Süddeutsche Zeitung

SPD-Krise:"Es kann kein Weiter-so geben"

Michael Schrodi über das desaströse Ergebnis der SPD und mögliche Wege aus der Krise

Von Stefan Salger, Dachau

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Schrodi fordert einen inhaltlichen und personellen Neuanfang. Die Querelen in Berlin hätten auf das Wahlergebnis durchgeschlagen. Das allein reiche aber mitnichten als Erklärung. So seien auch Wortwahl und Ausrichtung im Wahlkampf der Bayern-SPD offenbar zu abgehoben gewesen.

SZ: Kam das Wahlergebnis für Sie überraschend?

Michael Schrodi: Man hat in den zurückliegenden Wochen schon gespürt, dass wir nicht durchdringen zum Wähler. Und es gab ja die Umfragen. Dass es aber so desaströs wird, hätte ich nicht erwartet.

Woran lag es Ihrer Ansicht nach?

Die Probleme in Berlin mit unserem Koalitionspartner spielten eine Rolle, aber es gab auch hausgemachte Probleme - inhaltlich und sprachlich war der Wahlkampf zudem nicht optimal.

Sind inhaltliche und personelle Konsequenzen in Bayern und im Bund zu ziehen? Und wenn ja, welche?

Die Verantwortung liegt jeweils auf der Ebene des gesamten Vorstands, ich will hier also gar nicht über einzelne Personen reden - das wäre zu billig. Klar ist, dass wir eine inhaltliche und personelle Erneuerung brauchen. Und das möglichst schnell, denn bald kommt ja die Europawahl. Die SPD hat sich bei den Wählerstimmen mehr als halbiert. Da kann es kein Weiter-so geben. Es wäre dringend ratsam, den für Mai angesetzten Parteitag vorzuziehen.

Hat die Große Koalition angesichts solcher Ergebnisse noch Sinn oder hatten Martin Schulz und auch Sie im Rückblick doch recht mit den Vorbehalten?

Richtig ist, dass ich kein Freund der Großen Koalition war. Aber damals wäre es sonst auf eine Neuwahl herausgelaufen, was auch nichts gebracht hätte. Deshalb war ich der Meinung, dass man in die Groko gehen kann, sofern man sich dort gut präsentieren und deutlich positionieren kann. Das aber erfolgte dann leider nicht so, wie ich mir das gewünscht hätte.

Wo gab es konkret Probleme?

Inhalte des Koalitionsvertrags werden derzeit in Frage gestellt, wie die Sache mit dem Solidaritätszuschlag. Dessen komplette Abschaffung würde vor allem Spitzenverdiener und Vermögende entlasten. Da fragt man sich dann schon, ob so eine Koalition Sinn macht. Jetzt aber alles auf die Groko zu schieben, ist mir zu einfach. Wir müssen uns schon selbst fragen, was wir nicht richtig machen.

Sigmar Gabriel hatte bei seinem Auftritt am Freitag in Germering ein paar Tipps parat: Mehr Staat, mehr Lehrer, mehr Polizei, schnellere Verwaltungsentscheidungen, mehr Mut auch in der Flüchtlingsdebatte. Außerdem sei die SPD zu einer "Partei der Akademiker" geworden, der die Verwurzelung in der Gesellschaft fehle. Sie werde als "die da oben" wahrgenommen. Hat er recht?

Vieles von dem ist in der Tat richtig. Auch jetzt in Bayern haben wir es versäumt, die zentralen Punkte anzusprechen, für die wir gewählt werden. Das sind Zukunft der Arbeit, Rente, Armut, Verteilungsgerechtigkeit, solidarische Gesellschaft. Der Wahlkampf aber wurde eher moralisierend geführt. Da wurden Schlagworte wie Haltung und Respekt genannt. Aber Haltung und Respekt wofür? Hier fehlen die konkreten politischen Inhalte. Wir müssen unser Profil nicht schärfen, wir brauchen wieder ein inhaltliches Profil.

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Quelle:
SZ vom 19.10.2018
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