Tourismus und Barrierefreiheit:Reisende soll man nicht aufhalten

Tourismus und Barrierefreiheit: Das Treppenhaus in der Gemäldegalerie Dachau ist schmuck.

Das Treppenhaus in der Gemäldegalerie Dachau ist schmuck.

(Foto: Toni Heigl)

Dachau entwickelt sich immer mehr zu einem Anziehungspunkt für Touristen. Weil die Besucher älter werden, wird Barrierefreiheit immer wichtiger.

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Der Landkreis und die Stadt Dachau sind zu einem Touristenmagnet geworden. Im ersten Halbjahr 2018 übernachteten Reisende im Landkreis fast 200 000 Mal. Das sind mehr als doppelt so viele wie im ersten Halbjahr 2015. Hauptanziehungspunkt ist die Stadt Dachau. Hier hat sich die Zahl der Übernachtungen in den vergangenen zehn Jahren auf 150 000 nahezu verdoppelt. "Die Leute drängen zu uns und wollen bei uns Urlaub machen", sagt Helmut Zech (CSU), stellvertretender Landrat und Vorsitzender des Regionalentwicklungsvereins Dachau Agil.

Doch der Boom bringt auch neue Herausforderungen mit sich. Die Branche macht sich Gedanken, wie sich künftig mehr Menschen mit Behinderung dazu entscheiden, im Dachauer Land ihre Freizeit zu verbringen. Ein Schlagwort ist Barrierefreiheit. Im vergangenen Jahr bewarben sich die Stadt und Agil für den Landkreis als Pilotdestination für das Projekt "Reisen für alle", ein vom Bundeswirtschaftsministerium initiiertes Kooperationsvorhaben. Ziel ist es, den Reisenden verlässliche und detaillierte Informationen zur Barrierefreiheit zu geben. Nun hat Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) 17 touristische Unternehmen aus dem Landkreis das entsprechende Zertifikat überreicht und damit deren Barrierefreiheit bestätigt. Sie dürfen sich fortan auf der Website www.reisen-fuer-alle.de präsentieren. Unter den prämierten Betrieben befinden sich Hotels, Wirtshäuser, Museen, aber auch die KZ-Gedenkstätte. Zehn Prozent der Bevölkerung würden eine Behinderung leben, sagte Aiwanger bei der Festveranstaltung im Schloss Dachau. Der Personenkreis werde immer größer. "Wir wollen sie aber dabei haben." Insofern sei es sehr sinnvoll, auch den Tourismus barrierefrei zu gestalten. Auch für Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) ist Barrierefreiheit vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung die Barrierefreiheit "eines der wichtigsten stadtpolitischen Themen unserer Zeit". Und Zech meint: "Das betrifft uns alle."

Tourismus und Barrierefreiheit: Die Gemäldegalerie Dachau hat nicht nur ein schmuckes Treppenhaus, sondern auch einen Lift.

Die Gemäldegalerie Dachau hat nicht nur ein schmuckes Treppenhaus, sondern auch einen Lift.

(Foto: Toni Heigl)

Jutta Mannes nahm das Zertifikat für die Gemäldegalerie und die Neue Galerie Dachau entgegen. Seit dem Umbau 2005 hat die Gemäldegalerie einen Aufzug und eine behindertengerechte Toilette. "Unsere Hauptbesucher Gruppe ist 50 Plus." Schon allein deshalb nehme Barrierefreiheit bei den Dachauer Museen einen "hohen Stellenwert" ein. Auch die Mitarbeiter würden helfen, wo es geht. Gleichwohl sei es auch schwierig, die Altbauten behindertengerecht zu machen. "Wir tun, was möglich ist."

Ähnlich ist die Situation an der KZ-Gedenkstätte, die jährlich fast eine Million Menschen besuchen. "Es ist unsere Aufgabe, dass die Gedenkstätte für alle zugänglich ist", sagt Karoline Wirth, pädagogische Mitarbeiterin. Dabei gehe es nicht nur darum, dass Menschen im Rollstuhl die Gedenkstätte besuchen können. Man verfolge auch inhaltlich einen "inklusiven Ansatz". Unter anderem gebe es eine App, die Gebärdensprache anzeige, und eine Broschüre in Leichter Sprache.

Tourismus und Barrierefreiheit: Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Mitte) mit den Preisträgern.

Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Mitte) mit den Preisträgern.

(Foto: Toni Heigl)

Aiwanger hat auch das Altstadthotel Zieglerbräu als barrierefrei ausgezeichnet. Viele Gäste würden anrufen und fragen, ob sie auch mit dem Rollstuhl in die Gaststätte kämen, sagt Jürgen Vötter. Über einen Seiteneingang komme man mit dem Rollstuhl ins Wirtshaus. Seine Frau, die Wirtin Andrea Schneider, sagt, die Auszeichnung sei super "für das Haus, aber auch für die Altstadt". In dieser treten für Menschen mit Behinderung viele Probleme auf. Hartmann sagt, die Stadt wolle in diesem Jahr 13 weitere Bushaltestellen barrierefrei umbauen. "Und mit dem Einbau von Laufbändern ins Kopfsteinpflaster der Altstadt wollen wir Menschen, die nicht so gut zu Fuß sind, das Laufen erleichtern."

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