Landgericht München:Erschütternde Aussagen

Landgericht München: Das Gebäude des Münchner Landgerichts.

Das Gebäude des Münchner Landgerichts.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Ehemalige Lebensgefährtinnen des Landwirts, der seinen kleinen Sohn sexuell missbraucht haben soll, sagen vor Gericht aus.

Von Andreas Salch, München/Dachau

Als die Zeugin beginnt, sich zu erinnern, kommen ihr die Tränen: Es ist der dritte Verhandlungstag vor dem Landgericht München II gegen einen Landwirt aus dem Landkreis Dachau. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, seinen erst wenige Jahre alten Sohn dazu gebracht zu haben, ihn im Intimbereich zu berühren. Davon hat der 38-Jährige Fotos und Videos gemacht. Die Zeugin, die das Gericht geladen hat, lernte der Landwirt Ende 2016 kennen. Sie brachte zwei Kinder mit in die Beziehung. Dass sich ihr neuer Partner gerne um Kinder kümmerte, sei ihr aufgefallen. Der ist "halt kinderlieb", habe sie sich gedacht. Auch als sich der 38-Jährige mit ihrer kleinen Tochter in ein Bett gelegt habe, sei sie nicht misstrauisch geworden.

Doch dann berichtete die Zeugin von einem Vorfall aus dem Jahr 2019. Ihre damals etwa fünf Jahre alte Tochter habe mit dem seinerzeit sechsjährigen Buben des Landwirts gebadet, der aus einer früheren Beziehung mit einer anderen Frau stammt. Dabei soll der Bub das Mädchen aufgefordert haben, ihn in seinem Intimbereich zu berühren. Als sie ihrem Partner davon erzählte, habe dieser lediglich gesagt: "Das ist normal."

"Das hat jemand mit deinem Bub gemacht"

Was sie gesehen habe, "das hat jemand mit deinem Bub gemacht", habe sie ihn angeschrien. Doch der 38-Jährige habe dies als "lächerlich" empfunden. "Da sind mir alle Sicherungen durchgegangen", sagte die Zeugin. Bald danach ging die Beziehung auseinander. Sie habe vermutet, dass der Bub vielleicht einen Film mit sexuellen Handlungen gesehen habe oder aber Opfer eines sexuellen Übergriffs geworden sein könnte, berichtete die Frau. Dann fügte sie hinzu: Sie habe doch nicht gedacht, dass sein Vater so etwas mit seinem Kind gemacht habe.

Im Oktober 2020 hatte eine andere Lebensgefährtin des Landwirts zufällig ein Foto vom Intimbereich eines Kindes auf dessen Laptop gefunden. Im Papierkorb des Laptops "waren endlos viele Dateien drin", so die Zeugin. Darunter befanden sich auch sexualisierte Fotos und Videos des Angeklagten mit seinem kleinen Sohn. Da sei ihr schlecht geworden, sagte die Frau. Sie erstattete sofort Anzeige bei der Polizei. Neben dem Laptop legte sie einen Zettel mit einer Nachricht. Sie war für ihren Lebensgefährten gedacht. Darauf stand: "Pervers".

Die Chats haben auch eine Ermittlerin sprachlos gemacht

Der Laptop wurde von der Polizei sichergestellt. Der Landwirt kam für mehrere Wochen in Untersuchungshaft. Auf dem Laptop befanden sich auch Chats zwischen dem Angeklagten und einer Frau aus München, gegen die ebenfalls ermittelt wird. Eine Kriminalbeamtin, die die Chats auswertete, sagte bei ihrer Vernehmung, sie habe in all den Jahren, in denen sie im Bereich Tötungs- und Sexualdelikten ermittle, schon einiges erlebt und gesehen. Doch die Chats, die der Landwirt mit der Münchnerin geführt habe, hätten sie sprachlos gemacht. Sie wurden in der Verhandlung vom Vorsitzenden Richter verlesen.

In den Chat-Nachrichten geht es ausschließlich um den Austausch sexueller, aber auch pädophiler und sodomistischer Fantasien. Während der Verlesung der Chats saß der Landwirt, wie schon an den beiden vorangegangenen Verhandlungstagen, völlig regungslos und mit versteinerter Miene auf seinem Platz auf der Anklagebank. Zum Verhandlungsauftakt hatte er über seine Verteidigerin erklären lassen, dass er sich bewusst sei, dass er mit den Fotos und Videos, die er von seinem Sohn machte, "Grenzen überschritten" habe. Er habe eine Therapie begonnen. In deren Verlauf seien bei ihm "keine Symptome einer pädophilen Neigung" festgestellt worden. Der Prozess dauert an.

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