Süddeutsche Zeitung

Stadt Dachau:Schwaacks Comeback

Der ehemalige Volleyballprofi etabliert sich in der Stadt Dachau als Eventmanager mit der Idee eines Stadtstrands für alle.

Christine Heumann

"Ich kenne mich im Sand gut aus", sagt Patrick Schwaack und lacht. Kein Wunder. Mehr als sein halbes Leben lang hat der 30-Jährige Volleyball gespielt. Indoor und outdoor - drinnen und draußen, in Hallen und auf Beachanlagen. 2002 war Schwaack bereits Weltmeister mit der deutschen Militär-Auswahl, im gleichen Jahr folgten sechs A-Länderspiele, drei Jahre später dann WM-Platz zwei erneut mit der Bundeswehr-Auswahl. In Deutschland spielte er beim ASV Dachau, beim SV Lohhof und in Unterhaching. Stationen im Ausland waren Griechenland, Katar und Frankreich. Dazwischen gab es immer Abstecher in den Sand zum Beachen - bis heute. 2009 beendete der weit Gereiste dann seine Profi-Karriere beim Bundesligisten Generali Haching. Knieprobleme hatte ihn immer wieder zu längeren Pausen gezwungen. Fortan forcierte Schwaack sein Studium der Diplom-Sportwissenschaft - mit Schwerpunkt Marketing und Event - und suchte nach einer neuen Herausforderung. Die hat er seit dem vergangenen Jahr gefunden: Als Eventmanager mit eigener Agentur in Dachau.

Aspire Events" heißt sie. Und der Firmenname verpflichtet. Patrick Schwaack strebt danach, in seiner Heimatstadt neue Projekte zu etablieren - im Freizeit- und im kulturellen Bereich. Vom 1. Juni 2012 an eröffnet er im Herzen der Unteren Stadt auf dem ehemaligen Postschulgelände zwischen Stadtbücherei und Scheibnerschule einen Stadtstrand. "Wir erfinden das Rad nicht neu", sagt er. Aber für ihn passt so ein Konzept nach Dachau: "Wir haben hier das richtige Publikum, die richtige Struktur und auch die richtige Größe." Auf 300 bis 350 Quadratmetern werden 250 Tonnen Sand aufgeschüttet, eine überdachte Beach-Bar errichtet, Liegestühle aufgestellt und Sonnensegel in die Bäume drapiert. Es soll ein Ort entstehen, um die Seele baumeln zu lassen. "Das Gelände liegt zentral und ist doch ein bisserl eingekastelt", und genau das findet der Eventmanager richtig spannend: "Man muss schon zehn Meter rauf gehen und um die Ecke schauen, was dort los ist."

Als Patrick Schwaack im vorigen Jahr zum ersten Mal mit seiner Idee an die Stadt herangetreten ist, haben beide Seiten spontan an die Thoma-Wiese als "Location" gedacht. "Aber davon sind wir schnell wieder abgekommen", sagt er. Zum einen ist dort schon Leben genug, zum anderen das Areal viel zu riesig. Rasch fiel die Wahl dann auf das ehemalige Postschulgelände. "Es ist egal, ob 50 oder 500 Gäste kommen, die Atmosphäre dort ist immer gemütlich." Schwaack will an der Münchnerstraße bei freiem Eintritt ein zusätzliches Freizeitangebot für die ganze Familie schaffen. Die Mütter sollen im Sand Kaffee trinken, die Kinder spielen und die Väter nach getaner Arbeit die Hosen hochkrempeln, die Schuhe ausziehen, ein Feierabend-Bier genießen und vielleicht auch eine Kleinigkeit essen. Denn ein Dachauer Wirt wird Schwaacks Partner am Stadtstrand.

Das Projekt des Eventmanagers geht aber weit über das Entspannen hinaus. Der ganze Juni steht im Zeichen des Fußballs. Während der Fußball-Europameisterschaft wird am Stadtstrand jedes Spiel live auf Großleinwand übertragen. Premiere ist am 1. Juni mit dem letzten Test der deutschen Kicker gegen Israel. Der Juli gehört einer Kultur-Bühne. "Kein Anwohner muss sich Sorgen machen, dass hier wilde Partys gefeiert werden", verspricht Schwaack. "Ausgewählte Töne", will er erklingen lassen, vom Songwriter mit der Gitarre, über ein bisschen Jazz, ein bisschen Reggae. Er denkt an regional bekannte Künstler ebenso wie an überregional bekannte. An After-Work-Veranstaltungen ebenso wie an Familien- und Jugendtage. Schluss wird immer um 23 Uhr sein, "so wie im Biergarten". Und los geht der Betrieb an Werktagen immer erst nach Ende des Scheibner Schulbetriebs um 16.30 Uhr, an Wochenenden und Feiertagen um 10.30 Uhr. Am Samstag, 8. September, verabschiedet sich der Stadtstrand dann mit der Langen Tafel, dem Straßenfest der Interessengemeinschaft Münchner Straße. in die Winterpause.

Schwaack hat versucht, die wenigen Vorbehalte, die es gegen sein Konzept im Haupt- und Finanzausschuss des Dachauer Stadtrats gegeben hatte, zu entkräften. Die Sorge um die Nachtruhe der Anwohner will er durch die festgelegten Öffnungszeiten beseitigen, durch die zentrale Lage des Geländes und die Nähe zum S-Bahnhof sollte es auch keine Parkplatz-Probleme geben. "Wir können auf Erfahrungswerte aus anderen Städten zurückgreifen", sagt Schwaack. "Die Leute kommen ohnehin meist zu Fuß oder mit dem Radl zum Stadtstrand."

Der Eventmanager erwartet auch keinen Ansturm aus München. "Die haben ihr eigenes Angebot und dagegen wollen wir auch gar nicht ankämpfen. Wir wollen höchstens die dorthin Abgewanderten in Dachau halten." Sein Ziel ist es, den Stadtstrand langfristig und bestmöglich zu etablieren. "Dazu gehört ein gutes Verhältnis zu den Nachbarn, zur Stadt, den Dachauer Unternehmen und Wirten." Und daran arbeite er. Für die Anwohner will Schwaack eine Art Stammtisch anbieten, "um gut miteinander durch den Sommer zu gehen". Von den Gastronomen will er nicht als Konkurrent gesehen werden, sondern als jemand, der ein zusätzliches Angebot in die Stadt bringt. Ein Angebot, das durchaus noch ausbaufähig ist. Er denkt an sportliche Aktivitäten oder ein Open-Air-Kino. "Das ist aber Zukunftsmusik. Man muss nicht gleich im ersten Jahr ein Überangebot schaffen." Besser scheint es ihm, Potential zum Wachsen zu erhalten - und erst mal an 100 Tagen den Sommer 2012 im Herzen von Dachau aufzuwerten.

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Quelle:
SZ vom 04.02.2012
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