Stadtrat Dachau:Im Prinzip für die Natur

Schwammig, unkonkret und wertlos - das neue Umweltleitbild Dachaus findet nicht überall Freunde. Einzig die CSU zeigt sich begeistert, und lässt sogleich entgegen des Papiers neun gesunde Bäume fällen.

Walter Gierlich

Mehr als 20 Jahre alt ist das Umweltschutzprogramm der Stadt Dachau. Da schien es Verwaltung und Stadträten an der Zeit, das Programm aus dem Jahr 1986 zu überarbeiten und auf den aktuellen Stand zu bringen. Doch herausgekommen ist nun nach mehreren stundenlangen Sitzungen des Umweltausschusses kein Aktionsplan, sondern ein "umweltpolitisches Leitbild", das nach Meinung von Grünen-Fraktionschef Thomas Kreß "das Papier nicht wert ist, auf dem es gedruckt ist". Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) zeigte sich erstaunt, "dass nach so langer Diskussion eine so schroffe Ablehnung kommt". Nach einem weiteren verbalen Schlagabtausch wurde das Leitbild zunächst vom Umweltausschuss und später vom Stadtrat dennoch gegen die Stimmen der Grünen und des Bündnisses für Dachau verabschiedet.

Stadtrat Dachau: Diese Plantanen an der Ludwig-Ernst-Straße in Dachau werden gefällt - nicht weil sie krank sind, sondern weil die Bewohner mehr Sonnenlicht wünschen.

Diese Plantanen an der Ludwig-Ernst-Straße in Dachau werden gefällt - nicht weil sie krank sind, sondern weil die Bewohner mehr Sonnenlicht wünschen. 

(Foto: Toni Heigl)

Grund für den von Umweltreferentin Sabine Geißler (Bündnis) geteilten Ärger von Kreß ist, dass in dem sieben DIN-A-4-Seiten starken Leitbild "schöne Sachen stehen, die eigentlich selbstverständlich sein sollten". Der Grünen-Fraktionschef vermisst jedoch, dass in dem Papier umweltpolitische Akzente gesetzt werden. "Das bringt Dachau nicht weiter, weil man sich nicht festlegen will", kritisierte Umweltreferentin Geißler und bezeichnete das Leitbild gar als "schlechter als das Vorgängerpapier". Angesichts der wenig konkreten Formulierungen meinte sie: "Es hätte gereicht, wenn wir geschrieben hätten: Die Stadt Dachau verpflichtet sich zu nachhaltigem politischen Handeln. Dann hätten wir dasselbe in Kurzform gesagt."

Die SPD, die sich das Leitbild nach den Worten ihres Sprechers Florian Hartmann "auch in einigen Punkten konkreter gewünscht hätte", stimmte dennoch zu. Rundum zufrieden zeigte sich nur die CSU. Helmuth Freunek sagte, das Papier sei gegenüber dem ursprünglichen Entwurf "kompakter und aussagekräftiger" geworden. Die Stadtverwaltung habe alles eingearbeitet, was in den stundenlangen, intensiven Umweltausschuss-Sitzungen diskutiert worden sei.

Schwammig und unkonkret

Schon in den vorherigen Sitzungen waren die unterschiedlichen Positionen darüber, was ein Umweltleitbild leisten und wie verbindlich es sein sollte, immer klarer geworden. Die CSU wollte von Anfang an allzu strenge Festlegungen möglichst vermeiden, um sich ja nicht auf exakt definierte Ziele und Vorgaben zu verpflichten. Bündnis, Grüne und auch die SPD drängten jedoch während der langen Beratungen vergebens in vielen Punkten auf unmissverständliche Formulierungen, die den Stadtrat künftig binden würden.

So ist denn nun ein Papier herausgekommen, das zunächst sechs Ziele formuliert: "Schutz des Klimas", "Förderung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts", "Förderung umweltfreundlicher Mobilität", "Förderung umweltfreundlichen Verhaltens", "Etablierung einer Vorbildfunktion der Stadt als umweltfreundlicher Auftraggeber und Bauherr" sowie "Gewährleistung einer ,Stadt der kurzen Wege'". Waren die Ziele noch weitgehend unstrittig gewesen, hatten sich die Diskussionen im Vorfeld stets an den Maßnahmen entzündet, die den zweiten Teil des Leitbilds ausmachen.

Nach Ansicht der unterlegenen Minderheit sind in dem Katalog zu viele unverbindliche Formulierungen enthalten. So wird etwa die Einrichtung eines fünf Meter breiten Uferstreifens an Oberflächengewässern nur "vorgeschlagen", die extensiv bewirtschaftet werden sollen. Zudem sollen "nach Möglichkeit neue Stadtwaldungen angelegt" werden. Flachdächer sollen begrünt, Solaranlagen sollen gefördert werden. Ein Fuß- und Radwegesystem durch Anlagen und entlang Wasserläufen soll geschaffen werden. Wenn Lärmschutz notwendig ist, prüft die Stadt die Möglichkeiten von Maßnahmen, heißt es.

In städtischen Gebäuden werden dem Leitbild zufolge "bevorzugt Heizungen eingebaut, die mit alternativen Energien betrieben werden". Schließlich sollen bis 2050 alle Dachauer Haushalte und Unternehmen zu hundert Prozent mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt werden. Bündnis-Stadträtin Geißler kündigte jedenfalls schon einmal an: "Wir werden weiter Umweltpolitik machen - nicht wegen, sondern trotz dieses Programms."

Wie unverbindlich das Leitbild für die Mehrheit der Stadträte ist, zeigten sie noch in derselben Umweltaussschuss-Sitzung: "Gesunder Baumbestand soll nicht abgeholzt werden", heißt es im Leitbild. Und doch stimmte man für einen Antrag, neun Platanen in der Ludwig-Ernst-Straße zu fällen, die zu viel Schatten auf benachbarte Wohnungen werfen.

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