Vor dem Eingang des Klostermuseums Altomünster steht eine höchst weltliche Gestalt, ein älterer Mann mit blauem Anzug und gelber Krawatte, eine unübersehbare Geste der Solidarität mit der vom Krieg gemarterten Ukraine. Die lebensechte Skulptur ist eine Arbeit des Künstlers Clemens Heinl, er war Teilnehmer des ersten Künstlersymposiums in der Marktgemeinde. Die Skulptur symbolisiert zugleich die Aufgaben, die sich der Museums- und Heimatverein Altomünster bereits im 26. Jahr gestellt hat: Einen Einblick in das Leben des Birgittenordens und seiner Gründerin der heiligen Birgitta von Schweden, zu geben. Schließlich war der Orden von 1497 bis 2017 prägend für Altomünster.
Dass es dieses Museum überhaupt gibt, ist einer großen zivilgesellschaftlichen Anstrengung in den 1980er Jahren zu verdanken. Seinerzeit gab es den Plan, ein Heimatmuseum zu gründen, da man bereits etliche Gegenstände gesammelt habe, so Peter Schultes, der neben Wilhelm Liebhart einer der Motoren dieses Projekts war.
Die Gemeinde überließ dem Verein die sanierungsbedürftigen Räumlichkeiten
Die Räumlichkeiten - zwei heruntergekommene, sanierungsbedürftige Häuser - überließ die Gemeinde dem Verein. Doch Heimatmuseen gebe es schon reichlich, es bedürfe eines Alleinstellungsmerkmals, rieten damals Fachleute der Landesstelle für nichtstaatliche Museen. Das Altomünsterer Alleinstellungsmerkmal war buchstäblich mit Händen zu greifen: das Kloster, seine Geschichte und seine Bedeutung für Altomünster, auch aus wirtschaftlicher Sicht. Mit Überzeugungskraft, Geduld und einer gehörigen Portion Chuzpe brachten Liebhart und Schultes die notwendigen Mittel auf und motivierten mindestens den halben Ort zu tätiger Mitarbeit bei der Sanierung. So entstand das deutschlandweit einzige Birgittenmuseum, unterstützt und begleitet von der damaligen Oberin M. Antonia Holzapfel.
Ausstellung in Altomünster:Schatzkammern des Volkswissens
Das Museum Altomünster zeigt in seiner neuen Ausstellung Bücher der Universitätsbibliothek Augsburg über Heilpflanzen, die ältesten stammen noch aus dem 16. Jahrhundert. Die prächtig illustrierten Folianten geben einen Einblick, welche Pflanzen im Laufe der Zeit zu Linderung und Heilung genutzt wurden.
Die zweite Aufgabe des Museumsvereins war es, das kulturelle Leben in Altomünster aktiv mitzugestalten - mit Sonderausstellungen, Lesungen, Vorträgen, Konzerten und vielem mehr. Mehr als 100 Ausstellungen mit einem breiten Themenspektrum haben die ausschließlich ehrenamtlich tätigen Vereinsmitglieder bislang auf die Beine gestellt: von filigranen Puppenhäusern mit lebensechten Bewohnern im Miniaturformat bis zu zeitgenössischer Malerei und Bildhauerei, von traditionellen und modernen Skulpturen afrikanischer Künstlerinnen und Künstler bis zur Ausstellung "Galerie der Aufrechten", die prägende Persönlichkeiten des Widerstands gegen den Nationalsozialismus vorstellte.
Im vergangenen Jahr dominierten das erste Künstlersymposium mit Ausstellungen und Werkstattbesuchen sowie die Schau "Amazonen - Magnitudo animi oder die Kraft der Emotion". Heuer ging es gleich mit einem Paukenschlag los: "Heilpflanzen in alten Büchern der Universitätsbibliothek Augsburg" sind aktuell zu sehen.
Wobei 2023 für die Aktiven des Museumsvereins eine echte Herausforderung wird: Es gilt die 250 Jahre alte Johann-Michael-Fischer-Kirche und den 650. Todestag der heiligen Birgitta, gebührend zu würdigen - mit Ausstellungen, Vorträgen und einer Buchvorstellung.
Wieviel Improvisationskunst das abverlangen kann und wie groß das kulturelle Netzwerk des Vereins ist, zeigt die kurzfristige Absage der geplanten Ausstellung mit Schätzen aus dem Archiv des Birgittenklosters, die mittlerweile im Diözesanmuseum Freising lagern. Quasi im Hauruck-Verfahren gelang es dem Verein, eine neue Ausstellung zu konzipieren und zu realisieren: "Lebensreise einer Heiligen - Birgitta von Schweden 1303-1373" Sie wird am Sonntag, 7. Mai, eröffnet.
In Arbeit sind ein Klosterkochbuch und ein Museumsführer für Kinder
Doch damit ist es nicht getan. Schritt für Schritt soll das Klostermuseum heutiger Museumspädagogik und -didaktik angepasst werden, wie Vorstandsmitglied Regina Schüffner sagt. So gibt es mittlerweile Audioguides, die in zehn Stationen das klösterliche Leben und die Kunstschätze des Museums erläutern - letztere sind fast alle Dauerleihgaben. In einem nächsten Schritt soll entsprechende Musik die spirituelle Stimmung in den Räumen untermalen. In Arbeit sind auch ein Klosterkochbuch und ein Museumsführer für Kinder. Und dann wäre da noch die umfangreiche Trachten- und Gwand-Sammlung von Rosmarie Henkel, die derzeit in der gegenüberliegenden Museumsgalerie fachgerecht gelagert ist.
Diese würde Vorsitzender Liebhart nur zu gerne bald der Öffentlichkeit präsentieren. Doch dazu braucht es Zeit, die kaum mehr jemand hat und noch mehr ehrenamtliche Mitarbeit. Denn auch der Museumsverein hat das Problem zahlreicher bürgerschaftlicher Organisationen: Etliche Mitglieder sind im Rentenalter, Nachwuchs gibt es kaum bis gar nicht. "Da hilft nur persönliche Ansprache", ist Liebhart nach vielen Aktionen überzeugt. Das wäre auch nötig, sollte der Traum des Museums-Mitbegründers allen Widrigkeiten zum Trotz einmal Wirklichkeit werden: In den Mauern des vor sich hin dämmernden ehemaligen Klosters das Klostermuseum zu etablieren. Realistischer sind da sein Wunsch und sein Versprechen, "alles dafür zu tun, dass sich das Klostermuseum als kulturelles Zentrum im nördlichen Landkreis Dachau weiter behauptet".