SZ-Serie: Wortschatz, Folge 8:Zwischen Traum und Realität

Für seine große Leidenschaft, das Schreiben, hat der Nandlstädter Autor Richard Lorenz seinen Job als Krankenpfleger aufgegeben. Auf Rosen gebettet ist er nicht, denn es ist schwer, Verleger für die düster-fantastischen Geschichten jenseits des Mainstream zu begeistern

Von Katharina Aurich, Nandlstadt

Richard Lorenz, 2018

Seine Geschichten schreibt der Nandlstädter Autor Richard Lorenz im Wohnzimmer, an einem runden mit Mosaiksteinen verzierten Tisch.

(Foto: Marco Einfeldt)

Sterben und Tod, davor fürchtet sich der Nandlstädter Autor Richard Lorenz nicht. Fünf Jahre lang arbeitete er auf der onkologischen Palliativstation als Krankenpfleger, bevor er sich ganz seiner Leidenschaft, dem Schreiben, widmete. Seine Erfahrungen mit sterbenden Patienten sind in seine Romane, besonders in "Frost, Erna Piaf und der Heilige", der 2016 erschienen ist, eingeflossen. Es sei eine schöne Arbeit gewesen, die Menschen auf der Station würdevoll zu begleiten, erinnert sich der 46-Jährige. Der Vater zweier 14 und 17 Jahre alten Töchter entschied sich dennoch, lieber finanziell bescheidener zu leben, den Krankenpflegerjob aufzugeben und seine Zeit nur mit Schreiben und der Familie zu verbringen.

"Mit Gedichten den Sterbenden einen Himmel zeigen. Diese Gabe besitzt der junge Frost, mit ihr wächst er zwischen RAF-Gespenstern und Traumgestalten inmitten einer ländlichen Stille auf - und entwickelt sich zu einem Wunderkind", heißt es im Klappentext zum Roman "Frost". Dieser entstand in Lorenz Elternhaus in Nandlstadt, wo der Autor in der Dachgeschosswohnung, umgeben von übervollen Bücherregalen, CDs und unzähligen Plakaten und Fotos lebt. Von den Wänden blicken Humphrey Bogart, Che Guevara, Bob Dylan, Leonard Cohen, Johnny Cash, Jack Nicholson und andere Künstlerikonen auf den Besucher herab. Die niedrige Zimmerdecke ist bunt bemalt, Räucherstäbchen verbreiten einen behaglichen Duft und im Aquarium plätschert das Wasser.

SZ-Serie: Wortschatz, Folge 8: Beim Schreiben hört Lorenz gern Musik von Tom Waits, Charlie Parker oder auch Georg Danzer.

Beim Schreiben hört Lorenz gern Musik von Tom Waits, Charlie Parker oder auch Georg Danzer.

(Foto: Marco Einfeldt)

Seine Ideen entstünden "aus Bildern, die ich im Kopf habe. Ich lasse die Gedanken kommen und weiß am Anfang nicht, wie die Geschichte endet", schildert Lorenz. Tagelang sitzt er an seinem runden, mit Mosaiksteinen verzierten Tisch im Wohnzimmer am PC und schreibt. Dazu hört er je nach Stimmungslage Musik von Tom Waits oder Charlie Parker, Ludwig Hirsch oder Georg Danzer.

Im Gegensatz zu seiner gemütlichen Wohnung, in der man in jeder Ecke immer wieder etwas Neues - ein Instrument, ein buntes Kissen oder das Bild eines Künstlers - entdeckt, sind die Themen in Lorenz Kurzgeschichten und Romanen eher ungemütlich. Als "intensiv, magisch und düster" wurden seine Werke schon beschrieben. Eines seiner Idole, Stephen King, habe einmal gesagt, das Schreiben eines Buches sollte nicht länger als eine Jahreszeit dauern, erzählt Lorenz. Dies trifft auch auf ihn selbst zu. "Wenn ich ein Buch schreibe, dann jeden Tag ungefähr 15 Seiten und das drei bis vier Monate lang." Schon seit seiner Jugend schreibt er, anfangs vor allem Kurzgeschichten, aber die lassen sich in Deutschland im Gegensatz zu den USA schlecht verkaufen.

Deshalb entwickelte er 2013 aus seiner Kurzgeschichte "Amerika-Plakate", die mit der Schauspielerin Katharina Wackernagel vertont worden war, seinen ersten Roman mit dem gleichen Titel. Für seine verschrobenen, fantastischen Geschichten zwischen Traum und Realität sei es schwierig, einen Verlag zu finden, sagt Richard Lorenz. Die Großen nehmen nach seiner Erfahrung nur Manuskripte, die sich sicher gut verkaufen lassen. Für Experimente oder Ideen abseits vom Mainstream sei auf dem Buchmarkt kein Platz. Schließlich fand er in Joachim Körber, der die Stephen-King-Werke übersetzte und den Verlag Edition Phantasia gegründet hat, einen Gleichgesinnten, der die "Amerika-Plakate" herausbrachte.

SZ-Serie: Wortschatz, Folge 8: In jeder Ecke der Wohnun gkann der Besucher etwas entdecken.

In jeder Ecke der Wohnun gkann der Besucher etwas entdecken.

(Foto: Marco Einfeldt)

2016 erschien dort auch sein zweiter Roman "Frost, Erna Piaf und der Heilige", außerdem verfasste Lorenz im gleichen Jahr das Drehbuch zum Abschlussfilm von Camilla Guttner an der Akademie für Film und Fernsehen in München. Für "Blauhimmel" erhielt die Regisseurin zahlreiche Preise. Ein Drehbuch zu schreiben, sei etwas ganz anderes als einen Roman. Die Dialoge und Szenen müssten ständig umgeschrieben werden, so dass schließlich viele Versionen heraus kämen, von denen nur eine verwirklicht werde, beschreibt der Autor. Nach dem Erfolg von "Blauhimmel" arbeitet er jetzt an einem weiteren Drehbuch für die Regisseurin. 2018 war ein sehr produktives Jahr, denn Lorenz schrieb außerdem einen neuen Roman sowie ein literarisches Jugendbuch. Für beide verhandelt der Autor derzeit mit Verlegern.

Für Richard Lorenz gehören Literatur und Musik untrennbar zusammen. Er liebt es, vor Publikum zu lesen und dazu Musiker einzuladen. In München war er mehrmals auf dem Tollwood-Festival, auf der kleinen Bühne im Münchner Schlachthof oder im Café Fraunhofer zu Gast. Im Landkreis Freising oder gar in Nandlstadt, sagt Lorenz bedauernd, sei es dagegen schwierig, ein Publikum zu gewinnen.

Die Werke

Diverse Kurzgeschichten und Gedichte, 2013 die E-Book-Serie "Kinderland" im E-Book Verlag hey! - erschienen als fünfteiliger Fortsetzungsroman; 2014 folgte mit "Amerika-Plakate" der erste Roman im Verlag Edition Phantasia, 2016 erschien im selben Verlag "Frost, Erna Piaf und der Heilige". Ebenfalls 2016 Drehbuch zum Spielfilm "Blauhimmel", Regie: Camilla Guttner.

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