SZ-Serie: Influencer im Landkreis, Folge 1:Abnehmen mit 122 000 Zuschauern

Foodbloggerin

Wenn Magdalena Zellner nicht gerade in ihrem Job arbeitet, kreiert sie neue Rezepte, fotografiert und kommentiert sie.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Magdalena Zellner ist Influencerin auf Instagram. Fast jeden Tag teilt sie Rezeptideen und gibt Ernährungstipps. Was nach leicht verdientem Geld aussieht, ist harte Arbeit.

Von Eva Waltl, Dachau

Magdalena Zellner spaziert auf schneebedeckten Wanderwegen. Sie ist nicht alleine, sondern wird von fetziger Musik und 122 000 Zuschauern begleitet, die ihren Fotos und Videos auf Instagram folgen. Bei veröffentlichten Sportvideos sei ihr Hund der "geheime Star", sagt Zellner schmunzelnd. Die Dachauerin ist seit zwei Jahren auf Instagram aktiv.

Ihr Account mit dem Namen leni.isst besteht größtenteils aus Rezeptideen. Diese bestechen dadurch, dass sie "schneller gekocht sind, als eine Bestellung vom Lieferdienst ankommt", erklärt sie. Mehr als 400 solcher Rezepte bietet sie auf ihrem Account an, daneben stehen Tipps rund um Ernährung und Methoden zur Bekämpfung von Heißhungerattacken. Heute zählt die 32-Jährige 122 000 Abonnenten. Seit etwa fünf Jahren lebt sie in der Stadt Dachau. Begonnen hat ihre Social-Media-Laufbahn mit einem nicht unüblichen Neujahrsvorsatz: "Ich wollte abnehmen und meinen Prozess dokumentieren", sagt sie. Der Account, ihr "persönliches Abnehmtagebuch", sei ihr dabei ein Ansporn gewesen, nicht nach kurzer Zeit wieder aufzugeben. "Ich teilte meinen Abnehmverlauf und weil mir Menschen dabei zusahen, hatte ich einen gewissen Druck, der mich sehr motivierte." Aus diesem Grundkonzept entwickelte sich im Laufe von zwei Jahren ein Profil mit professionellen Bildern, Kooperationspartnern und einer eigenen Homepage mit Rezepten.

All das ist keineswegs ein Zufallsergebnis, vielmehr steckt harte Arbeit und ein ausgeklügeltes Konzept dahinter. "Ich habe angefangen, mich intensiv mit der Thematik Social Media zu beschäftigen." Influencer zu werden, sei dabei nicht unbedingt ihr Ziel gewesen. Dass dies ohnehin im allgemeinen Verständnis "leichtverdientes Geld" sei, sei ein weitverbreiteter Irrglaube, betont die Bloggerin. Pro Woche bringt sie in ihrer Freizeit neben ihrer Vollzeitbeschäftigung etwa 20 bis 30 Stunden auf, um ihren Account zu aktualisieren. An manchen Sonntagen steht sie bis zu sieben Stunden in der Küche, kocht, fotografiert, formuliert Bildunterschriften. "Wenn ich auf dem Crosstrainer stehe, beantworte ich Nachrichten." Sie habe oft auf über hundert Anfragen zu reagieren. Diese beinhalten sowohl anerkennende Worte der Bewunderung als auch beleidigende Angriffe. "Es ist die komplette Bandbreite an Reaktionen dabei", sagt sie. Es kann auch ein rauer Umgangston herrschen: Von Teenagern, die sie beschimpfen, bis hin zu Verurteilungen - "Wie kannst du überhaupt Nudeln essen?" - ist alles dabei. Man muss sich eine dicke Haut zulegen: "Ich bin froh, dass ich schon über 30 bin und mit dieser Art von Kommentaren umzugehen weiß. Es wird erwartet, alles perfekt und richtig zu machen." Jedes kleine Detail bietet Angriffsfläche. "Jeder denkt, er könnte mein Leben kommentieren", erklärt sie. Insgesamt freut sie sich aber über den überwiegend positiven Zuspruch. Dieser wiederum treibt sie an weiterzumachen. "Ich konnte bereits viele Menschen inspirieren und aufklären, dass man auf gesundem Weg abnehmen kann."

Aber nicht nur Zellner wird von den Reaktionen ihrer Follower beeinflusst. Genauso funktioniert es auch umgekehrt. Unter den Menschen, die der 32-Jährigen folgen, gibt es viele Jugendliche, vor allem viele junge Mädchen. Soziale Netzwerke sind zum ständigen Begleiter der Pubertät geworden. Besonders Jugendliche nutzen digitale Medien zur Kommunikation, zum Austausch, zur Vernetzung. Mit steigender Reichweite, wächst auch die Verantwortung, die die Dachauerin innehat. Vor allem Kanäle, die sich auf Themen wie Gesundheit, Schönheit, Körpergewicht und Sport beziehen, können nachweislich vor allem eine junge Generation und deren Verhältnis zu eben jenen Themen beeinflussen. Instagram ist nicht mehr bloß eine Plattform mit kurzen, unterhaltsamen Videos und hübschen Filtereffekten. Die Wirkung der Influencer und der gezeigten Inhalte auf jene, die konsumieren, ist enorm.

Zellner ist sich ihrer Rolle als Vorbild bewusst. Immerhin gibt es 122 000 Menschen, die sich ihre Videos und Bilder regelmäßig ansehen. "Ich will mit meinem Account aufklären, dass man sich nicht runterhungern muss." Sie zeigt in ihrem Profil einen Leitfaden für einen gesunden Weg, weit weg von Extremen. Im vergangenen Jahr hat Zellner die erschreckende Erfahrung gemacht, dass "unglaublich viele Frauen und auch junge Mädels begannen, sich zu vergleichen", erzählt sie. Die Reaktion vieler Follower habe sie hellhörig gemacht. "Ich habe bemerkt, dass bei vielen Abonnenten die Zahl auf der Waage darüber entscheidet, ob ein guter oder ein schlechter Tag beginnt." Daraufhin entfernte sie alle Beitrage, die ihr Körpergewicht zeigten. Sie betont in ihren Posts ausdrücklich: "Deine Figur entscheidet nicht darüber, ob du liebenswert bist."

SZ-Serie: Influencer im Landkreis, Folge 1: Mit steigender Reichweite, wächst auch die Verantwortung.

Mit steigender Reichweite, wächst auch die Verantwortung.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Zellner überlegt genau, welche Botschaft sie mit ihren Bildern sendet. Dies sei eine große Herausforderung. Aber sie hofft, dass sie mit ihrem Account dazu beitragen kann, dass ein Umdenken vor allem bei der jüngeren Generation stattfindet.

Auch die Themen, die sie vorstellt, haben sich erweitert. Ihr Auftreten auf sozialen Plattformen ist weit mehr als das bloße Darlegen von Ernährungsvorschlägen. Viele Aspekte, die indirekt mit ihrer Grundidee zu tun haben, wurden im Laufe der zwei Jahren relevanter. Vor allem Umweltfragen rückten mehr und mehr in den Fokus. "Ich verwende beispielsweise keine Gefrierbeutel mehr, sondern wiederverwendbare Silikongefrierbeutel."

Innerhalb von zwei Jahren ist die Zahl ihrer Follower rasant angestiegen. Seit etwa einem Jahr verdient die 32-Jährige Geld in Form von Kooperationen. Sie wirbt in ihren Posts für Nussriegel, Proteinpulver oder Sportklamotten. Ihrem Account und ihrer Philosophie möchte sie dabei treu bleiben. Produkte, die nicht mit ihrer Grundidee vereinbar sind, schickt sie alle zurück: "Ich würde keinen Nagellack bewerben, sondern nur Artikel, die ich selbst wirklich gut finde", erklärt Zellner.

SZ-Serie: Influencer im Landkreis, Folge 1: Zellner entwickelte im Laufe von zwei Jahren ein Profil mit professionellen Bildern, Kooperationspartnern und einer eigenen Homepage mit Rezepten.

Zellner entwickelte im Laufe von zwei Jahren ein Profil mit professionellen Bildern, Kooperationspartnern und einer eigenen Homepage mit Rezepten.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Wenn sie einen fernen Blick in ihre Zukunft wagt, möchte sie weitermachen und im Bereich Ernährungsberatung Aufklärungsarbeit leisten. Hierfür hat sie vergangenes Jahr berufsbegleitend ein Studium der Ernährungswissenschaft begonnen. Das sei aber noch "weit gedacht". Bis dahin kocht sie weiter und teilt in fast täglichem Rhythmus ihre Rezepte und Sportvideos, in denen von Zeit zu Zeit auch ihr Hund einen kurzen Auftritt hat.

In einer losen Serie stellt die SZ Dachau einflussreiche Persönlichkeiten des Landkreises vor, die auf sozialen Netzwerken eine große Reichweite und eine beträchtliche Zahl an Abonnenten erreicht haben. Was steckt hinter den regelmäßig veröffentlichten Bildern? In aufschlussreichen Gesprächen erzählen Influencer ihre individuelle Geschichte, sprechen über Erfahrungen mit Instagram und Co. und zeigen, dass mehr notwendig ist als fröhliche Hundefilter und glitzernde Spaßvideos.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: