Sicherheit der Bürger:In zehn Minuten am Einsatzort

Die Freiwillige Feuerwehr Dachau überschreitet das gesetzliche Zeitlimit nachts in 68 Prozent der Notfälle. Deshalb sollen 13 hauptberufliche Kräfte die Retter unterstützen - aber manche Stadträte sind skeptisch

Von Petra Schafflik, Dachau

Erfahrene Feuerwehrleute gesucht! So könnte demnächst eine Stellenanzeige aus dem Rathaus lauten. Denn in der Stadt sollen Berufsfeuerwehrmänner künftig die Ehrenamtlichen unterstützen. Eine Zusammenarbeit der Freiwilligen Feuerwehr mit hauptberuflichen Fachleuten ist Kern des neuen Sicherheitskonzepts, das jetzt im Haupt-und Finanzausschuss des Stadtrats präsentiert worden ist. Für notwendig halten die Stadträte diese Unterstützung, weil die Dachauer Wehr bisher oft die gesetzliche Hilfsfrist von zehn Minuten nicht einhält. Künftig sollen die Retter schneller sein: Rund um die Uhr werden in der Feuerwache sechs Einsatzkräfte stationiert, die bei Alarm sofort ausrücken. Hauptamtliche und ehrenamtliche Kräfte besetzen gemeinsam die Bereitschaft. Eine Kooperation, wie sie bayernweit bisher einmalig wäre, erklärte der von der Stadt beauftragte Experte Thomas Keller vom Heilsbronner Ingenieurbüro für Brandschutztechnik und Gefahrenabwehr (IBG). Das Ziel der Stadt ist aber eindeutig: "Wir wollen keine Berufsfeuerwehr, es wird eine Freiwillige Feuerwehr bleiben", sagte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD).

Brand auf MD-Gelände

Die Freiwillige Feuerwehr, hier bei Einsatz wegen eines Brands auf dem Gelände der MD-Industriebrache, verdient allen Respekt für ihren professionellen Einsatz. Allerdings ist Dachau so stark gewachsen, dass die ehrenamtlichen Retter oft nicht in der vorgeschriebenen Zeit am Einsatzort sein können.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Der Stadtrat wird entscheiden

Entscheiden wird über das Projekt der Stadtrat. Klar ist jedoch schon: Ein neues Sicherheitskonzept ist notwendig, weil der im Sommer vorgelegte Feuerwehr-Bedarfsplan deutliche Defizite aufgezeigt hat. Die gesetzliche Hilfsfrist, wonach erste Feuerwehrleute zehn Minuten nach dem Notruf am Einsatzort eintreffen sollen, wird in der Stadt oft nicht eingehalten. Vor allem nachts, wenn die Helfer weite Wege von ihrer Privatwohnung zur Wache zurücklegen müssen, um dann von dort auszurücken, wird das Ziel oft verfehlt. Doch das neue Kooperationsmodell soll nun Abhilfe schaffen. Dabei mag die geplante, eng verzahnte Zusammenarbeit von Hauptamtlichen mit Freiwilligen ungewöhnlich anmuten. Doch das Konzept haben Aktive der Feuerwehr unter Leitung von Kommandant Thomas Hüller maßgeblich mitentwickelt.

Enorme Zusatzbelastung für die Ehrenamtlichen

"Das ist aus unserer Sicht der optimale Weg, um die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten", betonte im Ausschuss der Feuerwehrreferent des Stadtrats, Wolfgang Reichelt (CSU). Geplant ist, dass künftig von Montag bis Freitag tagsüber ein sechsköpfiges Team von Berufsfeuerwehrleuten die Wache am Fritz-Müller-Weg besetzt. Nachts und am Wochenende leisten diese Bereitschaft je drei Haupt- und Ehrenamtliche. Dafür werden in den kommenden zwei Jahren 13 hauptberufliche Feuerwehrleute neu eingestellt, die vier bereits heute in der Wache tätigen Gerätewarte kommen zum Team dazu. Dennoch kommt auf die Ehrenamtlichen mit den neuen Bereitschaftsdiensten in der Wache eine enorme Zusatzbelastung zu. Doch viele Aktive der Freiwilligen Feuerwehr sind dazu bereit, das hat eine Umfrage ergeben. "Wenn alle einmal im Monat kommen, läuft das System stabil", sagt Kommandant Hüller der SZ. Dabei ist das nun vorliegende Konzept "ein Minimalkonsens, keinesfalls eine Maximalforderung", betonte Feuerwehrreferent Reichelt.

Bedenken gegen das vorgelegte Konzept

Sicherheit der Bürger: "Es geht um die Sicherheit der Bürger", sagt Feuerwehrreferent Wolfgang Reichelt (CSU).

"Es geht um die Sicherheit der Bürger", sagt Feuerwehrreferent Wolfgang Reichelt (CSU).

(Foto: Niels P. Joergensen)

Andere Optionen, die Dachauer Feuerwehr schneller zu machen, wurden geprüft und verworfen. So wäre für eine Dauerbesetzung der Wache mit Hauptamtlichen 36 Berufsfeuerwehrleute nötigt. Die Stadt müsste dafür Personalkosten von 2,5 Millionen Euro jährlich einplanen, auch die Bedeutung des Ehrenamts würde dadurch geschwächt. Denkbar wäre auch der Neubau zusätzlicher Feuerwachen im Stadtgebiet. Doch neben den Kosten ist auch die personelle Besetzung kaum praktisch umsetzbar. Doch Bedenken gab es im Hauptausschuss auch gegen das vorgelegte Konzept. Schließlich sind mit der Installation eines hauptamtlichen Teams erhebliche Kosten von einer Million Euro jährlich verbunden. Wenn die Hilfsfrist unterschritten werde, "passiert auch nichts Schlimmes", mutmaßte Horst Ullmann (Bürger für Dachau), der alles beim Alten belassen möchte. Doch aktuell verfehlt die Feuerwehr nachts bei 68 Prozent aller Einsätze das gesetzliche Limit. Die zuständige Rechtsaufsicht "wird mit dieser Quote sicher nicht zufrieden sein", so Experte Keller.

Edgar Forster (FW) ist mit Blick auf den städtischen Haushalt entsetzt über den Umfang des Projekts. "Das Problem haben doch auch andere Städte, hat die Verwaltung geschlafen oder handeln wir hier im vorauseilenden Gehorsam?" Doch hat Dachau tatsächlich mit einem Problem zu kämpfen, das nicht alle Kommunen gleichermaßen trifft. Großstädte setzen schon lange auf Berufsfeuerwehren, in kleinen Ortschaften erreichen die Helfer allein wegen der geringen Entfernungen die Einsatzorte meist innerhalb der Hilfsfrist. "Dort liegt die Quote oft bei 90 Prozent, das klappt", sagte Keller. Dachau dagegen ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen, die räumliche Ausdehnung wie die steigende Bevölkerungszahl bringen die rein ehrenamtlich tätige Feuerwehr an ihre Grenzen. Doch eine Empfehlung für das geplante Kooperationsmodell sprach der Hauptausschuss nicht aus. Die SPD signalisierte klar ihre Unterstützung, die CSU-Fraktion hatte sich nicht so kurzfristig mit der Vorlage befassen können. Also entscheidet der Stadtrat in seiner Sitzung am 12. Dezember, 18 Uhr, im Sitzungssaal des Rathauses.

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