafts-Einladung gerne aus dem Ruhestand in seine "alte Heimat" zurückgekehrt ist, zelebriert einen Gottesdienst. "Es erfüllt uns mit Stolz, wie groß das Interesse ist", begrüßt Gastgeber Clemens von Trebra-Lindenau seine Gäste.

Sein Freund und Nachbar Sepp Höhenleiter hat ihn auf die Idee gebracht, nachdem schon viele Experten Schloss und Funde besichtigt hatten. Sepp packt kräftig mit an, damit das ganze Dorf sich noch mit Bier und Weißwürsten stärken kann, bevor es in Gruppen durchs Schloss geht.

Das Gebäude läss Clemens von Trebra-Lindenau seit fast 15 Jahren grundlegend sanieren, die Bausubstanz soll möglichst authentisch erhalten werden. Jetzt erzählt er, wie bei den Arbeiten kurz vor Weihnachten 2008 völlig unerwartet im Boden der Schlosskapelle die Mauerreste eines mittelalterlichen Bergfrieds entdeckt worden sind.

Das Schlafzimmer bleibt zu

Archäologen haben daraufhin die Regie auf der Baustelle übernommen und dicke Ziegelmauern, sogar Eingang und Fenster des mittelalterlichen Bauwerks freigelegt. Bereits in jener Zeit wurde der Raum sakral genutzt, die heutige Apsis ist im ursprünglichen Bau angelegt.

Der Holzfensterrahmen, per Radiokohlenstoffanalyse auf das Ende des 11. Jahrhundert datiert, "war nur von Mauerwerk überdeckt und ist noch vollständig erhalten", erfahren die Besucher. Bei Experten gelten diese Funde als Sensation, als "eine der aufregendsten Entdeckungen der Bauforschung und Archäologie in den letzten Jahren in Oberbayern", wie das Landesamt für Denkmalschutz informiert.

Wurde doch das Schloss Unterweilbach bisher von Kunstgeschichte und Denkmalpflege als weitgehend einheitlicher Bau von 1692 bewertet. Jetzt erweisen sich plötzlich auch die ersten historischen Landtafeln als korrekt, die der bayerische Geograph und Vermesser Philipp Apian im 16. Jahrhundert angefertigt hat. Dort ist in Unterweilbach schon ein Turm, verbunden mit einer Art Burganlage verzeichnet.

"Lange Zeit hat man diese Darstellung für Kreativität des Künstlers gehalten, doch jetzt ist sie wissenschaftlich belegt", erklärt Clemens von Trebra-Lindenau. Und das Unterweilbacher Schloss gehört nun mit dem Petersberg zu den ältesten Bauwerken im Landkreis.

Natürlich interessiert die Besucher der Alltag der siebenköpfigen Familie in dem historischen Gebäude. Die Schlafzimmer bleiben privat, aber das "rote" Esszimmer wird besichtigt. "Das nutzen wird aber nie, dazu fehlt uns das Personal", lacht der Schlossherr. "Wir essen brav so wie jeder von euch in der Küche. Das ist mit fünf Kindern auch viel praktischer."

Die wieder geöffnete Durchfahrt im Eingangsbereich des Schlosses gefällt Hans Augustin. Sorgfältig begutachtet er, was aus dem Schloss geworden ist, in dem seine Mutter gearbeitet hat, und er "als Kind quasi aufgewachsen" ist.

Familie Renner ist erst vor einem Jahr nach Unterweilbach gezogen und wohnt direkt an der östlichen Schossmauer. "Jetzt nutzen wir die Gelegenheit, einmal auf die andere Seite der Mauer zu schauen." Für Gottesdienste wird die Kapelle wieder öffentlich zugänglich gemacht. Auch eine offizielle Einweihungsfeier ist noch geplant.

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