Süddeutsche Zeitung

SZ-Adventskalender:Hilfestellung zur Selbständigkeit

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Das Haus des Lebens kümmert sich um Mütter, die lernen müssen, mit ihren Kindern zurechtzukommen. Der SZ-Adventskalender unterstützt die Einrichtung

Von Petra Schafflik, Hebertshausen

Schon übermorgen wird sie ihren Koffer in die Hand nehmen und gemeinsam mit dem kleinen Sohn in ein neues, selbständiges Leben starten. "Aufgeregt bin ich schon, aber jetzt schaffe ich das", sagt die 21-jährige Katharina T. (Namen geändert). Eigene Wohnung, verantwortlich sein für Kind, Haushalt und Finanzen - eine Herausforderung, die sich die junge Mutter eines vierjährigen Buben jetzt zutraut. Das war nicht immer so: Trotz Hilfe ihrer Eltern war die damals 17-Jährige nach der ungeplanten Schwangerschaft überfordert mit dem Baby, der neuen Lebenssituation.

Nach einigem Hin und Her holte sie sich schließlich Hilfe vom Jugendamt. Und ließ sich überzeugen von den Vorteilen einer Mutter-Kind-Einrichtung. Eineinhalb Jahre lebte die junge Frau, über die die SZ bereits im vorigen Jahr berichtete, dann mit ihrem Buben im Haus des Lebens in Deutenhofen. "Eine wirklich gute Entscheidung", sagt sie jetzt rückblickend. "Hier habe ich Selbständigkeit gelernt."

Wenn Katharina M. nun auszieht, ist ihr Zimmer schon wieder vergeben. Denn die Einrichtung, vom Verein Haus des Lebens im denkmalgeschützten Schlossflügel des ehemaligen BRK-Altenheims 2017 eröffnet, hat viele Anfragen. "Wir sind voll belegt, der Bedarf ist groß", sagt Leiterin Anja von der Fecht. Jugendämter aus München und Oberbayern schicken junge Mütter mit ihren Kindern nach Deutenhofen, wo sie ein Zuhause auf Zeit finden. Platz ist dort für neun Frauen und ihre Kinder, die im renovierten Altbau individuell möblierte Räume, großzügige Gemeinschaftsbereiche und einen weitläufigen Garten nutzen können. Die jungen Mütter und ihre Kinder leben in einer Gemeinschaft, erhalten Unterstützung von einem fünfköpfigen Team aus Pädagogen und Erzieherinnen.

Die Bewohnerinnen leben einen normalen Alltag und üben dabei gemeinsam Routinen, die selbstverständlich erscheinen mögen, aber für die jungen Mütter völliges Neuland sind. Denn die Frauen kommen aus schwierigem familiärem Umfeld, wohnten in Messie-Haushalten, haben Sucht erlebt, wurden Opfer von Missbrauch oder konnten ihre Mutterrolle nicht ausfüllen, sich nicht abgrenzen gegen ihre eigenen wohlmeinenden Eltern. So unterschiedlich die Ausgangssituation, so unterschiedlich die konkreten Probleme der jungen Mütter, berichtet Einrichtungsleiterin von der Fecht. Immer aber stehe hinter dem Scheitern "kein böser Wille, sondern die Frauen haben selbst nie Strukturen erlebt". Die werden dann mit viel Geduld im Haus des Lebens erarbeitet, immer mit Blick auf das Wohl der Kinder.

Auch als Dossier

150 Millionen Euro hat der SZ-Adventskalender für gute Werke in 69 Jahren eingenommen. Zum 70-jährigen Bestehen blickt eine digitale Sonderausgabe zurück, erklärt, wie das Spenden-Hilfswerk funktioniert, und bündelt berührende Geschichten aus München und dem Umland. Erhältlich im Digitalkiosk oder unter: sz.de/sz-adventskalender

Die jungen Frauen lernen, dass fiebrige Kinder ins Bett gehören und nicht auf den Spielplatz. Sie kümmern sich gemeinsam um Mahlzeiten, sorgen für Sauberkeit in ihren Zimmern, lernen Termine beim Kinderarzt zu organisieren und auch in stressigen Situationen mit einem anstrengenden Kleinkind nicht die Nerven zu verlieren. In einer mehrmonatigen Übergangsphase vor dem Auszug leben die Bewohnerinnen eigenständiger in einem abgeschlossenen Appartement, das im Haus integriert ist. "Nach und nach übernehmen sie dort noch stärker die volle Verantwortung für ihr Leben", berichtet von der Fecht. Gerade diese stufenweise Ablösung von der Einrichtung erweise sich als sehr erfolgreich.

Katharina fühlt sich jetzt fit für die Selbständigkeit. Die erste eigene Wohnung wartet, die Möbel sind schon aufgebaut, ein Kindergartenplatz ist gefunden. "Es wird ungewohnt sein, so ganz auf sich gestellt. Aber ich gehe mit einem guten Gefühl."

Weil die Nachfrage nach einem Wohnplatz im Haus des Lebens groß ist, will der Trägerverein die letzten Raumkapazitäten noch ausschöpfen. Eine im Haus integrierte Garage soll zum Eingangsbereich mit Garderobe und Kinderwagenstellplatz werden. In den bisherigen Lagerräumen soll noch ein weiteres Appartement eingerichtet werden, um mehr Hilfebedürftige aufnehmen zu können. Der SZ-Adventskalender will dem Verein Haus des Lebens bei den Umbaukosten finanziell unter die Arme greifen.

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Quelle:
SZ vom 20.12.2018
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