SZ-Forum in Dachau:Schwerarbeit Erziehung

Schulen beklagen sich über mangelde Disziplin im Unterricht, Betriebe schimpfen über unreife Bewerber, Eltern sind überfordert. Beim SZ-Forum sind sich Experten aber einig: Schuld daran sind meistens nicht die Kinder.

Petra Schafflik

Um junge Menschen auf dem Weg ins Erwachsenenleben zu begleiten, wollen Betriebe und Schulen künftig noch enger kooperieren und auch die Familien in einer Art Erziehungspartnerschaft stärker einbeziehen. Das ist ein Ergebnis der SZ-Podiumsdiskussion zum Thema "Lieben wir unsere Kinder lebensuntüchtig", bei der am Donnerstag im Ludwig-Thoma-Haus mehr als 100 Besucher mit Experten auf dem Podium diskutiert haben. Die engagierte Debatte beim SZ-Forum macht eindrucksvoll deutlich, auf welch großes Interesse Erziehungsfragen aktuell im öffentlichen Diskurs stoßen.

Puppen in einem Kindergarten in München, 2011

Herausforderung Kindererziehung: Immer mehr Eltern fühlen sich überfordert, Schulen klagen über mangelde Disziplin.

(Foto: Catherina Hess)

Eine wachsende Zahl von Jugendlichen gilt den Betrieben als nicht ausbildungsreif, Schulen beklagen mangelnde Disziplin, Familien fühlen sich überfordert. "Eltern wollen das Beste und müssen sich doch den Vorwurf gefallen lassen, Tyrannen zu erziehen", sagte SZ-Redakteur Helmut Zeller, der die Diskussion moderierte. Über Ursachen und Hintergründe dieser Entwicklung diskutierten auf dem Podium Albert Sikora, Leiter der Mittelschule Dachau-Süd, Silvia Kuffer von der Caritas Erziehungsberatung, Peter Hranicka, Leiter der Heilpädagogischen Tagesstätte im ZJE, Christine Unzeitig von der örtlichen IHK und Karin Mettin, die als Mutter aus dem Erziehungsalltag berichtete.

Auf den gesellschaftlichen Wandel, der berufstätige Eltern oft mit der Erziehung überfordert zurück lässt, haben die Schulen bereits reagiert, betonte Schulleiter Albert Sikora. Mit Angeboten wie Schulsozialarbeit und Ganztagsbetreuung "versuchen wir, einen verlässlichen Rahmen zu setzen". Neben der reinen Wissensvermittlung gewinne die Ausbildung eines adäquaten Sozialverhaltens an Bedeutung. Regelmäßig nutzten schon jetzt Lehrer spezielle Verfügungsstunden, "um Probleme aufzuarbeiten". Nun gelte es, Eltern stärker einbinden, so Sikora. "Alle müssen sich umstellen." Auch Betriebe sollten reagieren, fordert IHK-Vertreterin Christine Unzeitig. Schon heute kooperieren Schulen und Unternehmen eng. Unter anderem begleiten ehrenamtliche Mentoren Schüler am wichtigen Übergang ins Berufsleben. Aber "Defizite im Sozialverhalten können in der Ausbildung nicht mehr ausgeglichen werden", erklärte Unzeitig.

Daher müssten klassische Werte wie Eigenverantwortung, Respekt und Disziplin wieder stärker auch in den Familien eingeübt und vermitteln werden, lautete eine weitere Forderung der Diskussionsteilnehmer. Werte, die zugunsten von Selbstverwirklichung und Individualismus in den Hintergrund geraten sind. "Heute zählt Erfolg, Spaß und Konsum", merkte Peter Hranicka kritisch an. Doch schon kleine Kinder müssten lernen, "Verantwortung für ihr eigenes Tun zu übernehmen", betonte Karin Mettin.

Vor plakativen Schuldzuweisungen warnten die Diskussionsteilnehmer. "Die Verantwortung, Kinder ernst und wichtig zu nehmen, haben wir alle", betonte Psychologin Silvia Kuffer. Im Sinne einer Erziehungspartnerschaft gilt es daher, die Kooperation von Schulen, Betrieben und Eltern weiter zu intensivieren. Das Ziel ist für Christin Unzeitig klar: "Wir alle helfen damit den Kindern gemeinsam auf ihrem Weg in die Zukunft."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: