Sulzemoos:Die Weißwurst, die Fernsehköche ins Schwärmen bringt

Metzger Braun

Werner Braun stellt natürlich nicht nur Weißwürste her. Wenn die Maschine gewartet werden muss, widmet er sich dem Rest vom Schwein.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Metzgermeister Werner Braun aus Wiedenzhausen setzt auf Tradition und Fortschritt. Der Senf wird noch nach Uromas Rezept gemacht.

Von Benjamin Emonts, Sulzemoos

"Wir suchen die beste Weißwurst - heute in Winzenhausen", sagt Fernsehkoch Martin Baudrexel. Nun gut, mit Winzenhausen meint der gebürtige Münchner eigentlich die Ortschaft Wiedenzhausen im Landkreis Dachau, in dem er sich anscheinend nicht allzu gut auskennt. Es sei ihm verziehen, obwohl Wiedenzhausen neben einer schönen Kirche auch einen Burschenverein, eine Freiwillige Feuerwehr und einen nahegelegenen Weiher zu bieten hat, in dem die Dorfbewohner gerne schwimmen. In der TV-Sendung "Mein Lokal, Dein Lokal", die auf dem Sender Kabel Eins ausgestrahlt wurde, ging es aber einzig und allein um die Weißwurst. Metzgermeister Werner Braun, der in dem Dorf eine Wirtschaft mit eigener Metzgerei betreibt, bezeichnet sich vor laufender Kamera als Weißwurstpapst, der die beste Weißwurst der Welt produziert. Ganz falsch kann seine Selbsteinschätzung nicht sein: Eine dreiköpfige Jury gerät bei der Verköstigung in Brauns Huberwirt geradezu ins Schwärmen.

Mit etwas Abstand gibt Braun nun zu, von dem Fernsehteam ein wenig in die Rolle des Überfliegers gedrängt worden zu sein. Er sei weder arrogant noch überheblich. "Jeder Metzger macht aus seiner Sicht die besten Weißwürste. Am Ende geht es aber um den subjektiven Geschmack der Kunden", relativiert er seinen selbstbewussten Fernsehauftritt. Den Geschmack trifft Braun anscheinend aber gut, wie in der TV-Sendung deutlich wurde. Die drei Juroren, darunter Martin Baudrexel, überschlugen sich förmlich vor Lob. "Hammer", "das ist wie Sahne", "zum ersten Mal musste ich keinen Senf zur Weißwurst essen", so lauten nur einige Strophen der allgemeinen Lobeshymne. Braun erhielt für seine Weißwurst 30 von 30 möglichen Punkten. TV-Koch Baudrexel, der als Juror regelmäßig in der beliebtesten deutschen Kochsendung "Küchenschlacht" auftritt, erteilte Braun sichtlich angetan die Erlaubnis, sich auch weiterhin als Weißwurstpapst zu titulieren.

"Unsere Wurst ist elegant und fein"

Um die Rezeptur seiner bereits mehrfach prämierten Weißwürste macht der 52-jährige Metzgermeister kein Geheimnis. Er setzt auf eine Mischung aus Tradition und Moderne, so sagt er. Das Grundrezept hat der Metzger in vierter Generation von seinem Großvater übernommen. Die Wurst besteht demnach zu gleichen Teilen aus Schweine- und Kalbfleisch, das im Dachauer Umland erzeugt wird. Den Anteil aus Fett (28 Prozent) und Schwarte (vier Prozent) hat er bewusst reduziert. Die durchsichtigen, knorpelartigen Schwartenstücke, wie man sie aus Weißwürsten kennt, sind in Brauns Produkten kaum wahrnehmbar. "Unsere Wurst ist elegant und fein", sagt Braun. Er ist überzeugt, dass es der Kunde heutzutage etwas weniger deftig mag.

Nachdem das Fleisch durch einen Wolf gedreht wurde, kommt es in den sogenannten Cutter, zusammen mit einer ordentlichen Portion Eis (28 Prozent). Schließlich wird das Brät mit Muskatblüte, Ingwer, Selleriesalz, Pfeffer, Zitrone und ein paar geheimen Ingredienzien gewürzt. Mit einer computergesteuerten Maschine werden exakt 85 Gramm der Fleischmasse in einen Schweinedarm gefüllt.

Verfechter des Kreuzschnitts

Vor dem Verzehr der Weißwurst wird die Haut natürlich entfernt, sofern man sich nicht als Tourist oder "Saupreiß" outen möchte. Für die Zubereitung gelten klare Regeln. Der erfahrene Weißwurst-Esser, so Brauns Formel, nehme einen Liter Wasser, gebe einen Esslöffel Salz hinein, bringe das Wasser zum Kochen und nehme es anschließend vom Herd. Die Weißwürste gebe er sodann in das Wasser und lasse sie im verschlossenen Topf zehn bis 15 Minuten ziehen. Den obligatorischen süßen Senf stellt Brauns Vater bis heute nach einem Rezept der Urgroßmutter her. Dazu vermischt er gelbes, schwarzes und grünes Senfmehl und übergießt es mit einem heißen Sud aus Zwiebeln, Karotten, Wacholder, Lorbeerblättern und Nelken.

An der Technikfrage - wie bekommt man die Weißwurst am besten hautlos in den Mund, ohne sich dabei die Finger schmutzig zu machen - scheiden sich bekanntlich die Geister. Braun ist ein Verfechter des Kreuzschnitts, den angeblich schon Prinzregent Luitpold von Bayern angewandt haben soll - die "Königsdisziplin", sagt Braun staatstragend. Dabei schneidet man die Weißwurst vertikal von links in einem Winkel von 45 Grad zwar an, aber nicht ganz durch. Man sticht mit der Gabel in das Brät, dreht das Stück Wurst aus dem Saitling heraus und wiederholt das Ganze von der anderen Seite. Auf diese Weise nimmt man die Wurst Häppchen für Häppchen zu sich, ohne sie mit den Fingern zu berühren. Fährt man so fort, bildet die übrig gebliebene Haut ein perfektes Rautenmuster. Eine Methode, die zwar Übung verlangt, aber manierlich daherkommt.

Das nächte Weißwurstseminar startet im September

Im Jugendjargon könnte man Braun getrost als Freak bezeichnen, als positiv Verrückten, zumindest aus Sicht des Fleischessers. Er spricht über seine Weißwürste, als wären sie seine Kinder. Für die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft testet Braun deutschlandweit Weißwürste. "Die häufigsten Fehler sind, dass zu wenig Salz und zu viel Schwarte verarbeitet wird", sagt er.

Durch mehrere TV-Auftritte haben Brauns Weißwürste schon jetzt das 800-Einwohner-Dörfchen Winzenhausen, pardon Wiedenzhausen, über die Grenzen des Landkreises Dachau hinaus bekannt gemacht. Seine Würste nähren die Hoffnung, dass Versprecher wie jener Baudrexels künftig nicht mehr passieren. Am 3. September gibt Braun wieder eines seiner gefragten Weißwurstseminare, die Eventguru Jochen Schweizer veranstaltet. Unter den bislang 3000 Teilnehmern sind viele Metzger gewesen, sagt Braun stolz. Im Idealfall erhalten sie am Ende ein Weißwurst-Diplom.

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