Täter vor Gericht:Böses Erwachen

Während eine Familie fest schläft, beschmiert ein Einbrecher die Küche mit Nutella und das Sofa mit Nagellack

Es war am Morgen des 17. Mai vergangenen Jahres, als eine Angestellte aus dem südlichen Landkreis fast der Schlag traf. Als sie nach dem Aufstehen in die Küche ging, traute sie ihren Augen nicht. Alles war mit Nutella beschmiert. Und die Couch im Wohnzimmer mit rotem Nagellack. Zudem wunderte sich die 50-Jährige darüber, dass die Terrassentüre offenstand. Es sah aus "wie Harry", sagte die Angestellte am Dienstag vor dem Landgericht München II. Nach dem ersten Schreck war sie in den ersten Stock gelaufen, wo ihr 19 Jahre alter Sohn schlief. Sie glaubte, er sei für das Chaos verantwortlich. Womöglich habe er, so dachte sie, in der Nacht mit seinen Freunden eine Party im Erdgeschoss gefeiert. Der Sohn aber wusste von nichts. Nicht er war für das Durcheinander verantwortlich, sondern ein 56-Jähriger, der der Angestellten am Dienstagmorgen auf der Anklagebank im Sitzungssaal B 166 schräg gegenübersaß.

Der ehemalige Bauzeichner war in der Nacht auf den 17. Mai 2017 in das Haus der Frau und ihres Lebensgefährten eingedrungen, weil ihm kalt war. Unbemerkt hatte er es sich für mehrere Stunden im Erdgeschoss der Doppelhaushälfte bequem gemacht. Er nahm sich Essen aus dem Kühlschrank, trank Wein, sah fern und hatte die Sauna im Keller unter Wasser gesetzt. Außerdem klaute er unter anderem eine 2600 Euro teure Uhr. Es war das Hochzeitsgeschenk der Angestellten. Die Uhr ist bis heute verschwunden.

Die Angestellte und ihr Lebensgefährte schliefen in jener Nacht so fest im zweiten Stock, dass sie nichts von dem nächtlichen Besuch mitbekamen. Auch nicht ihre beiden Söhne, die ihre Zimmer im ersten Stock haben.

Keine Entschuldigung

Der ehemalige Bauzeichner leidet laut Ärzten seit dreißig Jahren an einer chronifizierten paranoiden Schizophrenie und wurde deshalb immer wieder für einige Monate in geschlossenen psychiatrischen Krankenhäusern untergebracht. Unter anderem weil er auf offener Straße anderen seinen nackten Po zeigte, in Damenkleidern umherlief oder vor dem Strafjustizzentrum in München seine rechte Hand zum Hitler-Gruß erhob.

In dem Verfahren vor dem Landgericht München II hat die Staatsanwaltschaft die unbefristete Unterbringung des 56-Jährigen in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik bei Gericht beantragt. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Martin Hofmann, ob er sich bei der Angestellten entschuldigen wolle, erwiderte der Bauzeichner: "Für was?"

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: