Süddeutsche Zeitung

Stadtrat:Millionen für den Bau

Der Haushalt der Stadt Dachau wächst nächstes Jahr kräftig. Für Schulen, Kinderkrippen und Straßen sind hohe Investitionen nötig

Von Viktoria Großmann, Dachau

Der Haushalt der Stadt Dachau wächst mit jedem Jahr. Nun hat er einen besonders großen Sprung getan: 138,5 Millionen Euro stehen für das Jahr 2018 bereit. Dagegen wirkt der "Rekordhaushalt" 2017 sparsam: er betrug 115 Millionen Euro. Allein der Bauetat umfasst 26,3 Millionen Euro: Schulen, Kinderkrippen, Straßen.

Zum Vergleich: Der Landkreis plant 25,6 Millionen Euro für Baumaßnahmen ein. Kredite aufnehmen musste die Stadt auch in diesem Jahr nicht. Noch hat die Stadt nur 400 000 Euro Schulden. Im nächsten Jahr könnten es acht Millionen Euro mehr werden. Mit nur fünf Gegenstimmen hat der 40-köpfige Stadtrat am Dienstagabend den Haushaltsplan für das nächste Jahr verabschiedet und geht nun in die Weihnachtspause.

Die Stadträte und den Oberbürgermeister schien die Zahl regelrecht benommen zu machen. Die Haushaltsreden fielen in diesem Jahr ziemlich kraftlos aus. Von Kampfgeist oder auch einem großen Plan keine Spur. Florian Hartmann (SPD) selbst, der als OB das erste Wort hatte, gelang nicht viel mehr als eine kleinteilige Verteidigung sämtlicher Ausgaben.

Ideen und Gestaltungswille schienen ihn auf den letzten Metern in diesem Jahr verlassen zu haben. Er vergaß sogar, seine eigenen Erfolge zu loben. Etwa, dass seit diesem Jahr nun endgültig die Dachauer Grundsätze für die Baulandentwicklung gelten oder dass die Stadt einen neuen Flächennutzungsplan bekommen soll, der zeigen wird, wo und wie viel Wachstum in den kommenden Jahren überhaupt noch möglich sein wird.

Die Haushaltsreden nutzen die Fraktionssprecher traditionell für Rückschau, Kritik, Mahnung und Forderungen. Sie geben einen Eindruck von der Verfasstheit der Fraktionen. Ein Überblick:

Florian Schiller, CSU

Die CSU ist die einzige Fraktion, die Wert darauf legt, eine wirkliche und frei vorgetragene Rede zu halten. Doch vor dem guten Redner Schiller musste sich der Blatt-Ableser-Hartmann dieses Jahr nicht fürchten. Schiller lobte seine Fraktion für die Lösung, die für den Neubau der Scherer-Halle auf dem ASV-Gelände und eine neue Eislauffläche gefunden wurde und wiederholte die Forderung nach einem Zeitplan auf dem MD-Gelände.

Fast alle weiteren Redner hielten der CSU vor, 2017 einen Lärmaktionsplan verhindert zu haben. Schillers vorweggenommene Antwort: Dafür müsste es erst einmal eine Nordostumfahrung geben. Außerdem wird aus der Sicht der CSU die Grundschule Augustenfeld zu groß. Das Parkhaus dort hingegen zu klein.

Christa Keimerl, SPD

Bei der SPD darf immer mal jemand anderes reden. Pointiert gelang das vor einem Jahr dem jüngsten Fraktionsmitglied Sören Schneider. In diesem Jahr übernahm wieder - wie bei allen anderen Fraktionen - die Vorsitzende Christa Keimerl. Sie wollte sich kampfeslustig geben, doch das passt zu der sachlichen Stadträtin eigentlich nicht. So hörte sich vieles eher nach Vorwürfen an. Die hat die SPD, die zwar sechs Köpfe kleiner ist als die CSU-Fraktion, gar nicht nötig. Dank Hartmann läuft sie der CSU weit voraus. Aufhorchen ließ Keimerls Appell, "den Mut zu haben, die Grenzen des Wachstums zu bestimmen." Fragt sich nur, wo die SPD diese sieht.

Thomas Kreß, Grüne

Kreß hat als einziger eine Vision dabei, die er auch noch so nennt: "Jeder Bürger hat in 250 Metern Laufweg von zu Hause eine Bushaltestelle, von der zumindest zur Hauptverkehrszeit alle zehn Minuten, ein Bus abfährt." So unnachgiebig, wie die CSU eine Nordostumfahrung fordert, ist Kreß dagegen und so vehement fordert er seit Jahren einkommensabhängige Kita-Gebühren. Auch das: eine Vision.

Sabine Geißler, Bündnis

Nicht nur die Grünen, auch das Bündnis arbeitete sich planmäßig an der CSU ab, die dazu allenfalls grinste oder auch mal den Kopf schüttelte. In ihrer aufgeräumten Art riebt Geißler der größten Fraktion deren - aus Sicht des Bündnisses - Fehltritte unter die Nase und erklärte die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum zum höchsten Ziel ihrer Fraktion. Skeptisch wird das Bündnis immer da, wo viel Geld verdient wird. Was im Bezug auf Grundstücks- und Baufragen auch mal eine willkommene Mahnung sein kann. Vom TSV forderte Geißler erneut eine Entschuldigung für die heftigen Angriffe auf Stadtrat und OB im Herbst. Zur Loyalität kommt beim Bündnis eine Verehrung des OB, die der SPD anscheinend Konkurrenz machen möchte.

Rainer Rösch, ÜB

In seiner Skepsis in Bezug auf Bauherren, Investoren und Banken findet das Bündnis häufig einen Verbündeten in der ÜB. Die Fraktion begleitet äußerst kritisch die Sparkassenfusion und warnt vor der Isaria AG, die das MD-Gelände übernommen hat und die - so bloggte das Bündnis - einer "Heuschrecke" gehöre. Er vermisse "einen echten Plan, was die Einnahmenseite anbelangt", sagte Rainer Rösch. Statt um die Messe Diva und den Christkindlmarkt solle sich die Abteilung Wirtschaftsförderung mit dem Thema Gewerbesteuer befassen. Von Bauamtsleiter Michael Simon wünschte sich Rösch in dessen letzten Amtsjahr eine "nachvollziehbare Linie" beim Thema "Einfriedungen, Zäune und Mauern". In der Verkehrsplanung solle die Stadt mehr Engagement zeigen, fand Rösch und wiederholte die Forderung nach einem Park-und-Ride-Platz vor der Stadt. Sparen möchte die ÜB gerne an den aus ihrer Sicht überbordenden Kosten für den Museumszweckverband: mehr als eine halbe Million Euro im kommenden Jahr. Die Budgetierung für die neue Eislaufhalle sei ungeschickt, die Kostenerwartung geht längst in zweistellige Millionenbeträge. Vom TSV erwartet Rösch "Kompromisse". Freundlich und konstruktiv in der Kritik, trägt die ÜB-Fraktion wie alle Vorredner den Haushalt mit.

Edgar Forster, Freie Wähler

Wie man alles mitträgt und am Ende als großes Ganzes doch ablehnt, machte auch in diesem Jahr Edgar Forster vor. Ausgerechnet mit Thomas Kreß eint ihn der fatale Hang zum Latein. In diesem Jahr lebte nur Kreß ihn aus, Forster dachte sich neue Begriffe aus. Was auch immer die Stadt vorhat, Forster sagte dazu nur: Mir ham's ja. Und setzt im folgenden hinter etliche Bauvorhaben ein schlichtes: MHJ. Zuzustimmen sei die Fraktion im Einzelnen regelrecht genötigt worden, klagte Forster. Etwa, wenn es um die Feuerwehr geht, die von Hauptamtlichen unterstützt werden soll. Hallenbad und Fahrradparkhaus sind bei den FW von jeher unbeliebt, dafür fiel Forster plötzlich die Freie-Wähler-Liebe zum sozialen Wohnungsbau ein. Konstruktive Vorschläge kommen aber nicht und in dem ganzen Genörgel und Gequengel ging die berechtigte Kritik an der neuen Sommerstockbahn an der Kufsteiner Straße, die mittlerweile bald 750 000 Euro verschlingen soll, beinahe unter.

Horst Ullmann, BfD

Im wahrsten Sinne des Wortes durch die Brille Forsters, die er sich vor seiner Rede noch schnell auslieh, blickte Horst Ullmann von den Bürgern für Dachau. Die Zwei-Mann-Fraktion lehnte den Haushalt ebenfalls ab, und zwar "aus Sorge um die Zukunft unserer Stadt". Auch Ullmann ist die Sommerstockbahn ein Dorn im Auge. Die sparsame ÜB kann die Bahn übrigens nicht kritisieren, weil sie selbst die Erweiterung und damit Öffnung für Nichtvereinsmitglieder beantragt hatte. Für beide Sportvereine hingegen müsse genügend Geld da sein, mahnte Ullmann.

Wolfgang Moll, parteilos

In der Ausschussgemeinschaft mit Jürgen Seidl (FDP) kommt nicht nur zum Jahresende meistens der parteilose Wolfgang Moll zu Wort. In diesem Jahr trugen beide den Haushalt mit. Das hielt Moll nicht davon ab, mit Verve nochmals auf Hallenbad, Sommerstockbahn und Eislaufhalle als Geldversenkungsprojekte einzugehen. Auf einer Linie war er mit der ÜB mit seiner Kritik an der Abteilung Wirtschaftsförderung, von der auch Moll mehr erwartet. Dazu müsse sie allerdings auch mit kompetenten Mitarbeitern ausgestattet werden. Nicht zufrieden sind die beiden TSV-Mitglieder Moll und Seidl weiterhin mit der Platzlösung für Scherer-Halle und Eislaufhalle auf dem ASV-Gelände. Dass für die Neubauten Bannwald angetastet werde, halten sie für nicht hinnehmbar.

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Quelle:
SZ vom 14.12.2017
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