Süddeutsche Zeitung

Haushalt Dachau:Das Ziel ist Konsens

Lesezeit: 3 min

Die Stadt ist wegen der Corona-Krise und der Übernahme immer neuer Verwaltungsaufgaben in einer finanziellen Schieflage. Nun wollen Stadträte den Haushalt konsolidieren. Sie müssen sich auf harte Diskussionen einstellen

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Die Stadt Dachau muss sich auf eine finanzielle Durststrecke einstellen, die Jahre dauern wird. Da die Verwaltung bei einem rasanten Bevölkerungswachstum immer mehr Aufgaben übernehmen muss und die Corona-Krise auch weit über 2021 hinaus die Steuereinnahmen mindern wird, ist die Stadt zum Sparen gezwungen. Vor diesem Hintergrund haben die Stadträte in der Sitzung des Ferienausschusses beschlossen, eine Arbeitsgruppe zu bilden, die eine nötige Konsolidierung des Haushaltes auf den Weg bringen soll. Darin sollen die Sachgebietsleiter der städtischen Verwaltung zusammen mit je einem Vertreter der Fraktionen im Stadtrat Vorschläge erarbeiten, in welchen Bereichen wie viel eingespart werden soll. Über die Kürzungen sollen dann die Stadträte in den Fachausschüssen entscheiden. Dem Beschluss, einen Konsolidierungsfahrplan zu entwickeln, und der teils harten Diskussion im Ferienausschuss waren Anträge der CSU- und der ÜB/FDP-Fraktion vorausgegangen.

Auf die Stadträte dürften sehr schwierige Debatten zukommen, in denen es politisch ans Eingemachte gehen wird. Letztlich müssen sie entscheiden, auf was die Stadt in Zukunft verzichten soll. Das könnte insbesondere die Kultur- und Sportförderung betreffen. In diesen Bereichen gewährt die Stadt viele Leistungen, die formal als "freiwillig" gelten - im Gegensatz dazu zählt der Bau und Unterhalt von Kitas und Schulen sowie die Daseinsvorsorge, darunter Abwasser oder Personalamtswesen, zu den Pflichtaufgaben einer Kommune. Für die beiden großen Dachauer Sportvereine, den ASV und den TSV, die an ihren aktuellen Standorten mit großen Problemen zu kämpfen haben und auf Unterstützung der Stadt angewiesen sind, sind das keine guten Nachrichten.

Stadtkämmerer Thomas Ernst warb im Ferienausschuss mit einem eindringlichen Appell an die Stadträte darum, dass die Politik für diese schwierigen Entscheidungen "ein hohes Maß an Kompromissfähigkeit" aufbringen müsse. "Wir brauchen einen Konsens auf der groben Ebene." Diese grobe Ebene, auf der man nun diskutieren müsse, sind für Ernst die zehn Einzelpläne im Haushalt: Verwaltung, öffentliche Sicherheit, Schulen, Kultur, soziale Sicherung, Sport, Bauen und Verkehr, öffentliche Einrichtungen, Unternehmen und allgemeine Finanzwirtschaft. Die Arbeitsgruppe soll nun überlegen, bei welchen Einzelplänen man wie viel einsparen möchte. Ausdrücklich nur als Beispiel nannte Ernst den Bereich Kultur. Hier belaufen sich die Ausgaben für 2021 auf 4,5 Millionen Euro. Eine beispielhafte Entscheidung wäre, diese Ausgaben um zehn Prozent zu drücken. Anschließend könne man in dem jeweiligen Einzelplan "in die Tiefe gehen". Die CSU-Fraktion hatte im Gegensatz zu diesem Vorgehen beantragt, dass die Verwaltung den Stadträten Eckpunkte für einen Konsolidierungsfahrplan des Haushaltes vorschlagen soll. Doch Ernst und Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) entgegneten, dass diese Eckpunkte von der Politik kommen müssten. "Haushalt, das ist ein Ur-Recht des Stadtrates", sagte Hartmann. Nach einer teils heftigen Diskussion einigten sich die Mitglieder darauf, eine Arbeitsgruppe mit Stadträten und Sachgebietsleitern zu bilden.

Das Ziel der Konsolidierung ist, den defizitären Verwaltungshaushalt auszugleichen und so in Zukunft wieder mehr Handlungsspielraum zu bekommen. Für das Jahr 2021 steht dort ein Minus von acht Millionen Euro. Für 2022 bis 2024 rechnet die Verwaltung mit einem Defizit von jeweils zwischen 4,5 und 5,9 Millionen Euro.

Es gibt mehrere Gründe, warum die Stadt Dachau - wie viele Kommunen - in die finanzielle Schieflage gerät. Erstens die Corona-Krise. Zwar sei die Stadt 2020 "recht ordentlich" durch die Pandemie gekommen, so Ernst. Doch der Kämmerer rechnet zum Beispiel bei der Einkommenssteuer mit einem Einbruch. Bei der jüngsten Steuerschätzung im November sei man von 37,2 Millionen ausgegangen. Doch diesen Planansatz werde man nicht erreichen, weil man damals noch gar nicht gewusst habe, dass der Lockdown sich über Monate ziehe werde. Zweitens haben die Aufgaben der Verwaltung aufgrund rechtlicher Vorgaben in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen. Als Beispiel nannte OB Hartmann Anforderungen im Hinblick der Digitalisierung oder, dass die Stadt nun einen Datenschutzbeauftragten brauche. Alles Dinge, die zwar eingehalten werden müssten, "aber dem Bürger Null bringen". Drittens belastet die stetig steigende Kreisumlage den Dachauer Haushalt. 2021 muss die Stadt 32,6 Millionen Euro an den Landkreis überweisen, 2011 lag dieser Betrag noch bei 18,7 Millionen Euro. Viertens tragen natürlich auch Entscheidungen des Stadtrates zur Haushaltslage bei, Beispiel ÖPNV. Die Stadt Dachau investiert enorme Summen in den Zehn-Minuten-Takt, während die Einnahmen im Öffentlichen Personennahverkehr in der Pandemie einbrechen. Kämmerer Ernst warnte schon im vergangenen Jahr, dass der Zehn-Minuten-Takt eine "immense Aufgabe" nach sich ziehe, die zu einem "riesigen Problem" werden könnte.

Die Aufgaben und Ausgaben der Stadt werden jedenfalls angesichts eines rasanten Bevölkerungswachstums nicht weniger. Die Stadt muss mehr Schul- und Kinderbetreuungsplätze schaffen. In der Sitzung des Ferienausschusses billigten die Stadträte mehrheitlich die Kostenberechnung für den Neubau einer Dreifachturnhalle an der Grundschule Dachau-Ost. Zudem beschlossen sie mehrheitlich den Neubau einer Kindertagesstätte samt drei Werkswohnungen in der Pollnstraße. Die Kosten beider Vorhaben zusammen: Rund 20 Millionen Euro.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5218075
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 26.02.2021
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.