Seit 15 Jahren:Nebenberuf Nikolaus

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Herbert Kaltner bringt Freude in Dachauer Wohnzimmer

Interview von Jana Rick, Dachau

Seit 15 Jahren zieht er im Dezember mit Sack und Bischofsstab um die Häuser. Bestellt wird Herbert Kaltner von Eltern, die ihren Kindern eine Freude machen wollen. Das geht ganz einfach über die Pfarrei Sankt Peter in Dachau. Unter der Telefonnummer 08131/2809920 vermittelt sie in der Vorweihnachtszeit den Besuch des Nikolauses gegen Spenden. Das so eingenommene Geld soll der Partnerpfarrei in Mosambik zugute kommen. Im echten Leben ist Kaltner übrigens Professor für Physiologische Chemie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, doch in seiner Freizeit tauscht er seinen Laborkittel gerne gegen das Nikolauskostüm aus.

SZ: Wie kommen Sie als Professor und Forscher auf naturwissenschaftlichem Sektor dazu, nebenberuflich als Heiliger Nikolaus durch die Stadt zu ziehen?

Herbert Kaltner: Sind Naturwissenschaft und Religion denn für Sie etwas widersprüchliches?

Naja, wenn man die Evolutionstheorie von Darwin betrachtet, dann könnte man durchaus von gegenteiligen Ansätzen sprechen.

Für mich sind Naturwissenschaft und Religion keineswegs widersprüchlich. Wir bearbeiten in der Naturwissenschaft nur so kleine Ausschnitte der Schöpfung, das hat nichts mit dem Großen und Ganzen zu tun. Ich habe viele Kollegen, die religiös sind. Ich selbst bin schon lange in der Pfarrei tätig. Und im Prinzip geht es doch in beiden Bereichen um Fortschritt - darum, das Leben zu verbessern. Das kann ein wissenschaftlicher Fortschritt oder auch ein gesellschaftlich-sozialer Fortschritt sein.

Was möchten Sie als Nikolaus vermitteln?

Als ich Kind war, hatte ich große Angst vor dem Nikolaus. Es hieß: "Dann kommst du in den Sack". Aber das ist einfach eine komplett falsche Botschaft, denn der Bischof wollte nicht strafen, er wollte helfen. Ich möchte die Kinder also nicht einschüchtern und ein verlängerter Arm von altmodischen Erziehungsmethoden sein, sondern Freude überbringen.

Muss man als Nikolaus etwas Besonderes können?

Man muss versuchen, die Kinder zum Reden zu bringen, dass sie sich überwinden und von sich selbst ein bisschen erzählen. Das ist oft schwierig, denn vor allem die Kleinen haben manchmal richtig Angst vor mir. Und das möchte ich natürlich nicht.

Was war bis jetzt Ihr lustigstes Erlebnis?

Einmal war ich bei einem etwa dreijährigen Mädchen zu Besuch. Sie hat bestimmt eine Viertelstunde lang wie ein Wasserfall geredet. Und irgendwann beschwerte sie sich dann bei mir: "Nikolaus, ich hab dauernd Hunger!" Ich musste fast lachen, die Kleine hatte nicht daran gedacht, dass der Satz eine Blamage für die ganzen Verwandten, Eltern, Omas sein könnte. Es macht ja den Eindruck, als würde sie zu Hause verhungern. Ich habe das Mädchen dann beruhigt und ihr versichert, dass es bestimmt gleich Abendessen geben werde. Einfach nett, wie frei Kinder reden, ohne vorher viel zu denken.

Gibt es auch einen Moment, den Sie nicht vergessen werden?

In einem Jahr hatte ich keine Fahrerin und musste selbst mit dem Auto von Haus zu Haus fahren. Als ich dann an der Ampel stand und die Leute rechts und links von mir ins Auto geschaut haben - diese Blicke werde ich nie vergessen. Ich mit Nikolauskostüm und Bart hinter dem Steuer- da haben selbst die Erwachsenen ihren Mund nicht mehr zubekommen.

© SZ vom 24.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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