Süddeutsche Zeitung

Karlsfeld im Stau, Folge 4:Risiko-Management für Radler

Lesezeit: 3 min

Die Münchner Straße in Karlsfeld ist Hauptverkehrsachse für Tausende von Autopendlern. Fußgänger und Radfahrer werden von ihnen oft übersehen. Jetzt überlegt die Gemeinde, was sie verbessern kann. Eine Übersicht

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Unter einem Nadelöhr stellt man sich gemeinhin etwas Kleines vor. Die Münchner Straße in Karlsfeld hat vier Spuren und damit schon fast die Dimensionen einer Stadtautobahn, aber die zahlreichen Ampeln, die Ein- und Ausfahrten bremsen den Verkehr. Bei bis zu 44 000 Fahrzeugen am Tag ist das kein Wunder. Im neuen Verkehrsentwicklungsplan der Gemeinde gibt es schon ein paar Ansätze, wie man dem Verkehrsinfarkt entgegenwirken kann: mit einer Zuflusssteuerung und damit der Begrenzung des Verkehrs schon vor dem Ortsschild, mit einer Optimierung des Bussystems und einer echten Grünen Welle bei der Ampelschaltung.

Was in der öffentlichen Diskussion gerne übersehen wird: Die Münchner Straße ist nicht nur die Hauptverkehrsachse für Tausende von Autopendlern aus dem Landkreis. Dort sind auch tagein tagaus viele Fußgänger unterwegs, die Zahl der Radler ist mit etwa 1200 am Tag ebenfalls beachtlich. Im Stau stehen zwar nur die Autofahrer, aber mittelbar betroffen sind auch die anderen Verkehrsteilnehmer: Fußgänger stehen sich an den Ampeln die Füße in den Bauch, bis sie endlich mal über die Straße kommen, und Radler müssen höllisch aufpassen, dass sie nicht an einer der vielen Ausfahrten vom nächsten Auto auf die Kühlerhaube genommen werden.

Diesen alltäglichen Gefahren an der Münchner Straße trägt der neue Verkehrsentwicklungsplan Rechnung und zwar mit einer Vielzahl von Überlegungen und Vorschlägen. Die Wunderlösung gibt es nicht, nur ein Bündel von Einzelmaßnahmen. In vielen Fällen steht die Abwägung von Kosten und Nutzen noch aus, und ob das Staatliche Bauamt am Ende mitspielt, steht wieder auf einem anderen Blatt. Ein Überblick über die wichtigsten Änderungsvorschläge - mit all ihren Tücken.

Umgehungsstraße für Radfahrer

Das Problem: Egal wie viele Warnschilder, Straßenmarkierungen oder Spiegel man installiert, Radfahren an der Münchner Straße wird wegen unübersichtlichen Ausfahrten immer gefährlich bleiben. Und je schneller ein Radler unterwegs ist, desto kritischer wird es für ihn. Die Reaktionszeiten verkürzen sich, der Bremsweg verlängert sich. Für Radler, die es eilig haben, ist die Münchner Straße eine schlechte Route.

Die Lösung: Wie es der Radclub ADFC empfiehlt, rät auch der Verkehrsentwicklungsplan dazu, für Radfahrer andere Verkehrswege zu erschließen, die parallel zur Münchner Straße verlaufen. Sinnvoll wären daher der Lückenschluss zwischen den beiden Enden der Parzivalstraße im Westen und der Rathausstraße im Osten, einen Fuß- und Radweg durch die neue Ortsmitte mit Verlängerung über den Würmkanal ins Stadtgebiet München.

Der Haken: Die Grundeigentümer müssten mitspielen, und die Gemeinde müsste dafür schätzungsweise etwa 160 000 Euro in die Hand nehmen.

Größere Aufstellflächen

Das Problem: Nicht immer schaffen es Radfahrer und Fußgänger in einem Zug über die Straße. Dann müssen sie auf einer Verkehrsinseln auf die nächste Grünphase warten. Wenn größere Gruppen unterwegs sind, kann es auf den Aufstellfläche eng werden - und sehr ungemütlich wenn Lastwagen haarscharf vor der eigenen Nasenspitze vorbeidonnern. Wer konnte auch ahnen, dass Karlsfeld so schnell wachsen und so viele Leute auf der Straße unterwegs sein würden?

Die Lösung: Ginge es nach den Karlsfeldern, würde man die Grünphasen für Fußgänger und Radfahrer einfach etwas länger machen. Dann bräuchte man die Aufstellflächen auch nicht so oft als Warteinseln. Wo es möglich ist, sollen die Aufstellflächen vergrößert werden. Das Straßenbauamt prüft die Vorschläge.

Der Haken: Es gibt nicht viele Stellen an denen das möglich sein wird. Und was die Grünphasen betrifft: Das Staatliche Straßenbauamt findet die Länge für Fußgänger und Radfahrer ausreichend. Ausnahme ist die Kreuzung am Ortseingang. Dort wäre eine Verlängerung der Grünphasen um drei Sekunden machbar, ohne dass der Autoverkehr beeinträchtigt würde. Die Kosten müsste aber die Gemeinde tragen.

Knotenpunkt Bajuwarenstraße

Das Problem: Der verkehrsreichste Abschnitt an der Münchner Straße ist die Stelle, wo sie mit der Bajuwarenstraße aufeinanderstößt. Leider stoßen hier auch die Verkehrsteilnehmer oft zusammen. Im Jahr 2015 krachte es hier 18 Mal - so oft wie nirgendwo sonst im Landkreis. Das liegt auch daran, dass die Rechtsabbieger aus der Bajuwarenstraße losfahren, wenn sich gerade eine Verkehrslücke auf der Münchner Straße auftut. Manchmal ist die Lücke zu klein - oder ein Radfahrer quert, mit dem der Autofahrer nicht gerechnet hat.

Die Lösung: Wann man gefahrlos vom Rechtsabbiegestreifen auf die Münchner Straße fahren kann, soll durch eine Ampel geregelt werden, wie es auf den anderen Spuren der Straße bereits der Fall ist.

Der Haken: Wenn man nur noch bei Grün abbiegen darf, führt das zwangsläufig zu einem gewissen Rückstau. Der Rechtsabbiegestreifen müsste nach Einschätzung eines Planungsbüros deshalb auf etwa 60 Meter verlängert werden.

Knotenpunkt Allacher Straße

Das Problem: Nirgendwo an der Münchner Straßen queren Fußgänger und Radler die Straße so oft wie hier, und nirgendwo ist es so mühsam, auf die andere Straßenseite zu gelangen. Wegen der Abbiegestreifen muss man drei Fahrbahnen überqueren - und jedesmal die Ampel drücken und jedesmal warten, bis sie auf Grün springt.

Die Lösung: Es wird geprüft, ob die Druckknopfanforderung entfallen kann. Falls nicht, soll die Schaltung für die Fußgänger so kurz wie möglich gehalten werden. Auch ein Tonsignal für Blinde ist geplant.

Der Haken: Zwischen dem Autoverkehr an der Allacher Straße und den anderen Verkehrsteilnehmern gibt es so viele Konfliktpunkte, dass ein Umbau des Knotenpunkts womöglich viel sinnvoller ist. Doch wie das aussehen sollte, weiß noch keiner.

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Quelle:
SZ vom 03.06.2016
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