SZ-Talentiade:Magische Momente

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So sehen Deutsche Meister aus (von links): Fabian Bergmoser, Mika Kaiser, Samuel Sadorf, Maximilian Hartmann, Benedikt Sagstetter, Tobias Besenböck, Dominic von Känel, Moritz Teichmann, Jonas Vogl, Lukas Pfretzschner, Simon Pfretzschner, Vinci Graven, Josep Bort, Luis Klimpe und Bettina Bergmoser. (Foto: ASV dachau/Oh)

Wie die U 18-Volleyballer des ASV Dachau Bayerischer und Deutscher Meister wurden - und warum sie für die SZ-Talentiade vorgeschlagen sind

Von Horst Kramer, Dachau

Anfang März, Finale der Bayerischen Volleyball-U 18-Meisterschaften in Schwaig bei Nürnberg. Die Paarung heißt erwartungsgemäß ASV Dachau gegen TSV Grafing. Sie sind alte Bekannte, die Teams kennen sich seit Jahren. In der Regel haben die Stadtwälder die Nase vorne, sie sind die großen Favoriten. Und nun das: Die Grafinger führen im ersten Satz mit 24:19, ein Pünktchen fehlt ihnen zum Meistertitel.

"So eine Situation kennen wir eigentlich nicht", bekennt Vincent Graven, 16, einer der Führungsspieler des Teams. Der Druck sei schon vorher groß gewesen: "Wir müssen gewinnen, weil wir immer gewinnen." In dieser Situation nehmen die beiden ASV-Trainer Dominic von Känel und Sepp Wolf eine Auszeit.

Was dann geschieht, ist wohl einer jener magischen Momente, wie es sie nur in Mannschaftssportarten wie Volleyball, Handball oder Basketball gibt. "Eigentlich hatten wir den Satz abgehakt", erinnert sich Mika Kaiser, 17. Und Fabian Bergmoser, 16, ergänzt: "Aber plötzlich hat jeder gespürt, das packen wir noch!" Fabian war es, der aufzuschlagen hatte. "Hoffentlich verkacke ich den nicht", schoss es ihm durch den Kopf. "Eigentlich wollte ich einen Sicherheitsschlag machen, Hauptsache über das Netz." Doch es kam anders. "Dann haut der Fabi diesen unglaublichen Ball rüber, so hart, als ob ihm alles egal wäre", schildert Vincent die Situation. Die Grafinger bringen die Kugel mit Mühe zurück - Lukas Pfretzschner blockt, die Dachauer holen den Punkt. Und jubeln, als ob sie schon gewonnen hätten. "Ein unglaubliches Gefühl!", erzählt Fabian und strahlt von einem Ohr zum anderen. Es folgen sechs weitere Punkte am Stück. Am Ende setzen sich die jungen ASV-Volleyballer mit 28:26 durch. Der zweite Satz war mit 25:8 nur noch Formsache.

Es mag dieses Schlüsselerlebnis gewesen sein, das die Stadtwälder Anfang April durch die Deutschen Meisterschaften im anhaltinischen Bitterfeld trug. Die Vorrunde am Samstag war jedenfalls ein Spaziergang mit drei deutlichen Siegen. Doch die Jungs wollten mehr, sie wollten den Titel. Fabian berichtet: "Auf den Finaltag haben wir uns ganz ohne unsere Trainer vorbereitet." Sie hätten sich zusammengesetzt und akribisch geplant, wer für welche Aktionen verantwortlich sei und einen Zeitplan entworfen, vom Aufstehen bis zum ersten Aufschlag. Ein emanzipatorischer Akt, die Teenager übernahmen selber die Verantwortung für ihr Tun. Ihre Trainer, kluge Köpfe - Wolf ist ein Pädagoge, von Känel studiert Wirtschaftspsychologie - ließen die Jungs gewähren.

Die jungen Dachauer gingen engagiert ins Viertelfinale gegen den TuS Bochholt. "Sonst sind wir eher Langsamstarter", gesteht Mika Kaiser mit einem Grinsen, "doch diesmal wollten wir es wissen." Die Westfalen wehren sich heftig, selbst im zweiten Satz, doch am Ende heißt es 25:14 und 25:18. Auch das Halbfinale gegen den hessischen TuS Krittel (25:15, 15:18) war kein Problem. Im Finale trafen die ASV-Jungs auf den Berliner TSC. Vinzent merkt kritisch an: "Die haben viele neue Talente aus allen Ecken zusammengeholt. Anders als wir, die wir schon seit vielen Jahren zusammenspielen." Vermutlich einer der Gründe, dass der Sieg mit 28:18 und 25:13 klarer ausfiel als erwartet.

Coach Dominic von Känel hebt denn auch hervor: "Fast alle stammen aus Dachau und Karlsfeld und gehen hier zur Schule." Vornehmlich auf das Ignaz-Taschner- und das Josef-Effner-Gymnasium. Fabian Bergmoser besucht eine private Wirtschaftsschule, einige andere gehen in München und Fürstenfeldbruck auf Gymnasien. Nur Benni Sagstetter ist so etwas wie ein Exot im Team: Er stammt aus Landshut. Während der Saison spielen die zwölf U-18-Jugendlichen in unterschiedlichen Herren-Mannschaften der Stadtwälder: Benni und Lukas zählen zum Stamm der Drittliga-Riege, Vincent ist in der Regionalliga aktiv. Die anderen gingen mit von Känel durch die Bayernliga-Saison. Er betont: "Alle schnuppern auch in die oberen Teams hinein, das ist wichtig für die Ausbildung." Fünfmal in der Woche trainieren die Talente, in diesen Tagen bereiten sie sich auf die Beachvolleyball-Saison vor. Mit großen Ambitionen: Benni Sagstetter wurde im vergangenen Jahr Bayerischer Meister U 17, U 18 und U 19. Vincent und Lukas Bayerische Vizemeister U 17 und U 18. "Aber richtig cool wäre der SZ-Talentiade-Titel", bekennt Vincent mit einem Augenzwinkern. Der wird dieses Jahr wieder von der Süddeutschen Zeitung für Nachwuchssportler in der Region München vergeben. Am Mittwoch, 12. Juli, findet die große Preisverleihung statt.

© SZ vom 20.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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