Süddeutsche Zeitung

Städtepartnerschaft:Bierfest auf Italienisch

Mit bayerischen Volkstänzen und Blasmusik sind die Karlsfelder in Muro Lucano eine echte Attraktion. Selbst der Schweinsbraten aus dem Konvektomaten ändert nichts an der guten Stimmung unter den Freunden

Von Gregor Schiegl, Muro Lucano / Karlsfeld

Bereits am Flughafen in Neapel wurde die Delegation aus Karlsfeld begrüßt, wie das in Italien unter alten Freunden üblich ist: mit vielen herzlichen Umarmungen und großem Palaver. Seit 2011 unterhält die Gemeinde Karlsfeld eine Städtepartnerschaft mit Muro Lucano, einem hübschen Städtchen in der süditalienischen Basilicata. "Die Städtepartnerschaft hat sich prächtig entwickelt", sagt Bernd Wanka nach der Rückkehr. Der CSU-Fraktionssprecher gehörte zu den 35 Besuchern, die drei Tage lang in Muro Lucano zu Gast waren. Mit dabei waren auch Bürgermeister Stefan Kolbe, die Gemeinderäte Teresa Trinkl, Franz Trinkl, Ingrid Brünich, Uschi Weber sowie Verwaltungsmitarbeiter des Rathauses und - ganz wichtig - die Volkstanzgruppe "Knödldraha" sowie die "Pichlstoana-Blasmusik".

Das Mureser Bürgerkomitee von Muro Lucano richtete nämlich sein mittlerweile drittes Bierfest aus. Da durften die "amici di baviera" auf keinen Fall fehlen. Die "feste della birra" sind in Italien ein Riesenrenner. In Muro Lucano, das kaum mehr als 5000 Einwohner zählt, zog das Spektakel fast 3000 Besucher an. Noch im Umkreis von 30 bis 40 Kilometern wurde mit Plakaten für das dreitägige Volksfest geworben, berichtet Wanka staunend.

Aber die Karlsfelder waren nicht nur als Zaungäste gekommen, sie waren Teil der Attraktion. Unter großem Applaus zogen sie in bayerischer Tracht mit Dirndl und Lederhose auf die Piazza Don Minzoni ein. Der derzeit kommissarische Bürgermeister Francesco Mauceri und die Vorsitzende des Mureser Bürgerkomitees eröffnete das dreitägige Volksfest mit Bier und vielen bayerischen Schmankerln wie Schweinshax'n, Leberkäs und Würstel. Aus Corato (Region Bari), der zweiten Partnerstadt Muro Lucanos, war ebenfalls eine kleine Delegation angereist. Bürgermeister Stefan Kolbe sprach ein Grußwort und überreichte als Gastgeschenk einen Korb mit regionalen Produkten des Direktvermarkterverbands "Dachauer Land". Die "Pichlstoana" unterhielten die Gäste mit bayerischer Blasmusik. Unter Akkordeonbegleitung begeisterten die "Knödldraha" das Publikum mit bayerischen Volkstänzen. Danach ging es mit italienischer Musik bis tief in die Nacht weiter. Spätabends wurden die Ehrengäste mit einer Ape, einem kleinen dreirädrigen Gefährt, auf deren Ladeflächen man extra Bänke montiert hatte, den steilen Berg zum Hotel hoch gefahren. Die Mureser nahmen die Lärmbelästigung durch den dröhnenden Zweitakter-Motor ohne Klagen hin und scheuten selbst keine Mühe, dass sich die Karlsfelder hier wie zu Hause fühlten.

Die Masskrüge wurden aus München importiert, die Damen vom Sicherheitsdienst hatten sich bei einem früheren Besuch des Oktoberfests auch noch gleich rote und blaue Dirndl mitgebracht, quasi als Dienstuniform. Dass der Schweinsbraten unter grober Missachtung bayerischer Küchentradition im Konvektomaten zubereitet wurde, nahmen die Karlsfelder mit Humor. "Das darf man nicht so eng sehen", sagt Wanka und lacht.

Sehr förmlich geht es in dieser Partnerschaft sowieso nicht zu. Das hängt auch mit der gemeinsamen Geschichte der Orte zusammen, die weit vor dem Jahr 2011 beginnt. In den Sechzigerjahren machten sich viele junge Leute von hier auf, um als Gastarbeiter ihr Glück in München zu versuchen - und landeten in Karlsfeld. Dort haben sie sogar einen eigenen Verein gegründet, der in der Städtepartnerschaft eine zentrale Rolle spielt. "Muro Lucano hat mehr mit Karlsfeld zu tun als mit der Provinzhauptstadt Potenza", sagt Wanka.

Im August besuchen viele ihre Verwandten in Italien. Vor dem örtlichen Supermarkt sind Autos mit Dachauer Kennzeichen ein gewohnter Anblick. Aber auch andere Mureser, die aus anderen deutschen Städten zum Heimaturlaub in Muro Lucano weilten, freuten sich über das bayerische Fest in ihrer Stadt. Im Jahr 2018 sind die Mureser zum Gegenbesuch eingeladen. Auch dann wird wieder kräftig gefeiert und Bier getrunken. Dann ist nämlich wieder Siedlerfest in Karlsfeld.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3645548
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 30.08.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.