SPD Dachau:Aufstand der Alten

Die Wahl des Vorsitzenden der Dachauer SPD endet fast mit einem Eklat - und einem überraschenden Ergebnis. Die Senioren in der Partei formieren sich gegen Volker C. Koch. Kreisvorsitzender Güll will jetzt die Wogen glätten.

Robert Stocker

SPD Dachau: Awo-Vorsitzende Thea Zimmer gehört zu den SPD-Senioren, die gegen Koch mobil machten.

Awo-Vorsitzende Thea Zimmer gehört zu den SPD-Senioren, die gegen Koch mobil machten.

(Foto: DAH)

Die Wahl von Stadtrat Horst Ullmann zum neuen Ortsvorsitzenden hat die Dachauer SPD in zwei Lager gespalten. Ullmann präsentierte sich kurz vor der Wahl überraschend als Gegenkandidat zu Volker C. Koch, dem früheren Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat. Unterstützt wurde der Vorstoß von Mitgliedern der Gruppe "60plus" und SPD-Mitgliedern aus dem Umfeld der Arbeiterwohlfahrt (Awo), die offenbar Vorbehalte gegen Koch und dessen Mannschaft haben. Sie bildeten in der Versammlung eine starke Fraktion und machten gegen Koch mobil. In der Dachauer SPD herrscht Katerstimmung. SPD-Kreisvorsitzender Martin Güll, der die Versammlung leitete, will jetzt mit den gegnerischen Lagern reden und den Ortsverein wieder befrieden - auch im Hinblick auf die kommenden Wahlen.

Nach der Wahl kam es immer wieder zu heftigen Wortgefechten, die auch teilweise verletzend waren. "Es ist äußerst bedauerlich, dass die Veranstaltung so aus dem Ruder gelaufen ist", sagte Güll im Gespräch mit der SZ. "Die Auseinandersetzung war schon recht übel." Nach Gülls Eindruck gibt es offenbar persönliche Verletzungen, die schon lange zurückliegen. Er glaubt, dass sich der Aufstand der älteren SPD-Mitglieder nicht allein gegen die Person Koch richtet, sondern gegen die gesamte Vorstandsmannschaft, mit der der frühere Fraktionsvorsitzende ins Rennen ging. Schon vor der Wahl habe es in der Dachauer SPD "nicht eitel Sonnenschein gegeben". Güll will jetzt mit den Lagern reden und verhindern, dass die Auseinandersetzungen nicht weiter aus dem Ruder laufen. "Das ist kein Weltuntergang", stellt der SPD-Kreisvorsitzende fest. "Wir müssen versuchen, die Dachauer SPD schlagkräftiger zu machen."

Der Widerstand der SPD-Senioren gegen Koch wird auch von der Awo-Vorsitzenden und früheren Stadträtin Thea Zimmer mitgetragen. Koch hatte sich im Juni 2012 aus gesundheitlichen Gründen vom Fraktionsvorsitz im Stadtrat zurückgezogen. Dass er jetzt den Vorsitz der Dachauer SPD übernehmen wollte, ist für die altgediente SPD-Politikerin "befremdend". Sie sei zwar erst vor wenigen Tagen aus einem längeren Urlaub zurückgekehrt und mit den Vorgängen vor der Wahl nicht so vertraut. Als sie aber erfahren habe, dass Koch als Vorsitzender kandidiert, "dachte ich, ich hör' wohl nicht richtig. Wie kann man so schnell umdenken?" Vor Jahren hatte Koch der SPD-Dame wohl nahe gelegt, aus Altersgründen nicht mehr für den Stadtrat zu kandidieren. Zimmer beugte sich dem Diktum, war aber trotzdem etwas verärgert. Übel nimmt sie Koch außerdem, dass er nach seiner Wahlniederlage gegen Ullmann seine komplette Mannschaft für die Wahl des Vorstands zurückgezogen habe. "Das hat mir sehr weh getan", sagt Zimmer, "damit hat er der SPD einen schlechten Dienst erwiesen."

Der 69-jährige Horst Ullmann, der im Stadtrat für die Integrationspolitik zuständig ist, erklärt seine Kandidatur damit, dass er vor der Wahl Forderungen an Koch gestellt habe, die nicht erfüllt worden seien. Ullmann: "Da haben wir gesagt, wir bilden eine eigene Mannschaft. Das war ein demokratisches Procedere." Als Koch die Wahl verloren habe, seien auch seine Leute frustriert gewesen und hätten sich nicht mehr für Vorstandsposten zur Verfügung gestellt. "Der erste Schock wird sich aber legen", zeigt sich Ullmann überzeugt. "Ich sehe keine Zerreißprobe für die SPD."

Für die bisherige Ortsvorsitzende Brigitte Bokovoy, die Thea Zimmer zufolge "tolle Arbeit gemacht hat", gab es schon vor der Wahl "leise Hinweise" für den Widerstand gegen Koch, gegen den die Senioren mobil gemacht haben, etwa eine Unzufriedenheit mit der Fraktionsarbeit. Das Wahlergebnis ist für sie problematisch. Sie sieht in der neuen Mannschaft "nicht die Leute, die wichtige Aufgaben übernehmen könnten". Bokovoy hofft, dass sich für die noch vakanten Vorstandsposten jüngere Leute finden lassen.

Koch selbst kann sich die Entwicklung nicht erklären. "Ich weiß nicht, was da bei den Leuten dahinter steckt", sagt er. Man müsse die Entscheidung der Mehrheit der Mitglieder akzeptieren. Koch: "Schade ist nur, dass die SPD in der Öffentlichkeit wieder ein schlechtes Bild abgibt."

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