Süddeutsche Zeitung

Streik der Pfleger:Politiker versprechen Unterstützung

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Die Bundestagsabgeordneten Michael Schrodi (SPD), Beate Walter-Rosenheimer (Grüne) und Harald Weinberg (Linke) zeigen sich solidarisch mit den streikenden Pflegern des Helios Amper-Klinikums

Von Jana Rick, Dachau

Die Streikenden vom Helios Amper-Klinikum Dachau fühlen sich ermutigt. Seit Mittwoch haben zahlreiche Pfleger ihre Arbeit niedergelegt, um für eine bessere Besetzung auf den Stationen zu kämpfen. Die drei Bundestagsabgeordneten Michael Schrodi (SPD), Beate Walter-Rosenheimer (Grüne) und Harald Weinberg (Linke) sind an diesem Donnerstag ins Streiklokal "Drei Rosen" gekommen, um sich der Klagen der aufgebrachten Angestellten anzunehmen. Wie am Tag zuvor war der Saal überfüllt. Die drei Politiker zeigten Verständnis für das Anliegen der Betroffenen und versprachen Unterstützung. Schrodi kündigte an, das Thema mit in den Bundestag zu nehmen.

Harald Weinberg, der Sprecher für Krankenhauspolitik und Gesundheitsökonomie der Linken ist, lobte die Entschlossenheit der Streikenden vom "Pflegenotstand zum Pflegeaufstand". Er sieht die Problematik im kompletten Finanzierungssystem des Klinikums: Geld sollte in einem Krankenhaus theoretisch nur die Rahmenbedingung darstellen, doch bei Helios scheine der Patient das Mittel zu sein und das Geld der Zweck. Damit sich dies ändert, forderte er konkrete Sanktionen. Der Gewinnausschuss eines Krankenhauses solle verboten werden.

Die Pfleger schilderten wie auch am Tag zuvor erschreckende Situationen aus ihrem Alltag. Eine Auszubildende klagte über tägliche Überforderung. Oft hoffe sie nur eins: "Dass niemand stirbt". Eine weitere klagte: "Das kann man nicht mehr Pflege nennen, das ist Unpflege - beschämend für Deutschland." Die Klagen kamen von allen Seiten, auch Thomas Günnel, Streikleiter und Leiter der Nothilfe im Klinikum erzählte von "Tsunamis von Tränen" und Pflegern, die am Ende ihrer Kräfte seien. Er zeigte sich stolz auf die Streikenden, dass sie sich gegen diese Zustände wehren und betonte: "Das ist erst der Auftakt!" Doch die Pfleger wollten vor allem eines wissen: "Was ist auf Bundesebene geplant, um etwas für uns zu ändern?" Heinz Neff von der Katholischen Arbeitnehmerbewegung forderte fast schon flehentlich: "Machen Sie etwas!"

Beate Walter-Rosenheimer (Grüne) machte den Streikenden klar, dass sie volle Unterstützung bieten wird: "Wir sind dabei, alles fest zu machen", versicherte sie. Ihre Partei sei schließlich diejenige, die sich besonders für soziale Themen einsetze. Auch SPD-Kollege Michael Schrodi bekundete seinerseits Solidarität mit den Pflegern und unterstrich erneut die Wichtigkeit der Einführung eines festgeschriebenen Personalschlüssels. Er versprach das Thema "mit nach Berlin" in den Bundestag zu nehmen. Von den Abgeordneten fielen Parolen wie "wir möchten an eurer Seite stehen" und "lasst uns zusammen kämpfen".

Noch während die Menge laut applaudierte, kam jedoch das erwartete "Aber" aus dem Munde der Bundestagsabgeordneten: "Ich bin vorsichtig optimistisch", sagte Walter-Rosenheimer. "100 Prozent" könne sie wohl nicht umsetzen. Schrodi teilte ihre Bedenken. Es gebe, wie so oft im Fall Helios, Umsetzungsschwierigkeiten. Neu war für viele die Information von Schrodi, dass Lutz Helmig, der Gründer der Helios-Kliniken, angeblich 300 000 Euro im Wahlkampf an die FDP gespendet haben soll. Empörung machte sich breit. Schrodi ließ dies unbewertet im Raum stehen, versicherte allerdings: "Wir werden der FDP auf die Finger schauen, dass sie ordentliche Politik machen."

Die Bundestagsabgeordneten ermunterten die Pfleger trotz allem und gaben ihnen zu verstehen, dass sie jederzeit im Wahlkreisbüro offen für Gespräche seien. An Solidarität mangelte es an diesem Donnerstag von keiner Seite: Selbst Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD), der sich leise in den Saal schlich, versicherte: "Auch ich werde mich solidarisch beteiligen, denn ich sehe das als die einzige Möglichkeit, die wir haben."

Am Schluss hieß es von Walter-Rosenheimer: "Wir bleiben in Kontakt." Visitenkarten wurden ausgetauscht. Mit einer sofortigen Lösung hatte wohl niemand gerechnet, zumal die Forderung seitens der Pfleger schon lange im Raum stehen. Streikleiter Thomas Günnel erklärte sogar etwas desillusioniert im Anschluss an die Veranstaltung: "Wir wissen, dass wir von der Bundespolitik keine Lösung zu erwarten haben. Es wird um den heißen Brei geredet, jeder schiebt die Verantwortung auf jemand anderen. Aber die eigentliche Verantwortung, die soziale Verantwortung, kann man nicht auf die Politik schieben. Die muss der Arbeitgeber selbst tragen." Doch Günnel will keineswegs aufgeben: "Wir wissen, dass wir einen langen Atem brauchen. Und den haben wir", sagte er wild entschlossen. Und auch seine Mitstreiter wollen weiter kämpfen und nicht aufgeben.

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Quelle:
SZ vom 27.10.2017
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