Süddeutsche Zeitung

Steuereinnahmen der Gemeinden:Goldene Lage

Lesezeit: 3 min

In Odelzhausen siedeln sich immer mehr Unternehmen an, die Gewerbesteuer ist eine sprudelnde Einnahmequelle. Das gilt auch für andere Landkreisgemeinden an der Autobahn. Dachau, Karlsfeld und Markt Indersdorf schneiden im Vergleich schlechter ab

Von Viktoria Großmann, Dachau

Odelzhausen kann sich einiges leisten. Die Gemeinde mit etwa 5000 Einwohnern nahm im Jahr 2017 mehr als 13 Millionen Euro an Gewerbesteuern ein. Davon muss die Gemeinde zwar etwa die Hälfte als Umlage an den Landkreis weiterreichen, doch rein rechnerisch wären das immer noch rund 1300 Euro, welche die Gemeinde für jeden ihrer Einwohner investieren könnte. Die Große Kreisstadt Dachau führt die Einnahmenliste an mit knapp 25 Millionen Euro aus Gewerbesteuern. Umgerechnet auf 47 000 Einwohner bleiben davon nach Abzug der Umlage aber keine 300 Euro pro Kopf übrig. Auf Platz drei folgt Bergkirchen mit knapp acht Millionen Euro Brutto-Einnahmen.

Die 13 Millionen Euro seien "ein großer Ausreißer nach oben", sagt Markus Trinkl. Der 36-Jährige ist seit 2014 Bürgermeister der Gemeinde und auch in Jahren mit weniger Einnahmen äußerst zufrieden. Die Gewerbegebiete von Odelzhausen will er sogar noch ausweiten. Erst 2016 seien nochmals zehn Hektar ausgewiesen worden, die größtenteils belegt sind. Auch östlich der Autobahn sollen noch Gewerbeflächen entstehen. Die Nachfrage sei "exorbitant". Odelzhausen muss sich daher nicht einmal Sorgen über eine mögliche Konkurrenz durch Bergkirchen oder Olching machen. Wichtig ist dem parteilosen Bürgermeister, dass sich Betriebe ansiedeln, die auch Arbeitsplätze bringen.

Das Nachsehen haben im Vergleich die drei größten Kommunen im Landkreis, von denen zumindest Karlsfeld und Dachau auch den stärksten Zuzugsdruck erleben. Während Karlsfeld und Dachau verzweifelt versuchen, immer neue Gewerbegebiete auszuweisen, obwohl ihnen dafür eigentlich die Flächen fehlen, bleibt man in Markt Indersdorf gelassen. Die drittgrößte Kommune im Landkreis nahm 2017 gerade mal 3,7 Millionen Euro aus Gewerbesteuern ein. Weniger als das kleinere Vierkirchen. "Wir liegen eben im Zentrum des Landkreises", sagt Klaus Mayershofer, Geschäftsleiter des Rathauses. "Dafür müssen wir keine Lkw-Ströme ertragen." Die Indersdorfer Gewerbesteuerzahler sind mehrheitlich kleine Handwerksbetriebe und Einzelhändler. "Es gibt da bei den Einnahmen keine großen Ausreißer", sagt Mayershofer. Dafür seien auch keine Rückzahlungen in Millionenhöhe zu befürchten. Karlsfeld hatte einst mit einer solchen Steuerrückforderung stark zu kämpfen. Dass Gewerbesteuern nicht zur Haupteinnahmequelle taugen, hat man in Indersdorf längst akzeptiert. Zu fern ist die Autobahn und zu groß ist der Takt der S-Bahn-Linie. "Wir leben von der Einkommensteuer", sagt Mayershofer. Die ist im Landkreis der Gutverdiener üblicherweise üppig und zudem eine sehr verlässliche Einnahmequelle.

Während in Dachau stets beklagt wird, dass die Einkommensteuer nicht ausreicht, um alle nötigen Investitionen in die Infrastruktur zu tätigen, verlässt man sich auch in Vierkirchen lieber auf die Zahlungen seiner Einwohner. "Die Gewerbesteuer ist unzuverlässig", sagt der zweite Bürgermeister Josef Schindlbeck (FW). Die knapp vier Millionen Euro, die Vierkirchen aus dem Jahr 2017 erhielt, seien "außergewöhnlich". Kein Grund, gleich große Projekte zu planen. Wie in allen Landkreisgemeinden führen auch in Vierkirchen Investitionen in Horte und Kindergärten die Ausgabenliste an. Ein wesentliches Problem teilen sich die Nachbargemeinden Vierkirchen und Markt Indersdorf: Beide verfügen über keine eigenen Flächen mehr. Sie können also nicht direkt selbst auf die Nachfrage nach Wohnungsbau oder Gewerbeflächen reagieren.

Odelzhausen hat vorgesorgt. Die Gemeinde hat immer wieder Flächen erworben, auch seitdem Trinkl im Amt ist. So kann sie es sich leisten, Gewerbegebiete zu entwickeln und auch Wohnraum zu schaffen. Zum 1. Januar soll ein kommunales Unternehmen seine Arbeit aufnehmen, das auch für den Wohnungsbau zuständig sein wird. Egal, welche Vorhaben Trinkl anspricht - er kann sie mit einem Datum versehen. Auch das Projekt eines Glonntal-Parks soll im kommenden Jahr angegangen werden.

Zwar muss auch Odelzhausen teure Projekte stemmen, etwa eine mindestens zehn Millionen Euro teure Kanalsanierung, dazu Straßenbau und Glasfaserverlegung, doch das erscheinen vergleichsweise kleine Sorgen. Dachau und Karlsfeld befürchten nicht abreißende Ausgaben durch immer neue Zuzügler. Neue Einwohner brauchen mehr Straßen, Plätze in Kindergärten und Schulen, bis hin zu Abwasser und Friedhof reichen die Aufgaben der Kommunen. Nicht zuletzt brauchen die Rathäuser mehr Personal, also steigen die Personalkosten, die in vielen Haushalten einen der größten Posten darstellen.

Die Sorgen, die sich manche Gemeinde im Landkreis macht, sind nicht ganz unberechtigt. Von den Autobahngemeinden einmal abgesehen, sieht es im Landkreis mit den Gewerbesteuereinnahmen insgesamt etwas mau aus. Insgesamt knapp 77 Millionen Euro wurden vergangenes Jahr eingenommen. Im Landkreis Fürstenfeldbruck waren es etwa 99 Millionen Euro. Auch hier profitieren Autobahngemeinden wie Puchheim und Olching. Die Kreisstadt hat 10 000 Einwohner weniger als Dachau und schnitt deshalb mit Einnahmen von 20 Millionen Euro vergleichsweise gut ab. Freising selbst nimmt im Vergleich zur Stadt Dachau schon mehr als das Doppelte ein, der Landkreis kam auf rund 151 Millionen Euro. Die Steuerkraft Dachaus ist tatsächlich im Landesvergleich unterdurchschnittlich. Die Stadt erhielt deshalb 2017 eine Sonderschlüsselzuweisung von einer halben Million Euro. Wahrlich keine Auszeichnung.

Vielleicht sollte sich die Stadt nach anderen Einnahmequellen umsehen. Oder sich wie andere Gemeinden über ihre Einkommensteuer freuen. Doch der Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum gibt den Dachauern recht. "Gewerbesteuer muss sein", sagt Geschäftsführer Christian Breu. Für die Kommunen sei sie wichtig, weil sie im Gegensatz zur Einkommensteuer lenkbar sei. Etwa über den Hebesatz und in welcher Größenordnung und welche Art von Gewerbe angesiedelt werde. Vor zu großem Flächenverbrauch hat Breu keine Angst. "Steuerzahler sind auch kleine Firmen und Selbständige, die ihren Sitz in Mischgebieten oder allgemeinen Wohngebieten haben." Die meisten Flächen verbrauche der Wohnungsbau. Breu räumt ein, dass es für viele Gemeinden schwierig ist, Flächen anzukaufen. Doch dass bereits nichts mehr zum Bebauen da sei, bestreitet er. "Es gibt noch Flächen, man muss sie nur ausweisen."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4116855
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 05.09.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.