Wunderbar, sehr viel Atmosphäre, wirklich toll." Ursula Kohn vom Verein Kult A 8 ist begeistert. Die ehemalige Remise des Schlosses Sulzemoos ist renoviert und in einen sehr schönen, großzügigen Raum umgestaltet worden. Erstmals hat der Kulturverein für den Westen des Landkreises die Chance bekommen, dort ein Konzert zu veranstalten. Er hat sie gemeinsam mit dem Dachauer Barockensemble von Marianne Schiela und ihren Töchtern am vergangenen Wochenende genutzt. Insofern gelang es, gleich zwei neue Akzente zu setzen: mit einem Programm der Barockmusik und eben diesem Saal, der unter Musikfreunden des Landkreises Begehrlichkeiten wecken dürfte.
Ob der optisch sehr schöne Saal mit seiner hervorragenden Akustik auch künftig für öffentliche Veranstaltungen genutzt werden kann, steht derzeit noch nicht fest. Der Gebäudetrakt ist an das Unternehmen Phoenix Solar verpachtet, das in den Wirtschaftsgebäuden des Schlossguts Sulzemoos seinen Sitz hat. Sollte der Saal mit weiß getünchten Ziegelwänden und offener Dachkonstruktion künftig als Konferenzraum genutzt werden, dann, hofft Hausherr Michael von Zwehl, "gibt es vielleicht Gelegenheiten für weitere öffentliche Veranstaltungen." Die Freude des Publikums darüber wäre groß: Immer wieder wurde dieser Wunsch in den Gesprächen im Schlosshof, die sich an das Konzert anschlossen, geäußert.
Das Dachauer Barockensemble tritt seit sechs Jahren gemeinsam auf. Die Schielas sind eine höchst musikalische Familie: Marianne Schiela ist Musiklehrerin, und alle vier Kinder sind entweder professionelle Musiker oder spielen zumindest in verschiedenen Formationen. Zu Günter Holzhausen, Professor für Kontrabass und historische Aufführungspraxis an der Hochschule für Musik in München, bestehen seit vielen Jahren freundschaftliche Beziehungen der Familie. Dass eine Tochter Harfenistin wurde und der Sohn Trompete spielt, hat im Übrigen viel mit der Freundschaft zur Familie Well, insbesondere Stofferl Well, und mit dessen Vorbildfunktion als Trompeter und Harfenist zu tun.
Für das Konzert in Sulzemoos hatte das Dachauer Barockensemble ausschließlich italienische Kompositionen ausgewählt. Das Programm reichte von Andrea Cima im frühen 17. Jahrhundert über Frescobaldi und Scarlatti bis hin zu Werken des Spätbarock, darunter Sonaten von Marcello, Sammartini oder des weitgehend unbekannten Pietro Beretti. Gespielt wurde auf historischen Instrumenten oder deren Nachbauten.
So musizierte Marianne Schiela nicht nur auf Blockflöte und Hackbrett sondern vor allem auf einer Arciliuto, einer langhalsigen "Erzlaute", einem Instrument, das man laut Holzhausen "spätestens zu Mozarts Zeiten verbrannt hat", weil es unmodern geworden war. Anna Schiela spielte eine aus dem 18. Jahrhundert stammende Barockvioline und auf dem Nachbau eines Spinetts von 1710, ihre Schwester Veronika auf verschiedenen Blockflöten. Günter Holzhausen hatte ein originales Violone von 1640 mitgebracht, den dreisaitigen Vorläufer eines Kontrabasses mit ganz eigener Klangfarbe, und eine Viola da gamba, eine Bassgambe, die nach dem Vorbild eines Instruments von 1673 entstanden ist.
Während im ersten Teil des Programms Kompositionen wie das Passacaglio in G-moll, opus 22, von Biagio Marini mit seinen dissonanten Passagen für heutige Ohren stellenweise sehr fremd klangen - und für die Aufführenden entsprechend schwer zu spielen sind - , war das Publikum mit seinen durch spätere Zeiten geprägten Hörgewohnheiten im zweiten Teil sehr viel mehr zu Hause.
Das Programm schloss mit der furiosen Vivaldi-Sonate "La Folia", die für zwei Blockflöten an Stelle der ursprünglich vorgesehen Violinen transkribiert worden war. Das Publikum dankte wiederholt mit Bravorufen und zuletzt mit lang anhaltendem Applaus.