Sigmertshauser Holz:Dicke Luft

Sigmertshauser Holz: Im Norden von Dachau sind schon zwei Windräder in Betrieb - die Anlage in Etzenhausen (Foto) und das Windrad der Ziegelei Hörl und Hartmann.

Im Norden von Dachau sind schon zwei Windräder in Betrieb - die Anlage in Etzenhausen (Foto) und das Windrad der Ziegelei Hörl und Hartmann.

(Foto: Toni Heigl)

Der Röhrmooser Bürgermeister Dieter Kugler ist über die Windrad-Pläne der Stadt Dachau verärgert. Er mutmaßt, das Projekt könnte ein Spezi-Geschäft sein

Von Thomas Radlmaier, Dachau/Röhrmoos

Das geplante Windrad im Sigmertshauser Holz hat schon viel Staub aufgewirbelt, und das, obwohl das Projekt noch in den Kinderschuhen steckt. Noch ist völlig unklar, ob die Stadtwerke die Anlage im Norden der Stadt bauen können. Schließlich gibt es einige Unwägbarkeiten, unter anderem wegen des Tierschutzes. Ornithologen haben im Sigmertshauser Holz den geschützten Wespenbussard gesichtet. Dennoch herrscht seit einiger Zeit dicke Luft zwischen der Gemeinde Röhrmoos und der Stadt Dachau. Auf Röhrmooser Seite ist man sauer wegen der Pläne der Nachbarn. Man fühlt sich schlecht informiert und vor vollendete Tatsachen gestellt. Bürgermeister Dieter Kugler (CSU) hat bereits angekündigt, rechtliche Mittel ausschöpfen zu wollen, um das Windrad zu verhindern. Im Dachauer Rathaus dagegen kann man die Aufregung der Nachbarn nur bedingt nachvollziehen.

Nun hat der Windrad-Streit einen neuen Höhepunkt erreicht. Kugler hat auf der Bürgerversammlung in Sigmertshausen das Vorgehen der Stadt Dachau heftig kritisiert. Er sprach unter anderem von Eigeninteressen eines Dachauer Stadtrates. Laut Kugler planen die Stadtwerke, das Projekt gemeinsam mit der Genossenschaft "Bürger Strom Dachau" zu realisieren. Einer der beiden Vorsitzenden der Genossenschaft ist Michael Eisenmann, der für das Bündnis im Stadtrat sitzt. Er ist im Werkausschuss vertreten und stimmt dort über städtische Entscheidungen zum Windrad-Projekt mit ab. Auf Nachfrage der Süddeutschen Zeitung legt Kugler wert darauf, keinen Namen genannt und niemandem etwas vorgeworfen zu haben. Er stelle nur die Frage in den Raum, "ob Eigeninteressen finanzieller Art eine Rolle spielen könnten". Für ihn habe die ganze Angelegenheit ein "Gschmacke".

Ist das Vorhaben ein Spezi-Bazi-Geschäft? Eisenmann weist das auf das Schärfste zurück. Kugler könne gerne bei ihm nachfragen, was er bei der Bürgerstromgenossenschaft verdiene, sagt er. "Ich mache das ehrenamtlich. Ich habe kein finanzielles Interesse." Eisenmann bestätigt, dass es Überlegungen gebe, ob sich die Genossenschaft an dem geplanten Windrad beteiligen soll. Die Idee dahinter ist, dass sich möglichst viele Menschen aus der Zivilgesellschaft mit Eigenkapital bei dem Projekt einbringen, als eine Art Geldanlage. Doch das "großartige Geld" sei bei der niedrigen Rendite nicht zu erwarten, sagt Eisenmann. Vielmehr stünden ideelle Interessen im Vordergrund. "Das sind Leute, die sich an der Energiewende beteiligen wollen." Doch ob die Bürgerstromgenossenschaft das Windrad zusammen mit den Stadtwerken verwirklicht, ist noch völlig unklar. Das betont auch Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). "Wir sind noch nicht so weit, irgendetwas zu entscheiden." Er könne die Aufregung nicht nachvollziehen.

Ein weiterer Streitpunkt: Kugler sieht das Hoheitsrecht seiner Gemeinde verletzt. Unter Berücksichtigung der Hanglage würde die Stadt Dachau nur etwa ein Drittel der Entfernung einhalten, welche in der 10-H-Regelung festgesetzt sei, sagt Kugler. Er ist der Meinung, dass die Stadt das Windrad auch an einer anderen Stelle bauen könnte. "Aber einen Misthaufen setzt man sich nicht vors eigene Wohnzimmerfenster." Die ganze Region kämpfe mit so vielen Problemen wie Verkehr und Siedlungsdruck. "Müssen wir uns in unserem dicht besiedeltem Gebiet auch noch Windräder hinstellen?"

Oliver Prells vom Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum erklärt, dass die 10-H-Regelung keinen Mindestabstand zu Windrädern definiere. Stattdessen entfalle die Privilegierung von Flächen in diesem Radius. Das heißt: Ein privater Investor kann in diesem Gebiet nicht ohne weiteres ein Windrad bauen. "Doch eine Gemeinde kann aktiv Baurecht schaffen, indem sie einen Bebauungsplan aufstellt." So wäre das auch im Fall des Windrades in Sigmertshausen. Es handle sich um ein normales Verfahren, bei dem "jede Kommune einbezogen wird", sagt Hartmann. Doch man sei überhaupt noch nicht soweit, über solche Dinge zu sprechen. Derzeit beschäftigen sich die Stadträte vielmehr mit dem Wespenbussard. Experten haben den geschützten Raubvogel im Sigmertshauser Holz gesichtet. Das Tier wäre durch die Anlage gefährdet, das Windrad könnte seine Existenz bedrohen. Der Stadtrat lässt das Thema ruhen, bis eine Vogelkartierung beendet ist.

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