Süddeutsche Zeitung

Tim McMillan in Dachau:Musik aus der Ruckteschell-Villa

Der Musiker Tim McMillan aus Australien wird ein halbes Jahr lang auf Einladung der Stadt in Dachau wohnen. Er erzählt, warum viele seiner Freunde skeptisch reagierten.

M. Staudinger und O. El-Nahry

Es ist eine spontane Idee von Bündnis-Stadtrat Kai Kühnel gewesen, dass die Stadt Dachau dem australischen Singer- und Songwriter Tim McMillan ein Stipendium anbieten könnte. In der sanierten Ruckteschell-Villa gibt es eine Atelierwohnung, die ursprünglich einem bildenden Künstler zur Verfügung gestellt werden sollte. Auf Initiative von Bündnis und CSU zieht nun McMillan zusammen mit seinem Bassisten Brad Lewis für ein halbes Jahr ein. Vor seinem ersten Konzert am Sonntag, 3. Juli, von 20 Uhr an vor der Kultur-Schranne in der Dachauer Altstadt erzählt der 31-Jährige, was er plant.

SZ: Sie sind schon ein paar Mal in Dachau aufgetreten. Könnten Sie sich und Ihre Musik trotzdem kurz einmal für diejenigen, die die Konzerte verpasst haben, vorstellen?

Tim McMillan: Ich mache Musik mit der akustischen Gitarre. Eine Mischung aus unterschiedlichen Stilen von Folk, Latin Jazz, Blues, akustischem Metal und klassischen Gitarrenstücken. Die Musik ist großteils instrumental, beinhaltet aber auch weiche Harmonien, die mein Gitarrenspiel unterstützen und begleiten.

SZ: Wenn Sie den Namen Dachau hören, woran denken Sie?

McMillan: Ich habe Dachau bei meinen Konzerten in den vergangenen Jahren kennengelernt und hier Freunde gefunden. Heute sehe ich Dachau als freundliche, grüne Stadt, in der Künstler großartig unterstützt werden und ein nettes Umfeld vorfinden.

SZ: Dachau ist in der Welt eher als Standort des ersten nationalsozialistischen Konzentrationslagers bekannt. Wie haben Ihre Freunde in Australien reagiert, als sie erfuhren, dass Sie hierher ziehen?

McMillan: Viele Leute haben mich gefragt, warum ich hier leben will. Die waren auch alle sehr neugierig, wie die Stadt heute so ist. Viele haben durch unsere Gespräche verstanden, dass Dachau mehr ist als dieser Teil der Geschichte.

SZ: Wie haben Sie reagiert, als Ihnen das Stipendium der Stadt angeboten wurde?

McMillan: Es ist natürlich immer schwierig, wenn man seine Freunde für einen gewissen Zeitraum verlassen muss, aber wir freuen uns und sind sehr dankbar für diese Möglichkeit. Die Villa ist ein phantastischer Ort, um dort zu wohnen und am nächsten Album zu arbeiten.

SZ: Was haben Sie vor?

McMillan: In der ersten Zeit werden wir Dachau eher als eine Art Hauptquartier nutzen. Wir werden von hier aus zu Veranstaltungen fahren, unter anderem machen wir einen zweiwöchigen Musik-Workshop in Bautzen für deutsche und polnische Schüler. Von September an werden wir in der Ruckteschell-Villa an neuen Liedern arbeiten und Demos aufnehmen für unsere nächste CD. Zudem bieten wir Workshops für junge Gitarristen aus Dachau an. Später wollen wir in der Region, in Österreich und der Schweiz auftreten. Wir hoffen, dass wir das Album bis Ende Dezember fertig haben.

SZ: Sie haben bereits vier Mal im Café Gramsci gespielt. Wie kam es dazu?

McMillan: Unsere Freundin und Labelkollegin K.C. McKanzie machte uns darauf aufmerksam. Im Gramsci herrscht eine großartige, intime Atmosphäre. Die Betreiber unterstützen unsere Arbeit wirklich sehr und waren immer eine große Hilfe. Wir haben das Gramsci an andere Musiker in Australien empfohlen - auch sie haben da schon gespielt und es hat ihnen genauso Spaß gemacht wie uns.

SZ: Die Stadt Dachau will sich als Auftrittsort in der Singer-/Songwriter-Szene etablieren. Wie schätzen Sie das ein?

McMillan: Das ist eine gute Idee. Ich glaube, dass unser Stipendium dabei helfen kann, das Vorhaben überregional bekannt zu machen. Wir werden für die Stadt werben. Ich hoffe, dass dann auch andere Künstler Dachau als eine Stadt wahrnehmen, in der Musiker und Künstler viel Unterstützung und Anerkennung bekommen.

SZ: Und was erwarten Sie sich persönlich von Ihrem Aufenthalt hier?

McMillan: Wir freuen uns auf unser erstes Konzert am Sonntag. Hoffentlich wird das Wetter gut. Ich erwarte mir, dass ich eine schöne Zeit habe. Ich will Musik machen, meine Dachauer Freunde und hoffentlich auch andere Musiker treffen, mit denen ich jammen kann. Meine Umgebung beeinflusst meine Arbeit - mal schauen, was dabei herauskommt.

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Quelle:
SZ vom 02.07.2011
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