Süddeutsche Zeitung

Umstrittenes Bauprojekt:Da blutet manchem Stadtrat das Herz

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Finanzausschuss diskutiert über den Bau von Tennisplätzen für den ASV auf einer artenreichen und ökologisch wertvollen Streuobstwiese und beauftragt die Verwaltung, nach einer Ausgleichsfläche zu suchen

Von Viktoria Großmann, Dachau

Darf man eine Abteilung vom Hof jagen, weil man eine Sporthalle neu bauen muss? Über solche Befindlichkeiten stimmen die Stadträte im Haupt- und Finanzausschuss nicht ab. Sie interessiert eher, welche Fläche dran glauben muss, wenn neue Tennisplätze geschaffen werden müssen für die 400 Spieler des ASV Dachau. Auf deren jetzt 13 Feldern soll der Neubau der Georg-Scherer-Halle entstehen. Nach dem Willen des Geschäftsführers des größten Sportvereins in Dachau, Andreas Wilhelm, sollen die Tennisspieler sich mit dem Verein Tennisfreunde zusammentun. Südlich von dessen bestehenden 16 Feldern an der Gröbenrieder Straße könnten sechs bis sieben neue ASV-Plätze entstehen. Diese würden laut ASV-Geschäftsführer zwar nicht ausreichen, doch, so der Plan der Vereine, die ASVler könnten dann auch auf den Flächen der Tennisfreunde spielen. Dritter im Bunde ist der Tennisclub Dachau. Dessen sieben Plätze liegen zwar etwas weiter nördlich an der Gröbenrieder Straße, bereits jetzt aber helfen sich die Tennisspieler aller Vereine gegenseitig aus und sind sich verbunden.

Die Stadträte sind äußerst interessiert an Kooperationen der Sportvereine, sie haben sogar eine neue Satzung erlassen, laut der die Zusammenarbeit von Vereinen finanziell belohnt wird. Nachteil dieser ersten der erwünschten Kooperationen: Für die Spielfelder müsste eine 30 Jahre alte Streuobstwiese weichen. Das gefällt den Stadträten quer durch alle Fraktionen überhaupt nicht. Liegenschaftsreferent August Haas (CSU) und Bündnis-Sprecherin Sabine Geißler verkündeten gleichermaßen, ihnen "blute das Herz" bei der Vorstellung, diese äußerst artenreiche und ökologisch wertvolle Wiese aufgeben zu müssen. Für solche Aussagen braucht es längst keine Grünen mehr. CSU-Fraktionsvorsitzender Florian Schiller und FDP-Stadtrat Jürgen Seidl stimmten in den Chor der Wiesenschützer ein.

Seidl war ohnehin der Meinung, die ASV-Tennisabteilung solle in den Sportpark Dachau-Ost ausweichen, wo acht Spielfelder "mehr oder weniger brach liegen". Zwar gibt es einen Beschluss, den Sportpark aufzulösen, wenn der TSV 1865 einmal ausgesiedelt ist. Doch wann das geschieht, "steht völlig in den Sternen", sagte Seidl, der auch TSV-Beirat ist.

Sportreferent Günter Dietz (CSU) bemühte sich darzustellen, dass maximal die Hälfte der Streuobstwiese für die Tennisplätze gebraucht werde. Auf eine Vergrößerung der Parkplätze wollen die Stadträte nämlich verzichten. Trotzdem erscheint die Annahme von Dietz mit einem Blick auf die Karte etwas zu zuversichtlich. Nicht klar war zumindest in der Ausschusssitzung auch, ob die Wertstoffanlage zum Tennisplatz werden kann. Auch wenn das Landratsamt als Betreiber bereit ist, auf das städtische Grundstück zu verzichten, muss ein Ersatz gefunden werden. "Das wird sehr schwer", gab Kämmerer Thomas Ernst zu bedenken. Denn von so einer Abfallcontaineranlage geht ein gewisser Lärm aus, den man Anwohnern nicht zumuten will.

"Wo ist aber die Ausgleichsfläche für die Streuobstwiese", wollte Florian Schiller wissen. Sportreferent Dietz und Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) erwiderten, wenn die neuen ASV-Felder nicht an die der Tennisfreunde angeschlossen würden, funktioniere die Zusammenarbeit nicht. Die Spieler sollen schließlich gemeinsam Vereinsheim und Sanitärräume nutzen. Ingrid Sedlbauer (ÜB), Vorstandsmitglied des ASV, erklärte, die acht Plätze in Dachau-Ost reichten für die ASV-Abteilung nicht aus und seien auch zu weit weg. Dann kam sie auf den eigentlichen Punkt der Debatte zu sprechen: den Neubau der Georg-Scherer-Halle. In der alten ist der Brandschutz nicht auf dem neuesten Stand, jederzeit kann in der sanierungsbedürftigen Halle eine Reparatur anfallen. "Wir brauchen die neue Halle nicht nur für den Verein", sagte Sedlbauer. Auch die Stadt sei auf eine moderne und große Halle angewiesen. Schon jetzt steht fest, dass sie auch für den Schulsport genutzt werden soll und wohl auch muss.

Unter Mühen einigten sich die Stadträte schließlich darauf, die Planung für den Umzug der ASV-Abteilung in die Nachbarschaft der Tennisfreunde zu beauftragen. Sie verlangten, ausdrücklich zu prüfen, ob die Fläche des Wertstoffhofs genutzt werden kann, und eine Ausgleichsfläche für die Streuobstwiese zu finden.

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Quelle:
SZ vom 13.05.2016
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