SZ-Serie: Kulturspaziergang, Folge 5:Fernab der lärmenden Welt

Auf dem idyllischen Weg zur Alto-Quelle erlebt man immer wieder Momente heiliger Stille

Von Petra Neumaier, Altomünster

So still ist es hinter dem Rauschen der Bäume und dem Zwitschern der Vögel. Wie verschluckt sind sogar das ferne Brummen aus Auspuffrohren, das Wummern der Motorräder. Befremdlich, fast unheimlich. Zufall? Die wenigen Spaziergänger, denen man hier und dort auf dem Heiligen-Alto-Weg zur Alto-Quelle begegnet, schütteln die Köpfe. Und so darf vielleicht auch diese Stille zu den Wundern des Heiligen gezählt werden, von denen informative Tafeln auf der Spazierstrecke erzählen.

Altomünster

Die Altoquelle mit einem Standbild des Heiligen Alto liegt mitten in einem hügeligen Waldgebiet bei Altomünster.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Nur ein paar Schritte, dann hat man den quirligen Marktplatz mit seinem plätschernden Brunnen im Rücken. Ein grüner Wegweiser zeigte die Richtung und die Dauer der Rundwanderung: 2,5 Stunden. Rasch aufeinander folgen kleinere Schilder und führen sicher durch schmale Gässlein auf die Halmsrieder Straße. Entlang des schmalen Stumpfenbachs geht es hinaus aus dem Ort. Hübsche Häuser mit gepflegten Gärten säumen den Weg. Dann schon mündet er in eine schmale Feldstraße, die sattgrüne und buntblühende Wiesen trennt. "Zum Altobrünnl" heißt der Weg, an dessen rechter Seite 2005 der Indersdorfer Künstler Stefan Allmann eine "begeh- und besitzbare, analemmatische Sonnenuhr" in die Wiese installiert hat. Sie auszuprobieren, zu verweilen, verbieten an diesem Tag dunkle Wolken am Himmel. Vielleicht ein anderes Mal.

Also rasch weiter, schnurgeradeaus zwischen Streuobst- und anderen Wiesen und einem hübschen Wald. Die Gedanken werden langsamer, die Schritte leichter, obwohl es deutlich hinaufgeht. Zu idyllisch ist die weite Aussicht über Felder und Wälder, die sich auf sanften Hügeln auf und ab schwingen, zu beruhigend die Musik der Natur. Das Rauschen der Blätter in den Bäumen, das Zwitschern der Vögel und dahinter - nichts als absolute Stille.

SZ-Serie: Kulturspaziergang, Folge 5: Zum Rasten lädt eine Bank neben der begehbaren Sonnenuhr ein.

Zum Rasten lädt eine Bank neben der begehbaren Sonnenuhr ein.

(Foto: Toni Heigl)

Auf dem Hügel angekommen, taucht der Weg zu allen Seiten in den Wald ein. Herrlich ist der Duft, ungewöhnlich der Bewuchs: Rechts stehen dicht an dicht helle Birken auf einem grünen Pflanzenteppich, links recken sich junge und alte Tannen in den Himmel. Klein werden mit jedem Schritt auf dem weichen Waldboden die Sorgen über Corona & Co, groß die Fantasie, die zurückschweift in das achte Jahrhundert, als die Wälder hier noch dichter und weitaus größer waren, und der irische Wandermönch Alto sie durchstreifte auf der Suche nach einem Ort, an dem er sein Kloster gründen wollte. Es wundert nicht, dass er es unweit von hier fand.

SZ-Serie: Kulturspaziergang, Folge 5: Die ehemalige Klosterkirche mit Brunnen ist heute noch Mittelpunkt der Marktgemeinde Altomünster.

Die ehemalige Klosterkirche mit Brunnen ist heute noch Mittelpunkt der Marktgemeinde Altomünster.

(Foto: Toni Heigl)

Immer tiefer taucht der Weg in den dunkler und dichter werdenden Wald. Plötzlich Stimmen. Ausgelassene, jauchzende von unsichtbaren Kindern. Irgendwo zwischen den Bäumen hallen ihre Rufe hindurch, finden sogar ein Echo und verschwinden so schnell wie sie gekommen sind. Dann wieder diese beruhigende Stille. Sogar die Tritte, die jetzt steil hinab steigen müssen, sind auf dem weichen Boden kaum zu hören. In eine kleine Schlucht geht es hinab über ein paar Stufen, an dessen Grund ein hoher, mit Baumpilzen geschmückter toter Stamm wie ein riesiger Totempfahl in den Himmel ragt. Zu seinen Füßen führen zwei kleine Holzbrücken über Bächlein. Dahinter begleiten bunt bemalte Steine von Kindern den Weg: Der Kopf einer lustig schielenden Schlange bildet das Ende. Und fast unvermittelt steht man vor der Quelle, die eigentlich nur eine symbolische ist. Die "echte" entspringt in der Klosterkirche und speist den Brunnen im Sankt-Altohof und den Marktbrunnen. Egal, hübscher, als hier mitten im Wald, in dem grünen und stillen Talkessel könnte die Quelle gar nicht sprudeln. Aus der vermoosten Mauer pritschelt ein kleines, klares Wasserrinnsal. Bewacht von der überdachten Figur des Heiligen, der die Insignien seiner legendären Wunder in den Händen hält: den Hirtenstab, mit dem er auf die Erde stoßend, beim Kloster die Quelle hervorsprudeln ließ ("Brunnenwunder"); das Messer, mit dem er die zu rodenden Bäume kennzeichnete. Der Legende nach waren sie am nächsten Morgen gefällt und von den Vögeln gerodet ("Rodungswunder"). In der anderen Hand hält Sankt Alto einen Kelch mit einem Jesuskind darin. Das "Kelchwunder" ist ein weiteres Mysterium, bei dem, während eines von ihm zelebrierten Gottesdienstes, aus dem dargereichten Messkelch das Christkind entstiegen war. So viele Wunder an einem wundervollen Ort! Gerne verweilt man hier noch ein bisschen.

Die Wurzeln der Bäume flechten schließlich den Rückweg hinter und oberhalb des Gedenkortes. Noch immer ist es fast heilig still. Auch noch, als der Weg etwas später wieder unter freien Himmel und zwischen Wiesen und Feldern verläuft. Schwarz und rasch nähern sich die Wolken jedoch im Wind und beschleunigt die Schritte der Spaziergängerin um ein Vielfaches auf dem Weg, der nun ein Geh- und Radweg ist. Kurz vor dem Ortsschild wird noch einmal abgebogen. Steil hinauf geht es dann auf den Panorama-Hügel, der einen letzten herrlichen Rundumblick erlaubt, bevor einen dicke Regentropfen zurück zum Marktplatz treiben.

Auf den Spuren des Heiligen Alto. Wanderweg zur Alto-Quelle. Länge: etwa 6,5 Kilometer. Gehzeit:/ etwa 2,5 Stunden. Schwierigkeitsgrad: mittel. Informationen und Flyer unter www.tourismus-dachauer-land.de.

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