Theatertage Dachau:Sagenhafter Rotzlöffel

Theatertage

Auf großer Abenteuerfahrt: Gabi Altenbach und Ines Honsel.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Geschichte der Argonauten als Theaterstück von epischem Witz

Von Andreas Förster, Dachau

Die Dachauer Theatertage sind 20 Jahre alt. Respektabel, aber nur ein Klacks im Vergleich zu den Argonauten, deren Abenteuer mindestens 2400 Jahren zurückliegen. Wie alle Sagen aus der griechischen Mythologie hat auch diese nichts an Spannung und Aktualität eingebüßt. Es geht um Macht und Krieg, um Liebe und Verrat. Man kann das in der Schule oder bei Wikipedia nachlesen und sich dabei schrecklich langweilen. Man kann es aber auch "Wie man einen Drachen überlistet" nennen und mit leidenschaftlicher Fabulierkunst zum Leben erwecken, sodass es Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene gleichermaßen fesselt. Wie die Geschichten- und Mythenerzählerinnen Gabi Altenbach und Ines Honsel. Sie unterfüttern das auf einige besonders spannende Episoden eingekürzte historische Epos mit Musik und Gesang, vollem Körpereinsatz, ausdrucksstarker Mimik und auflockernder Komik. Dabei schlüpfen sie, manchmal übergangsloslos, in verschiedene Rollen und versprühen so viel Spielfreude, dass es, wie es auch im Programmheft steht, dem Publikum im ausverkauften Erchana-Saal im Ludwig-Thoma-Haus "keine Sekunde langweilig" wird.

Die Geschichte hangelt sich lose an den Abenteuern des Königssohns Jason entlang. Ines Honsel spielt ihn als naiven Kraftprotzhelden, der sich immer wieder tumb mit der Faust auf die stolzgeschwellte Brust klopft - und dabei nicht zufällig all den prahlerischen Halbstarken ähnelt, die glauben, die Welt läge ihnen zu Füßen, wenn man Muskeln hat. Ähnlich ist es auch mit Eros, dem Sohn der Göttin Aphrodite, den Altenbach als pubertierenden Rotzlöffel darstellt. Oder Königstochter Medea, bei Honsel ein über beide Ohren verliebter Teenie, dessen Verstand beim Anblick des schönen, starken Jason vollkommen aussetzt. Grotesk überzeichnet, aber wiedererkennbar. Die Kinder im Publikum kringeln sich vor Lachen. Wie Medea und Jason schließlich den siebenköpfigen Drachen (Altenbach) überlisten, um an das goldene Vlies zu kommen, ist ebenfalls zum Brüllen komisch.

Altenbach und Honsel fällt es leicht, Nähe zu den Kindern aufzubauen. Sie fordern sie zum Mitmachen auf und stellen ihnen, aus dem Stück heraus, immer wieder eine Menge Fragen zur griechischen Mythologie: "Was ist ein Orakel?" oder "Wo wohnten die griechischen Götter?" Jedes Mal gehen mindestens zwei bis drei Finger hoch. Die Kinder wissen tatsächlich immer die richtige Antwort. Was zunächst nach einem erstaunlichen Erfolg der Schule aussieht, entpuppt sich als Resultat aus dem Verschlingen der beliebten "Percy-Jackson"-Jugendbuchreihe, die sich der griechischen Helden- und Göttersagen bedient. Wo Bildung herkommt, ist zweitrangig, solange sie im Kopf bleibt.

Das Stück ist zwar für Kinder ab acht Jahren empfohlen, es sind aber auch ältere Jugendliche da. Christine Albrecht von den Theatertagen bedauert, das sagt sie zu Beginn der Vorstellung, dass es kaum gute Stücke mit Empfehlung für Kinder zwischen sieben und elf Jahren gebe. Dass aber die anderen Stücke bei den Theatertagen, empfohlen ab fünf oder sechs Jahren, aufgrund der hochwertigen Produktion auch für ältere Kinder gut geeignet seien. Außerdem würden die Schau- und Puppenspieler, manchmal sogar spontan, eine Ebene gerade für ältere Kinder kreieren. Das zeichne die Qualität der Stücke aus, auf die das Team der Theatertage um Albrecht und Frank Striegler auch besonders stolz sind.

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