SZ-Serie: Die Zwanziger, Folge 3: Stadtentwicklung:Stadt der kurzen Wege

Auf Grundlage des Bürgerprojekts "Dachau denkt weiter" ist ein neues räumliches Leitbild für die Kreisstadt entstanden: Der Handel soll vom Rand wieder stärker ins Zentrum rücken und Lücken im Busnetz geschlossen werden

Von Julia Putzger, Dachau

Was anfangs wie ein Wunschzettel klang, den jemand beim eifrigen Durchblättern eines Katalogs erstellt hatte, nimmt nun konkrete Formen an: Aus den zahlreichen Beiträgen in den Workshops des Projekts "Dachau denkt weiter" ist ein räumliches Leitbild entstanden, das Grundlage für die Erstellung eines neuen Flächennutzungsplans für die Stadt sein wird. Daran lassen sich die bestimmenden Entwicklungen für das neue Jahrzehnt und darauffolgende ablesen. Zentral dabei: Dachau soll eine kompakte Stadt der kurzen Wege werden.

Um in der Fülle von Ideen und Wünschen den Überblick zu behalten, lag der Fokus des Projekts auf acht Themenfeldern, sogenannten Entwicklungszielen. Daraus wiederum ergibt sich ein komprimiertes Gesamtbild: Zukünftig sollen die Dachauer Bürger sich in einem grünen Gürtel, der das Stadtgebiet umschließt, erholen können. Die Stadt soll auch in Zukunft eigenständig wahrnehmbar sein, erkennbar zum Beispiel durch markante Stadteinfahrten. Für Vernetzung mit dem Umland sollen gut ausgebaute Verkehrsachsen sorgen. Die beiden Zentren - Altstadt sowie Unterer Markt - sind als Wohlfühlorte und Treffpunkte für die Dachauer angedacht.

Der Blick ins Detail offenbart: Bis all das erreicht ist, wird zwar noch einige Zeit vergehen, wichtige Schritte auf dem Weg dorthin sind aber bereits skizziert. Konkreter wird es, sobald der Stadtrat in den nächsten Monaten den neuen Flächennutzungsplan erarbeitet. Dieser ist Grundlage für die räumliche Entwicklung und legt beispielsweise fest, wo neuer Wohnraum entsteht oder welche Flächen für Gewerbe vorgesehen sind. Denn der aktuelle Flächennutzungsplan stammt noch aus dem Jahr 1989. Das räumliche Leitbild dient nun also als Basis für die Erstellung dieses neuen Flächennutzungsplans, ist aber auch "Leitfaden für unser tägliches Handeln", wie der städtische Bauamtsleiter, Moritz Reinhold, erklärt. Denn aufgrund des einstimmigen Beschlusses im Stadtrat über das Leitbild könne man sich stets an den dort fixierten Eckpunkten orientieren.

Eines der acht Entwicklungsziele ist die umweltfreundliche Mobilität. Unter diesem Punkt ist beispielsweise von einem Ausbau des Radwegenetzes - auch ins Umland - oder der Vernetzung der unterschiedlichen Verkehrsträger zu lesen. Die Entwicklung des Dachauer Bahnhofs sei dafür ein Schwerpunktbereich, erklärt Annegret Michler vom Planungsbüro "Die Stadtentwickler", das maßgeblich an der Erarbeitung des Leitbilds beteiligt war. Bei der zukünftigen Entwicklung im Bereich Mobilität sei es besonders wichtig, Lücken konstant zu schließen: "Wenn ich Flächen neu entwickle", sagt Michler und tippt dabei auf einer Karte des Dachauer Stadtgebiets auf den Südosten, "dann muss ich auch das Haltestellennetz entsprechend anpassen und nicht nur die Straßen neu denken".

Die Dachauer Wirtschaft der Zukunft soll laut Leitbild "innovativ, vielfältig und nachhaltig" sein. Das heißt, dass auf dem begrenzt vorhandenen Platz moderne Arbeitsplätze mit einer hohen Dichte entstehen sollen. Ein von den Bürgern im Rahmen des Projekts vielfach geäußerter Wunsch sei außerdem gewesen, den Handel, der derzeit in geballter Form vor allem im Osten der Stadt zu finden ist, wieder zurück ins Zentrum zu führen und Flächen so zu "recyceln", wie Michler ausführt. Das passe wiederum gut zum Ziel der nutzungsgemischten und vielfältigen Stadt, das eine verstärkte Entwicklung der Quartiersstruktur vorsieht. Die Menschen wünschten sich attraktive Stadtteilzentren und eine fußläufig erreichbare Nahversorgungsstruktur. Auf den Karten, die das räumliche Leitbild visualisieren sind darum leuchtend orange Punkte eingezeichnet, die sich über das gesamte Stadtgebiet verteilen.

Sowohl Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) als auch Annegret Michler loben das große Engagement der Bürger, die ihre Ideen während des 16 Monate andauernden Prozesses immer wieder intensiv einbrachten. Im Vergleich zu anderen Großstädten, in denen es ähnliche Projekte gab, seien die Dachauer Bürger Spitzenreiter. "Ich glaube, wir haben hier eine Bürgerbeteiligungskultur geschaffen, in der alle wissen, dass Ideen nicht weggeschoben werden, sondern wirklich versucht wird, diese umzusetzen", stellt Hartmann zufrieden fest. Knackpunkte, an denen die Umsetzung des Konzepts scheitern könnte, sieht er auf Grund des einstimmigen Stadtratsbeschlusses vorerst nicht, "aber natürlich werden wir diskutieren, wenn es flächenscharf wird". Auch Bauamtsleiter Reinhold ist zuversichtlich, was die Verwirklichung angeht. Denn dass das Konzept kein leeres Versprechen sei, zeige sich schon allein anhand der derzeitigen Planungstiefe, wie sie beispielsweise in den verschiedenen Karten sichtbar wird.

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