SZ-Adventskalender:Nachhilfe für Mütter und Väter

Beim Elterntalk besprechen die Teilnehmer Fragen rund um das Thema Erziehung. Das Projekt ist sehr gefragt

Von Petra Schafflik, Dachau

Ein Smartphone schon mit elf, was spricht dagegen? Wie viele Gäste beim Kindergeburtstag sind üblich? Mein Sohn hat Probleme in der Schule, was soll ich tun? Solche wenig spektakulär anmutende Fragen sind es, die Eltern umtreiben. Doch während früher etwa in der Kindergarten-Garderobe Mütter und Väter Tipps und Ratschläge austauschten, bleibt dafür heute im durchgetakteten Alltag von Familien kaum Zeit. Und gerade Eltern mit Migrationshintergrund finden zu hilfreichen Informationen oft keinen Zugang.

Diese Lücke füllt jetzt das Projekt Elterntalk im Mehrgenerationenhaus der Arbeiterwohlfahrt. Die Idee: Eltern treffen sich auf Einladung einer Familie zum Gedankenaustausch rund um Themen der Erziehung. Moderiert werden die Veranstaltungen bewusst nicht von Fachkräften, sondern von erfahrenen Müttern oder Vätern. Einen pädagogischen Anspruch haben die Treffen nicht, niemand wird belehrt, "es gibt kein richtig oder falsch", sagt Sabina Endter-Navratil, die das Projekt im Landkreis koordiniert. Dennoch wird viel erreicht, betont sie. Denn allein der Gedankenaustausch stärkt Eltern, bevor überhaupt Probleme auftreten. Indirekt erreicht man, dass Kinder gut unterstützt aufwachsen und ihre Bildungschancen wahrnehmen können.

Wie gefragt diese gesellige Elternbildung am Wohnzimmertisch ist, zeigt die Entwicklung des Projekts. Innerhalb eines Jahres wurden fünf Gruppen gegründet, alle paar Wochen setzen sich dort vier bis sechs Väter und Mütter mit einer Moderatorin zusammen. Sie treffen sich zum Gespräch privat bei einer Gastgeberin. Die Veranstaltungen laufen möglichst zwanglos ab, das Thema wird von den Teilnehmern ausgesucht, jeder und jede soll zu Wort kommen. Offenbar haben insbesondere ausländischen Familien Bedarf am Elterntalk, alle bisher in Dachau gestarteten Gruppen moderieren Migrantinnen.

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Eine davon ist eine arabischsprechende Großmutter, die junge Mütter mit ähnlichem kulturellen Hintergrund zum Erfahrungsaustausch einlädt. Diskutiert werden - wie in allen Runden - Fragen zu Ernährung, Mediennutzung, Konsum und Suchtvorbeugung. Es geht darum wie ein Kindergeburtstag abläuft, welche Feste im Jahreslauf in den Familien gefeiert werden. Gesprochen wird darüber, wie Eltern gut mit Krisen, wie einem Todesfall in der Familie oder einer Trennung umgehen.

Aber gerade auch die Schule bietet viel Gesprächsstoff. Denn das Zusammenwirken von Elternhaus und Bildungseinrichtung läuft nicht überall nach demselben Muster. Im Gegenteil. Kaum irgendwo auf der Welt wird eine so starke Mitwirkung der Eltern vorausgesetzt wie in Deutschland. Die Folge: Wo einheimische Familien meist ganz selbstverständlich Hausaufgaben kontrollieren oder Vokabeln abhören, sehen Eltern aus anderen, auch westlichen Ländern dies allein als Aufgabe der Schule an. Weil in ihrer Heimat die Einmischung der Familie eher unüblich ist.

Dagegen würden asiatische Väter und Mütter ihre Kinder oftmals enorm unter Leistungsdruck setzen, sagt Koordinatorin Endter-Navratil. Daher müssten die einen Eltern motiviert, die anderen eher "eingebremst" werden. Ganz nebenbei wird also beim Elterntalk erreicht, was Pädagogen an Schulen und Kitas als Manko beklagen. Da einige Familien mit Migrationshintergrund klassische Elternabend wegen der sprachlichen Barrieren auslassen, fehlen ihnen wichtige Informationen. Genau hier können die Moderatoren eines Elterntalks als sprachliche wie kulturelle Dolmetscher fungieren.

"Mit diesem Projekt kommen wir in Kulturkreise, die wir bisher mit keinem Angebot erreichen konnten", sagt auch Karin Ulrich, Leiterin des AWO-Mehrgenerationenhauses. Dabei geht es beim ergebnisoffenen Elterntalk immer um Vermittlung, um Gedankenanstöße, nie um Belehrung. Nie steht eine Lösung aus dem Lehrbuch im Fokus, vielmehr sollen die Teilnehmer ihre Position überdenken und auch andere Erziehungsansätze kennenlernen. Am wichtigsten sei die Erkenntnis, "andere haben auch Probleme, kämpfen mit demselben Thema", so Ulrich.

Der Elterntalk ist keine Erfindung des Mehrgenerationenhauses. Vielmehr handelt es sich um ein bayernweites Angebot der Aktion Jugendschutz, das vom Familien- und Gesundheitsministerium finanziell gefördert wird. Zuschüsse vom Jugendamt, wie sie in anderen Regionen fließen, gibt es im Landkreis aber nicht. Der SZ-Adventskalender unterstützt den Elterntalk, damit Fachreferenten zur Fortbildung der Moderatorinnen eingeladen werden können. Koordinatorin Endter-Navratil möchte das erfolgreich angelaufene Vorhaben gerne ausweiten, um auch stärker noch deutsche Familien zu erreichen und Bürger in allen Ortschaften des Landkreises. Wer sich vorstellen kann, eine Elterntalk-Gruppe zu moderieren, erhält weitere Informationen bei Sabina Endter-Navratil unter Telefon 0151/5483 4721 oder per Mail an Elterntalk@awo-dachau.de.

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