Sportförderung:Sport auf dem Dach

Ortstermin

Der TSV-Vorsitzende und Stadtrat Wolfgang Moll (parteilos) hält von der Innovation seiner Stadtratskollegen nicht viel.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Dachau will neue Wege gehen: Die Stadt will prüfen, ob ein Kunstrasenplatz auf einer neuen Jahn-Halle möglich ist. Der TSV ist wenig begeistert von der Idee und auch sonst gibt es viele Meinungsverschiedenheiten

Von Petra Schafflik, Dachau

Der mitgliederstarke Sportverein TSV Dachau 1865 will sukzessive auf Flächen an der Theodor-Heuss-Straße aussiedeln, um seine Zukunft zu sichern. Ein langfristiges Projekt, das nur klappt, wenn Stadt und Verein an einem Strang ziehen. Doch im Haupt- und Finanzausschuss zeigten sich jetzt atmosphärische Störungen. "Es wird vom Verein in Frage gestellt, dass der Stadtrat entscheidet, was die Stadt fördert", monierte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Ein Missverständnis, meint Jürgen Seidl (FDP), der im TSV-Vorstand sitzt. Beim Bedarf lasse sich der Verein nicht dreinreden. "Aber die Stadt hat finanziell das letzte Wort."

Nach der Grundsatzdebatte richtete sich der Blick aufs gemeinsame Ziel: Der vom Verein dringend benötigte Kunstrasenplatz wird sofort in Angriff genommen, so der einstimmige Beschluss. Dabei will man prüfen, ob das Feld platzsparend auf einer Halle errichtet werden kann. Auf diese Weise könnte der Verein sowohl eine wichtige Außensportfläche bekommen, als auch die marode Jahn-Halle ersetzen.

Unabhängig von den Zukunftsplanungen muss der Sportbetrieb beim TSV 1865 weiter laufen. Deshalb plädierte Sportreferent Günter Dietz (CSU) dafür, das Projekt Kunstrasenplatz sofort anzupacken. Denn auch eine Trainingsfläche steht nicht über Nacht zur Verfügung, sie muss geplant und gebaut werden. "Es pressiert", so Dietz. Da sich in dem vom TSV vorgelegten Zukunftskonzept zwei Kunstrasenplätze finden, einer ebenerdig, der andere auf einer Mehrzweckhalle, wollen die Stadträte jetzt beides prüfen. Ein Fachplaner soll für jede Variante Entwürfe präsentieren und Kosten ermitteln. Gerade die Idee, die Sportfläche auf einer möglichst großzügigen Halle zu anzulegen, fand im Ausschuss große Zustimmung. Im anvisierten Neubau sollten sich nach dem Willen der Stadträte deshalb mindestens alle Funktionen, die die die sehr renovierungsbedürftige Jahnhalle jetzt hat, unterbringen lassen. Weil ein Kunstrasenplatz mehrere tausend Quadratmeter groß ist, sollte das kein Problem sein. Außenspielflächen auf Hallen können durchaus ansprechend aussehen, denn das Gebäude wird teilweise ins Erdreich eingegraben und seitlich angeböscht wird, erklärte Vereinsvorsitzender Wolfgang Moll, der als parteiloser Stadtrat nicht Mitglied im beschließenden Ausschuss ist, der SZ. Anders als man erwarten würde, ist Moll aber nicht begeistert von der Innovationsfreude seiner Stadtratskollegen. Der Verein favorisiere im ersten Schritt eine rein ebenerdige Sportfläche, der Hallenbau koste zu viel Zeit. "Wir brauchen den Kunstrasenplatz schneller."

Schwerer als diese Meinungsverschiedenheit ist jedoch, dass Verein, Stadt und Stadtrat zur Aussiedlung des Sportvereins offenbar immer noch unterschiedliche Wege verfolgen. Im Kern geht es um die Entscheidungskompetenz, welche Sportangebote auf den von der Stadt bereitgestellten Flächen entstehen sollen. Da bisher nur ein Teil der benötigten Grundstücke an der Theodor-Heuss-Straße angekauft werden konnte, also nicht genug Platz für alles ist, "soll der Stadtrat die Prioritäten setzen", betont Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Der Verein will sich dagegen in die Bedarfsplanung nicht hineinreden lassen. Das Konzept, so Vorstand Moll, "ist in monatelanger interner Zusammenarbeit und mit externer Unterstützung erarbeitet worden, damit fachlich unumstritten und fundiert." Die Stadt entscheide nur, "welchen Zuschuss in welcher Höhe sie gibt", erklärte der Zweite TSV-Vorsitzende Seidl. Aber auch wenn eine Sportstätte aus Eigenmitteln des Vereins auf dem neuen Areal östlich der Theodor-Heuss-Straße gebaut werden sollte, ist die Stadt mit im Boot, weil sie Grund und Boden in Erbpacht günstig bereitstellt.

Für Irritationen sorgt auch die Idee des TSV, auf einem kleinen Teil des Stammgeländes an der Jahnstraße, Moll spricht von 2000 Quadratmetern, ein Apartmenthaus für Sportstudenten zu errichten. Damit soll ein Teil des einst per Schenkung erlangten Vermögens beim Verein erhalten werden, so der Vorsitzende. "Ich kann nicht verstehen, warum das zurückgehalten werden soll", wundert sich der OB. Schließlich gibt es für die TSV-Aussiedlung eine unumstößliche Grundlage, die auch der CSU-Fraktionsvorsitzende Florian Schiller erneut betonte: "Prämisse ist, dass der Verein sein Stammgelände vollständig einbringt, schließlich ist die Stadt mit Millionenbeträgen gefordert." Alles andere wäre den Bürgern nicht zu vermitteln, ergänzt Oberbürgermeister Hartmann. Doch der TSV plant, nicht sämtliche finanziellen Mittel in neue Sportgebäude zu investieren, die in 50 Jahren wieder sanierungsbedürftig oder baufällig sind, so Moll. "Wir wollen nach der Umsiedlung nicht ohne Vermögen dastehen." Hier zeichnet sich wohl weiterer Gesprächsbedarf ab. Dabei denkt der Oberbürgermeister optimistisch, "dass wir so weit gar nicht auseinander liegen."

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