Unkalkulierbare Gewerbesteuer:Unerwartete Einnahmen

Lesezeit: 2 Min.

Karlsfeld freut sich über ein Plus von 1,5 Millionen Euro

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Kämmerer Alfred Giesinger ist begeistert: Karlsfeld hat 2016 mehr Steuern eingenommen als erwartet. Ein Plus von etwa 1,5 Millionen Euro hat der Finanzchef der Gemeinde errechnet. Das mildert das Haushaltsloch der Gemeinde. Besonders da man im vergangenen Jahr offenbar auch weniger Geld ausgegeben hat, als ursprünglich geplant. Personalkosten in Höhe von 700 000 Euro hat die Gemeinde sich gespart und sogar mehr als 1,4 Millionen Euro an Reparatur- und Instandhaltungskosten für die mehr als 100 gemeindlichen Objekte. Das freut den Kämmerer. Und so präsentierte Giesinger in der Gemeinderatssitzung stolz die neuen Zahlen. Einziges Manko: Die Kommune musste trotzdem 1,3 Millionen Euro aus den Rücklagen nehmen. Ursprünglich hätten jedoch 4,6 Millionen Euro zugeschossen werden sollen.

"Jetzt haben wir noch Geld für 2017 und müssen uns heuer noch nicht verschulden", sagte Giesinger. Doch die Gemeinderäte zeigten sich weniger heiter: "Wir haben draufgezahlt", monierte Holger Linde (CSU). "Wir gehen immer mehr an den Boden unserer Finanzen." Und dass man weniger ausgegeben habe im Jahr 2016, liege einzig und allein daran, dass die Gemeinde nicht das Personal bekommen habe, das sie sich erhofft hatte. Bei den Kindertagesstätten habe ein Leiter gefehlt, den man dringend gebraucht hätte. Und auch die 1,4 Millionen für den Betriebsaufwand habe die Gemeinde keineswegs freiwillig gespart. "Wir haben manche Vorhaben verschoben, weil wir zu wenig Personal im Bauamt haben", stellte Linde klar. Die Vision, man habe wunderbar gewirtschaftet sei eine Illusion, schimpfte er. "Wir werden nicht drum herum kommen, Einnahmen zu generieren", sagte er mit Blick auf das neue Gewerbegebiet an der Bajuwarenstraße.

Auch Mechthild Hofner (Bündnis für Karlsfeld) warnte, selbst wenn die Zahlen "einigermaßen erfreulich" seien: "Im nächsten Jahr müssen wir die Posten gut durchdenken", sagte sie. Wolfgang Offenbeck (CSU) erinnerte daran, dass im nächsten Jahr das Kinderhaus für etwa sechs Millionen Euro gebaut werden müsse und die Grundschule für 34 Millionen. "Das schaut nicht rosig aus", fürchtete auch Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) und mahnte: "Die Gewerbesteuer ist unkalkulierbar." 2016 hat sie ein Plus von 900 000 Euro in die Kasse gespült. Auch die Privatleute hatten offenbar deutlich besser als prognostiziert verdient. Hinzu kam die Grunderwerbssteuer, die im 2016 mit 500 000 Euro exorbitant hoch war. Denn die Gemeinde hat an den Grundverkäufen in der Neuen Mitte und dem Neubaugebiet westlich der Bahn gut mitverdient. Aber das ist eben auch eine Einmalzahlung.

Ende 2016 hatte Karlsfeld laut Kämmerer Alfred Giesinger noch 5,4 Millionen Euro Rücklagen. Diese werden jedoch voraussichtlich in diesem Jahr weitgehend aufgebraucht. Denn die Gemeinde musste 900 000 Euro an eine Firma zurückzahlen, sodass die Gewerbesteuereinnahmen für 2017 nur noch bei etwa 200 000 Euro liegen. Die Forderung, die scheinbar erst jetzt geltend gemacht wurde, liegt offenbar schon lange zurück. Aus steuerlichen Gründe dürfe man jedoch nicht darüber reden, mahnte Bürgermeister Kolbe in der Sitzung. Etwa 5,3 Millionen Euro hat Karlsfeld bereits an Reparatur- und Instandhaltungskosten ausgegeben. Im Haushalt waren 7,7 Millionen Euro eingeplant. Kämmerer Giesinger rechnet jedoch damit, dass nicht alles gebraucht werde. Auch die Personalkosten werden nur mit neun Millionen zu Buche schlagen und nicht, wie Anfang des Jahres noch gedacht, mit 9,5 Millionen Euro.

"2018 geht's in die Verschuldung", sagt Giesinger. Angesichts der Kosten für die neue Grundschule scheint das unausweichlich. Schuld an der prekären Finanzlage sei die "nicht durchdachte Bundespolitik", klagte Hofner. Die Abgeordneten legten Betreuungsansprüche fest, ohne den Gemeinden einen höheren Steueranteil zuzubilligen. So sei Karlsfeld gezwungen, immer neues Gewerbe zu akquirieren, um die viel zu geringen Finanzen ausgleichen zu können, mit denen Krippen, Horte und Mittagsbetreuungen eingerichtet werden müssten.

© SZ vom 25.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: