Streit beigelegt:"Ohne Messer sind wir halb nackert"

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Die Trachtler dürfen ihr Besteck wieder auf dem Volksfest tragen - aber nur am ersten Tag. Sonst bleibt es verboten

Von Petra Schafflik, Dachau

Der Streit ums Trachtenmesser auf dem Dachauer Volksfest ist beigelegt: Künftig dürfen die Mitglieder der beiden Dachauer Trachtenvereine D'Ampertaler und D'Schlossbergler beim Volksfesteinzug wieder ihre traditionellen Messer oder Bestecke tragen. Diese Ausnahme vom bestehenden Sicherheitskonzept, die nur für die Trachtler und nur am Einzugssamstag bis zur Schließung des Volksfests gilt, haben die Stadträte im Hauptausschuss einstimmig befürwortet. "Damit ist das Problem gut gelöst", sagt Volksfestreferent Robert Gasteiger (Freie Wähler). Denn bei den vergangenen Festen 2017 und 2018 war das Tragen von Messern auf der Thoma-Wiese vollständig untersagt. Ein Verbot, das Unmut und auch Proteste der Trachtler heraufbeschworen hatte. Auch der Volksfestreferent sah das Brauchtum in Gefahr.

Für eine Liberalisierung im Sinne der Trachtenvereine setzte sich die Überparteiliche Bürgergemeinschaft (ÜB) mit einem entsprechenden Stadtratsantrag ein. Die jetzt verabschiedete Regelung ist ein Kompromiss zwischen Brauchtumspflege und Sicherheit. Manfred Hinterscheid, Vorstand des Trachtenvereins D'Ampertaler, hat gemeinsam mit einigen Vereinsmitgliedern die Beratung im Sitzungssaal des Rathauses verfolgt. Begeistert sind die Trachtler nicht, gerne würden sie ihr Besteck als Teil der Tracht an allen Volksfesttagen tragen. "Aber wir können damit leben", sagt Hinterscheid. Nachdem im vorigen Jahr einige Mitglieder überlegt hatten, wegen des Messerverbots künftig den Volkfesteinzug zu boykottieren, wird diese Tradition nun weiter gepflegt.

Es scheint ein durchwachsener Kompromiss zu sein, der gefunden wurde. Denn so ganz zufrieden ist keine Seite. Stadtverwaltung und Ordnungsdienst hätten am liebsten festgehalten am umfassenden Messerverbot, weil das am einfachsten zu überwachen ist. Diese Regelung basiert nicht auf dem Waffengesetz, sondern ist im Sicherheitskonzept fürs Dachauer Volksfest festgeschrieben. Und nur deshalb ist jetzt überhaupt eine Lockerung in diesem Fall möglich.

Gefordert hatten Volksfestreferent Gasteiger und ÜB ursprünglich, das Tragen von Messer oder Besteck für die Trachtler während des Volksfestes vollständig frei zu geben. Das hätte aber einen großen Kontrollaufwand bedeutet. Die Sicherheitskräfte hätten geschult werden müssen, um die Trachtler zu unterscheiden von normalen Volksfestbesuchern in Lederhose. Noch gut machbar wäre das beim Verein D'Ampertaler, weil die Dachauer Männertracht mit ihren typischen Faltenstiefeln, langer schwarzer Lederhose, Samtweste, Bauernhemd und flachem Hut recht einprägsam ist. Doch die Gebirgstracht der Schloßbergler hebt sich schon weniger eindeutig ab. Also gilt: Nur am ersten Volksfestsamstag dürfen die Vereinsmitglieder beim Wiesn-Einzug und dann bis Schließung des Volksfestes auf dem Festgelände ihre Messer und Bestecke tragen. Selbst bei dieser Regelung sieht die Verwaltung die Gefahr, dass sich nach dem Einzug dann Besucher in Tracht auf dem Fest aufhalten und offen ein Trachtenmesser mitführen, obwohl sie nicht zu einem der Vereine gehören.

Richtig zufrieden sind auch die Trachtler nicht. Das sogenannte Fuhrmannsbesteck der Dachauer Tracht, das aus Messer und Gabel in einem Lederetui besteht, gehöre substantiell zur Tracht, erklärt Vorstand Hinterscheid. "Ohne Messer ist man halb nackert." Am Besteck hängen die Trachtler auch deshalb besonders, weil es oft Erbstücke sind, die in der Familie über Generationen weitergereicht werden. Aber bei den Trachtenvereinen gibt es auch grundsätzliche Zweifel am Sinn des Messerverbots. "Auf dem Volksfest gibt es genügend gefährliche Gegenstände, auch scharfe Messer werden offen genutzt", sagt Evi Wittmann, Jugendleiterin und Deandlvertreterin bei den Ampertalern. "Beim Glückshafen gibt es Küchenmesser zu gewinnen, zu jeder Schweinshaxn wird im Bierzelt ein scharfes Messer gereicht." Trotz der Bedenken wollen es alle jetzt beim Volksfest 2019 mit dem Kompromiss versuchen.

© SZ vom 01.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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