Traumatisierte Taxifahrerin:"Ich komme zurück ins Leben"

Traumatisierte Taxifahrerin: Gabriele Sanktjohanser rauben die Erinnerungen an die Überfälle in ihrem Taxi heute noch den Schlaf.

Gabriele Sanktjohanser rauben die Erinnerungen an die Überfälle in ihrem Taxi heute noch den Schlaf.

(Foto: Toni Heigl)

Wie Gabi Sanktjohanser das Trauma zweier brutaler Überfälle bewältigt

Von Benjamin Emonts, Günding

Gabriele Sanktjohanser kann immer noch nicht schlafen. Sie mache die ganze Nacht oft kein Auge zu, sagt sie, "ich schlafe vielleicht alle zwei Tage vier bis fünf Stunden". Die schrecklichen Bilder vom Abend des 14. Februar 2016 wollen sie einfach nicht loslassen. Damals wurde die Taxi-Fahrerin von einem Kunden brutal überfallen und misshandelt - zum zweiten Mal innerhalb von sechs Jahren.

Ihre Schnittwunden und tiefblauen Hämatome sind inzwischen verheilt - im Gegensatz zu den seelischen Wunden. Sanktjohanser geht erst seit kurzem wieder alleine aus dem Haus, sie kann bis heute keiner Arbeit mehr nachgehen. Trotzdem, sagt die zweifache Mutter, habe sich ihr psychischer Zustand zuletzt stabilisiert. Die 53-Jährige hat dank der Unterstützung aus ihrem Umfeld neuen Lebensmut gefasst, wie sie betont. Im kleinen Dorf Lauterbach im Landkreis Dachau haben die Leute Geld für sie gesammelt. Ihre ehemaligen Taxi-Kollegen, die sie auch finanziell unterstützt haben, erkundigen sich oft nach ihr. Durch therapeutische Hilfe und die große Solidarität macht Sanktjohanser einen kleinen Schritt nach dem anderen hin zu einem normaleren Alltag. "Langsam wird's schon. Ich komme wieder zurück ins Leben", sagt die tapfere Frau.

Sie wirkt sehr stark, wenn man bedenkt, was ihr alles zugestoßen ist. Am Abend des 14. Februar stieg am Dachauer Bahnhof ein Mann in ihr Taxi ein. Etwa 40 Minuten später zwang er sie in der Nähe des Golfplatzes Gut Häusern bei Markt Indersdorf mit einem Messer in einen Waldweg. Sie flüchtete ins Freie. Dort attackierte sie der Mann, stieß sie zu Boden und trat ihr mehrmals mit voller Kraft gegen den Kopf und die Beine. Mit dem Messer versetzte er ihr mehrere Stiche in Arme und Hände. Erst als die Taxifahrerin benommen war, ließ der Angreifer von ihr ab und flüchtete mit ihrem Taxi. Nicht weniger brutal verlief der Überfall sechs Jahre zuvor. Ein Kunde zurrte ihr bei Schönbrunn von hinten ein Kabel um den Hals, weil er nicht zahlen konnte. Sanktjohanser brachte gerade noch ihre Hand in die Schlinge. Das Kabel riss. Der Täter konnte später durch Videoaufnahmen einer Bank überführt werden und wurde zu drei Jahren und zehn Monaten Gefängnis verurteilt.

Der Täter, der sie im Februar überfiel, blieb mehrere Monate auf freiem Fuß. Schließlich überführten Fingerspuren in dem gestohlenen Taxi, das bei Trier gefunden wurde, einen 33-jährigen Rumänen, der im Mai in seiner Heimat verhaftet und nach München überführt wurde. Sanktjohanser war erleichtert, die Festnahme sei psychisch enorm wichtig für sie gewesen. Die 53-Jährige wartet nun auf den Prozessbeginn. Bis dahin will sie noch viele kleine Schritte hin zur Normalität machen.

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