Süddeutsche Zeitung

Silvester:Warten auf die Spätzünder

Böller, Knaller und Raketen locken am Freitag nur wenige Kunden an die Verkaufsstände. Doch für eine Bilanz ist es noch zu früh. Die meisten kommen auf den letzten Drücker

Von Thomas Altvater, Dachau

Die Auswahl ist noch riesig: Feuerwerksraketen, Böller, Batterien und Knallfrösche liegen auf dem Tresen eines Dachauer Baumarkts. Drei Verkäufer warten dort auf Kundschaft, aber außer einer Familie interessiert sich kaum jemand für die vielen bunten Feuerwerkskörper. Zwar kaufen die Dachauer vor dem Neujahrstag noch einmal kräftig ein, doch in den vollen Einkaufswägen sieht man neben den vielen Lebensmitteln nur vereinzelt Raketen oder Böller. Das steht in krassem Gegensatz zu den Umsatzzahlen für Feuerwerkskörper in den vergangenen Jahren. Allein 137 Millionen Euro wurden zu Silvester 2016 in die Luft geschossen. Noch ist das diesjährige Geschäft allerdings nicht vorbei. Am Samstag, wenn viele nicht mehr arbeiten müssen, könnte die Kauflaune noch steigen.

Thomas Aurich, der Leiter des Baumarkts, glaubt jedoch nicht mehr an den großen Absatz: "Das Geschäft an Silvester ist heuer bedeutend zurückgegangen", sagt er. Einen Grund dafür sieht er in der Berichterstattung über die Feuerwerkskörper. "Die Menschen möchten mittlerweile auf den Feinstaub verzichten, sie haben ein gesteigertes Umweltbewusstsein." Aber nicht alle schreckt der Feinstaub ab. Die Feierwilligen bevorzugen offenbar sogenannte Batterien - vor allem die großen. Der Trend weg von der Masse hin zur Klasse sei allgemein zu beobachten, so Aurich. "Während früher überwiegend viele Raketen gekauft wurden, geben die Leute mittlerweile mehr Geld für etwas Gescheites aus", sagt Aurich.

Verkäufer Alexander Hartmann ist dagegen trotz des schlechten Verkaufsstarts weniger besorgt. "Wir haben in diesem Jahr einen Tag mehr, an dem wir verkaufen dürfen", sagt er optimistisch. Die meisten Leute kämen erfahrungsgemäß auf den letzten Drücker. "Kurz vor Silvester kommt der große Schwung", prophezeit er.

Klar, verzichten mittlerweile viele Menschen auf ein Feuerwerk. Nicolas Größlein nicht. Er hat heuer zum ersten Mal eine Packung Raketen gekauft. "Ich will mit dem Feuerwerk meinen Nachwuchs begrüßen", erklärt er lachend. Vor kurzem ist er Vater geworden. Neun Raketen will er abfeuern. "Das muss reichen", sagt Größlein.

Für andere gehört das Feuerwerk zur Neujahrsnacht selbstverständlich dazu. "Wir schießen eigentlich jedes Jahr", sagt ein Mann. In seinem Einkaufswagen stapeln sich allerhand Raketen, Knicklichter, Wunderkerzen und Knallfrösche, einen bestimmten Trend verfolgt er dabei nicht. Nur Böller kauft er keine, "vor allem wegen der Kinder, die bei uns dabei sind", erklärt er. Die bekämen dann eben kleinere Dinge in die Hand, die sie nicht verletzen können.

Was für viele Menschen ein besonderer Spaß ist, ist für die meisten Haustiere eine echte Qual. Die grellen Lichter und die lauten Kracher erschrecken die Tiere besonders. Das weiß auch Hundebesitzer Rudolf Müller aus langjähriger Erfahrung. Mit seinem alten Hund sei er über Silvester immer in den Urlaub gefahren, erzählt der 77-Jährige. "Und wenn wir zu Hause geblieben sind, hat er sich sogar manchmal im Ofen versteckt." Sein neuer Hund Amos ist dagegen regelrecht immun gegen das Feuerwerk. "Dem macht das alles nichts aus."

Auch wenn an Silvester sicherlich der Spaß überwiegt, sollten dennoch einige Dinge beachtet werden. Denn die Wirkung der Knallkörper darf auf keinen Fall unterschätzt werden. Gerade nicht zugelassene Billigfeuerwerke aus dem Ausland bergen oft unkalkulierbare Risiken. Einige Feuerwerkskörper sind besonders laut, deshalb sollte man beim Abbrennen einen gewissen Abstand halten. Ein einziger Kracher kann bereits dauerhafte Hörschäden verursachen.

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Quelle:
SZ vom 30.12.2017
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