20 Stimmen:Doppelchörige Klangpracht

Dies es Laetitiae

Die 20 Sänger des Vokal Ensembles München zeigen sich stimmgewaltig.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Das Vokal Ensemble München singt freudenreiche Motetten

Das war einmal ein absolut ausgeglichenes Konzert: Im Chorraum der Korneliuskirche sang ein Vokalensemble von 20 Stimmen, und in den Kirchenbänken saßen 20 Zuhörer. An sich ist das Verhältnis eins zu eins in Konzerten nicht angestrebt, eher das Verhältnis eins zu fünf, also 20 Sänger und 100 Zuhörer oder, etwa bei den Konzerten der beiden großen Dachauer Chöre - Chorgemeinschaft und Liedertafel, 80 zu 400. In der Korneliuskirche Karlsfeld ging es diesmal eins zu eins, also unentschieden aus. Aber das "unentschieden" betrifft das Verhältnis Sänger zu Zuhörer nur äußerlich, in Wirklichkeit waren entschieden zu wenige Zuhörer da, und das Vokalensemble sang in seiner ausgeglichenen Besetzung von elf Frauen - und neun Männerstimmen entschieden gut. Man könnte sagen "hervorragend", müsste dann aber ergänzen, dass in Dachau mehrere Chöre "hervorragen", am meisten der in Besetzung, Musizierhaltung und Programmauswahl dem Vokal Ensemble München sehr ähnliche Dachauer Kammerchor.

Das Programm des diesjährigen Adventskonzerts des Vokal Ensembles München stand unter dem Motto "Dies est laetitiae", was mit "Der Tag, der ist so freudenreich" übersetzt wird. Dieses Adventskonzert war also ein Weihnachtskonzert mit lateinischen und deutschen, also mit katholischen und evangelischen Motetten zur Weihnachtszeit. Adventskonzerte mit Weihnachtsmotetten gibt es in der in Südbayern "staaden" Zeit in Hülle und Fülle. Das diesjährige Konzert des Vokal Ensembles München zeichnete sich durch eine bewusste Gegenüberstellung von lateinisch-katholischer und deutschsprachig-evangelischer Musik des späten 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts aus. Die lateinischen Motetten stammten von dem spanischen Komponisten Tomas Luis de Victoria, die deutschsprachigen von dem damals vor allem in Königsberg und Berlin wirkenden Johannes Eccard. Beide sind 1611 gestorben - Johannes Eccard in Berlin, Tomas Luis de Victoria in Madrid.

Viktor Töpelmann, der musikalische Leiter des Vokal Ensembles München, schreibt im Programmheftchen: "So zeigt sich in der Gegenüberstellung der Werke der beiden Komponisten, wie radikal die protestantische Kirchenmusik sich vom römisch-katholischen Stil abwandte" (obwohl Johannes Eccard in seiner Jugend in München Schüler von Orlando di Lasso war).

Das Programm begann und endete mit Tomas Luis de Victoria. Bei dem Adventshymnus "Conditor alme siderum" wechseln noch in althergebrachter Weise gregorianisch, also einstimmig gesungene Strophen mit Strophen im polylphonen Satz ab, während das zum Abschluss erklungene doppelchörige "Salve Regina" auf Klangpracht angelegt ist. Das kam auch in der kleinen Besetzung ziemlich gut heraus, doch hätten gerade bei diesem achtstimmigen Stück ein paar Sängerinnen oder Sänger mehr pro Stimme die erwünschte Klangpracht noch erheblich gesteigert.

Die (deutschen) Weihnachtslieder von Eccard sind meistens fünfstimmig gesetzt, und Orlando di Lassos Klangfülle hat darin noch deutliche Spuren hinterlassen, aber sie wirken doch mehr als intime Weihnachtsmusik. Das bekannteste Stück ist das noch heute gern gesungene Weihnachtslied "Übers Gebirg Maria geht". Das war dann auch die von den zwanzig Zuhörern tapfer erklatschte Zugabe.

Die instrumentale Auflockerung des Programms besorgte Michael Eberth, der Münchner Altmeister der Alten Musik an Orgel und Cembalo, mit zwei Stücken aus der 1590 geschriebenen "Irseer Orgeltabulatur" und Viktor Töpelmann mit einer auf sein Instrument, die Gambe, übertragenen "Rosenkranzsonate" von Franz Heinrich Ignaz Biber, der rund 100 Jahre später als Victoria und Eccard in Salzburg als Komponist und Violinvirtuose wirkte. Vielleicht dachte sich der eine oder andere aus dem scheinbar handverlesenen Publikum tatsächlich: "Der Tag, der ist so freudenreich". Dieser Adventsabend war es jedenfalls.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: