Sommer im Landkreis:Senioren stöhnen unter der Hitzelast

Der Rettungsdienst muss 13 Mal zu Einrichtungen der Altenpflege ausrücken - wegen der Hitze. Die Integrierte Leitstelle registrierte allein am Wochenende 77 Notrufe.

Rudi Kanamüllerund Julia Richthammer

Endlich Sommer. Rekordtemperaturen. Dennoch können nicht alle Bürger des Landkreises die Freude über die pralle Sonne am Himmel teilen. Im Gegenteil: Für viele Ältere ist die Rekordhitze regelrecht Gift für ihren Körper. Denn ältere Menschen neigen "von Haus aus dazu, zu wenig Flüssigkeit aufzunehmen", erklärt der leitende Arzt der Abteilung für Klinische Geriatrie am Krankenhaus Indersdorf, Dr. Gerhard Einhäuser. Und gerade die große Hitze sei für Hochbetagte eines der größten Probleme, weil die Gefahr des Austrocknens bestehe. Als Konsequenz, so Einhäuser, seien gestern am Klinikum Indersdorf sämtliche physikalische Therapien "runter gefahren worden", um die Patienten nicht zu belasten.

Sommer im Landkreis: Sehr begehrt sind in diesen und vermutlich auch in den nächsten Tagen die Liegeplätze am Erholungsgelände des Karlsfelder Sees.

Sehr begehrt sind in diesen und vermutlich auch in den nächsten Tagen die Liegeplätze am Erholungsgelände des Karlsfelder Sees.

(Foto: joergensen.com)

Auf die Hitze hat auch die Leitung der Seniorenresidenz in Weichs, Silvija Schicht, reagiert. Das Personal sei die ganze Zeit damit beschäftigt, die Bewohner prophylaktisch dazu anzuhalten, viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen und sich möglichst nicht anzustrengen. "Wir können das nicht oft genug sagen." Ihre Sorge, so Schicht, gelte hier aber nicht nur den Bewohnern, sondern vor allem auch den Mitarbeitern der Seniorenresidenz: "Die vergessen sich dabei oft genug selbst."

Warum gerade Senioren besonders arg von der Gluthitze betroffen sind, erklärt Dr. Einhäuser so: Bei Hitze erhöhe sich die Körpertemperatur. Die Gefäße weiten sich. Der Mensch fängt an zu schwitzen. Er verliert Flüssigkeit, dabei kommt es bei Flüssigkeitsmangel gerade bei Älteren häufig zu einem Blutdruckabfall und Schwindelanfällen. Einhäuser: "Da hilft nur eine deutliche Steigerung der Flüssigkeitszufuhr und ein Verzicht auf körperliche Belastung."

Vor den Gefahren bei großer Hitze warnt auch die Johanniter-Unfall-Hilfe im Landkreis. So könne die Temperatur in einem Auto binnen weniger Minuten auf 70 Grad Celsius ansteigen. Bei diesen Temperaturen drohe Tod durch Hitzschlag. Deshalb: Auch bei kurzzeitigem Parken niemals Kinder oder Tiere in einem Fahrzeug lassen. Bei strahlender Sonne gelte immer: Die beste Vorbeugung ist die eigene Vernunft. Also Sonnencreme, Sonnenhut und Sonnenbrille nicht vergessen. Unbedingt im Schatten aufhalten und sportliche Aktivitäten in die Morgen- oder Abendstunden verlegen. Wichtig sei eine ausreichend Flüssigkeit besonders bei Kindern, älteren Menschen oder bei sportlichen Aktivitäten. Denn Trinken kurbelt die Hirnleistung an, man wird nicht so schnell müde und kann so Muskelkrämpfe verhindern. Und: Bei der Hitze Finger weg vom Alkohol.

Allein 77 Rettungseinsätze verzeichnet die integrierte Rettungsleitstelle Fürstenfeldbruck, die auch für den Landkreis Dachau zuständig ist, vom vergangenen Freitag bis zum Montagmorgen dieser Woche. Heiße Tage, so der Leiter der Abteilung für öffentliche Sicherheit beim Landratsamt Fürstenfeldbruck, Christian Obojkovits, zur Dachauer SZ, sind gleichbedeutend mit jeder Menge Arbeit am Telefon der Einsatzzentrale. Behandelt wurden am vergangenen Wochenende hauptsächlich Schlaganfälle, Fälle von Atemnot und Alkoholvergiftungen, sagt der stellvertretende Pressesprecher des Landratsamtes Fürstenfeldbruck. Auffallend häufig in den Berichten der Leitstelle tauchen an diesem Hitzewochenende aber auch Rettungseinsätze in Einrichtungen der Altenhilfe und -pflege auf. 13 Male mussten die Sanitäter und Notärzte ausrücken. Besser sah es an den Badeseen im Landkreis aus: Trotz der Rekordtemperaturen waren bei der Leitstelle Einsätze nicht zu verzeichnen.

Doch nicht nur wir Menschen, auch die Tiere leiden unter der großen Hitze. "Der Kreislauf von Tieren ist genauso belastet wie bei den Menschen, vor allem bei älteren Tieren", sagt Silvia Gruber, die Vorsitzende des Tierschutzvereins Dachau. Zwar versuchen Tiere immer, sich in der Wohnung den kühlsten Platz zu suchen, dennoch gibt es einige Regeln, die Tierbesitzer beachten sollten. Vor allem ist es wichtig, dass Tiere immer frisches Wasser zur Verfügung haben, das regelmäßig erneuert werden muss. Auch das Futter darf nicht offen stehen bleiben, da sofort Fleischfliegen ihre Eier darauf ablegen.

Vogelkäfige sollten nicht in der prallen Sonne am Fenster stehen, Aktivitäten mit dem Hund verlegt man am besten auf die etwas kühleren Morgen- und Abendstunden. Hunde lassen sich meist recht gerne mit Wasser abkühlen, aber auch Katzen lassen sich eine Erfrischung manchmal gefallen. "Ich reibe meine Katzen mit einem angefeuchteten Waschlappen ab, die kennen und mögen das. Aber man sollte aufpassen, weil sich das nicht alle Katzen gefallen lassen". Auf jeden Fall sollten Tierbesitzer es in diesen heißen Tagen vermeiden, ihr Tier im Auto mitzunehmen. Auch wenn der Wagen im Schatten steht.

Besonders liegen Gruber auch auf die Wildtiere am Herzen: "Viele denken gar nicht daran, aber natürlich finden auch die Wildtiere weniger Wasser." Jeder kann ganz einfach helfen, indem er Vogeltränken oder Wasserschalen für die Igel im Garten aufstellt. Wie sehr sich die Tiere über eine kleine Erfrischung freuen, kann man beobachten. "Ich habe einen Igel gesehen, der sich mit beiden Beinen in die Wasserschale gestellt hat. Auch die Vögel nehmen gerne mal ein Bad, wie wir Menschen."

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