Das Gras unter den Schuhen gibt schmatzende Geräusche von sich, das Wasser des Weihers bahnt sich seinen Weg über den grünen Rasen. Fische schwimmen um die Osterglocken herum, die mittlerweile im Wasser stehen und auch die Bank in einer kleinen Bucht am Dachauer Stadtweiher steht zur Hälfte im Wasser.
Es ist eine Mischung aus Sumpflandschaft und Biotop, die sich Besuchern am Dienstagmorgen am Stadtweiher bietet. Und es plätschert. Ein Geräusch wie von einem Wasserfall ist zu hören. Eine trügerische Idylle - denn einen Wasserfall gibt es dort nicht. Stattdessen strömt Wasser aus einem Rohr von einer nahegelegenen Baustelle in der Henry-Niestle-Straße in den Weiher. Seit Tagen steigt der Wasserspiegel und die Fluten treten über die Ufer des Weihers.
Die Antworten gehen weit auseinander
Gerade als am Pfingstwochenende viele Landkreisbürger bei Sonnenschein das erste Mal im See baden gehen wollten, wunderten sich manche über den überschwemmten Uferbereich. Der Stadtweiher ist bei Familien beliebt, da der flache Einstieg und die weitläufige Wiese besonders zugänglich für Kinder ist. Doch genau dieser Bereich ist jetzt überschwemmt - eine Genehmigung, um das Baustellenwasser in den Badesee zu leiten, hat das Landratsamt für eine Dauer von bis zu einem Jahr erteilt. Das Ableiten des Baustellenwassers sei hier erlaubt.
Rund 100 Meter lang ist die Konstruktion aus Rohren, die das Grundwasser von der Baustelle überirdisch in den Weiher führt. Es stellen sich Fragen wie: Wird hier unzulässig Grundwasser in den Weiher abgeleitet? Und: Was macht das Baustellen-Grundwasser mit den Badegästen und Lebewesen im Weiher? Die Antworten gehen weit auseinander, je nachdem, wen man fragt.
Das Abpumpen von Grundwasser ist ein übliches Prozedere in der Baupraxis: Um trockene Baugruben für Keller- und Tiefgaragenbauten zu gewährleisten, sei es oftmals notwendig das Grundwasser abzupumpen, so das Wasserwirtschaftsamt München. Auch bei der Baustelle nahe des Stadtweihers handle es sich um ein Gebiet mit einem hohem Grundwasserstand in der Münchner Schotterebene - einer besonders wasserleitenden Erdschicht, die ein Abpumpen notwendig mache.
Doch muss das Wasser ausgerechnet in den Badesee gepumpt werden? Laut Florian Klein, dem stellvertretenden Leiter der Behörde, gibt es mehrere Möglichkeiten zum Abpumpen: Die erste Option sei es, das Baustellen-Grundwasser auf ein großflächiges Wiesenstück zu leiten, um ein Zurücksickern ins Grundwasser zu ermöglichen. Darüber hinaus gebe es die Möglichkeit der Ableitung in ein fließendes oder stehendes Gewässer oder - und dies sei die schlechteste Variante - die Option, das Grundwasser in die Kanalisation fließen zu lassen.
Das Landratsamt macht den Regen verantwortlich
Die vorliegende Variante sei also zulässig und vom Landratsamt Dachau auch so genehmigt worden. Wie das Landratsamt mitteilt, wurde die Baustellenentwässerung vom Bauherrn beantragt und sei nach dem Bayerischen Wassergesetz genehmigt worden. Dass bei der Gewässernutzung niemand zu Schaden kommt, liege allerdings in der Verantwortung des Bauherrn.
Laut Landratsamt habe das über die Ufer getretene Wasser im Stadtweiher aber nichts mit der benachbarten Baustelle zu tun. So habe der andauernde Regen zu dem hohen Grundwasserstand geführt und sei "nicht durch die Bauwasserhaltung bedingt". Vielmehr habe sich der Wasserstand im Stadtweiher mit seinen "geringfügigen Ausuferungen am oberen Ende der natürlichen Schwankungsbreite auf einem Niveau eingependelt, wie es sich auch nach länger andauernden Niederschlägen einstellen würde". Dies sei auch am Uferwuchs erkennbar.
Das Baustellen-Grundwasser soll keine negativen Auswirkungen auf Badegäste haben
Wer die Rohre der Baustelle betrachtet, die in den Weiher führen und das plätschernde Wasser fließen sieht, kommt nicht umhin sich zu fragen, welche Auswirkungen die Zuführung des Baustellen-Grundwassers auf die Badesaison und möglicherweise auf die im Weiher lebenden Tiere hat.
Wie das Landratsamt versichert, werde das eingeleitete Baustellen- Wasser über Absetzeinrichtungen gereinigt und geklärt, bevor es in den Weiher fließt. "Es ergeben sich deswegen keine nachteiligen Auswirkungen auf die Wasserqualität". Auch Auswirkungen auf die Freizeitaktivitäten seien derzeit nicht zu erwarten.
Anders sieht das hingegen Roderich Zauscher, Vorsitzender des Bund Naturschutz in Dachau: Aus ökologischer Sicht sei die Einführung des Baustellen-Grundwassers in Dachau für viele Lebewesen im Weiher "tödlich". Er mahnt: "Das ist keine ideale Lösung." Durch das zugeführte Baustellen-Grundwasser sei der Wasserhaushalt durcheinander gebracht worden. Dies sei vor allem für Kaulquappen, Frösche und verschiedene Fischarten ein schockartiger Zustand. "Sie leiden darunter. Das Futter wird anders und die Temperatur ist eine andere".
Eine bessere Alternative wäre laut Zauscher die Umleitung des Wassers in die Amper gewesen. Da es bei fließenden Gewässern, wie der Amper, ständig zu unterschiedlichen Wasserhaushalten kommen würde, wäre das für die Lebewesen weniger gefährlich. "Ökologisch ist die Amper kein so statischer Zustand, wie der Weiher. Alle haben jetzt einen Schaden."