Soziales Kaffeeprojekt im Landkreis Dachau:Volle Kanne Gutes tun

Herzbrettl

Wie so ein Herzbrettl aussieht, demonstrieren die Initiatoren des neuen Projekts im Landratsamt.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Zwei Kaffees zahlen, einen trinken, den anderen spendieren, das ist die Idee des "Herzbrettls", das die Wirtschaftsförderung des Landkreises etablieren will

Von Jacqueline Lang, Dachau

Ursprünglich stammt die Idee aus Italien. Unter einem "Caffè sospeso", auf gut Deutsch aufgeschobenen Kaffee, versteht man, dass Menschen etwa zwei Espresso bestellen, einen davon selbst zu trinken und den zweiten für jemand anderen bezahlen. Eine bedürftige Person kann sich diesen Kaffee dann jederzeit bestellen und muss nichts dafür bezahlen. Entstanden ist das Konzept um die Jahrhundertwende in Neapel, von dort hat es sich mittlerweile über die ganze Welt in den unterschiedlichsten Ausführungen verbreitet.

In München gibt es schon länger den Verein "Brot am Haken", beteiligt sind vor allem Bäckereien und Cafés. Mit dem "Herzbrettl" soll ein ähnliches Projekt nun auch in den Dachauer Landkreis kommen. "Zwei kaufen - eins ans Herzbrettl hängen", so das Grundprinzip der Idee, die Landrat Stefan Löwl (CSU) jüngst im Landratsamt erstmalig vorgestellt hat. Anders als in Italien soll sich die Initiative aber bewusst nicht nur an Bedürftige richten, sondern an alle: "Von Mensch zu Mensch, nicht nur von Reich zu Arm."

Auf die Idee gebracht hat Löwl der Kreisrat Georg Weigl (ÖDP), der bereits im November 2018 einen Post dazu auf Facebook veröffentlicht hatte, weil ihm selbst die Idee gefallen hatte. Gedauert mit der Umsetzung habe es nur deshalb so lange, erklärt Löwl, weil zunächst zu klären gewesen sei, wie man mit den Bons umgehe, damit hinterher nicht der Verdacht der Steuerhinterziehung oder ähnliches im Raum stehe.

Offizieller Start für die Aktion soll im Mai sein. Bis dahin will Löwl gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung 25 Filialen und Gaststätten gefunden haben, die bereit dazu sind, ein solches Herzbrettl aufzustellen; dabei handelt es sich um ein Holzbrett in Herzform mit Klammern, an die man die abgestempelten Kassenzettel heften kann, die an der Kasse wie ein Gutschein funktionieren. Werner Braun von der Metzgerinnung Dachau und Freising, Hans Wörmann von der Bäckerinnung Dachau und Michael Groß, der die Gaststättenbetriebe im Landkreis vertritt, sind zuversichtlich, dass das klappen könnte, schließlich würden für die Unternehmen dadurch keinerlei zusätzliche Kosten entstehen: Die ersten 25 Brettl sponsort die Kreishandwerkschaft Dachau, und die Werbeagentur Weimer & Paulus hat Flyer, Poster und Homepage ebenfalls umsonst gestaltet. Sind erst einmal ausreichend viele Filialen für den Start gefunden, sollen die Bürger und vor allem die Verkäufer an das Thema herangeführt werden.

Verbindliche Zusagen von Cafés und anderen gastronomischen Betrieben gibt es bislang noch nicht, doch Braun, Wörmann und Groß zeigen sich überzeugt, dass einige Betriebe das Herzbrettl bei sich im Geschäft aufhängen werden - allen voran natürlich sie selbst. Skeptisch sind sie lediglich, ob sich die Bürger trauen werden, das Angebot auch in Anspruch zu nehmen. Laut Flyer zumindest ist es aber eigentlich ganz simpel. Erstens: "Zwei kaufen, einen von Herzen geben." Zweitens: "Kassenbon ans Herzbrettl hängen und anderen damit eine Freude machen." Drittens: "Von Herzen nehmen." Ob Schüler, Seniorin, Handwerker oder Geschäftsfrau sei dabei nicht von Belang. "Es ist egal, ob Sie gerade knapp bei Kasse sind, heute noch nicht bei der Bank waren oder es einfach nur eine charmante Idee finden, sich mal auf einen Kaffee einladen zu lassen", sagt der Landrat.

Mit Susanne Frölian sitzt bei der Vorstellung im Landratsamt auch die Caritas stellvertretend für alle Wohlfahrtsverbände am Tisch, denn natürlich soll nicht nur aber auch den Bedürftigen im Landkreis geholfen werden. Denn auch wenn man sie häufig nicht sehen könne, Armut gebe es auch im reichen Landkreis Dachau, versichert Frölian.

Ihr ist deshalb vor allem wichtig, dass die Stigmatisierung kein Thema ist. Nur wenn jeder das Angebot in Anspruch nehme, würden sich auch Menschen, die darauf angewiesen sind, trauen, es zu nutzen. "Es muss normal sein, dass jeder was nimmt."

Löwl stellt klar, dass es nicht nur um das Nötigste gehe, sondern auch um soziale Teilhabe. Sich einen Kaffee leisten können, sei das eine, aber als Rentner mal im Café zu sitzen und ein Stück Kuchen zu genießen oder als alleinerziehende Mutter mal mit den Kleinen ein Eis essen gehen zu können, ohne darüber nachzudenken, das sei das andere. Löwl versichert deshalb, auch er werde sich bei Gelegenheit mal einen Kaffee holen und somit mit gutem Beispiel vorangehen - auch wenn für ihn selbstverständlich ist, dass er mehr geben als nehmen wird. Ihm geht es vor allem darum, zu zeigen, das Dachau "ein Landkreis mit Herz" ist.

Geschäfte, die Interesse haben, an der Aktion teilzunehmen, können sich unter 08131/74252 oder per Mail an wirtschaft@dachauer-land.com bei der Wirtschaftsförderung des Landkreises melden. Weitere Informationen gibt es zudem unter www.herzbrettl.de.

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